Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

39 dann stets in Steyr einquartiert werden musste. Eine unzählige Zuschauer- menge stand auf dem ganzen Weg durch die Stadt bis nach Garsten. Während der Transportzeit brachten auch über 50 Lastwagen die sämtliche Einrichtung vom Linzer Strafhaus, mit Ausnahme der Bettstätten, welche bereits früher hier aus Eisen angefertigt worden waren. Am 20. und 24. August erschienen die kaiserlichen Erlässe, dass die Nati- onalgarde aufgehoben, das Ministerium nur mehr dem Kaiser verantwortlich und die Verfassung in rein monarchischem Sinne zu revidieren sei, was wohl auch hier ziemlich lange Gesichter verursachte. Der Ministerpräsident Fürst Schwarzenberg kam am 29. desselben Mo- nats 6 Uhr auf der Reise von Wien nach Ischl hier an und übernachtete bei der „Krone“. Bei der Aufwartung der Behörden und des Gemeinderates ent- wickelte er die Notwendigkeit der kaiserlichen Erlässe und warf dem letzteren noch einmal die Husaren-Desertionsgeschichte vom Jahre 1849 war. Bis Mitte September war fortwährend das denkbar allerschlechteste Wet- ter und erst vom 18. an wurde es schön. Seit Menschengedenken gab es kei- nen so schlechten Sommer. Die Teuerung wuchs dabei, besonders bei den höchst traurigen Papiergeldverhältnissen, erstaunlich: Weizen 12 fl., Gerste 8 fl., Hafer 6 fl., 1 Pfund Rindfleisch 24 kr., Schweinefleisch 32 kr., W. W., 1 Pfund Butter 1 fl. W. W. Am 3. Oktober erschien der Statthaltereierlass, dass sämtliche Schusswaffen und Bajonette des Nationalgarde-Schützenkorps an den k. k. Artillerieposten in Linz eingeliefert werden müssen, das alte Bürger- korps aber nach Prüfung der Statuten und Standeslisten fortbestehen könne. Die Schützen trugen daher ihre schönen, neuen, gezogenen Stutzen und Ka- rabiner mit Haubajonetten auf das Rathaus und am 29. Oktober wurden 12 Kisten mit 92 Stutzen und 195 Karabinern, dann 94 neuen Läufen und der im Jahre 1848 der Nationalgarde von dem damaligen Kreishauptmann Baron von Hohenbruck geschenkten Fahne nach Linz abgeliefert. Im Strafhause in Garsten fanden seit ein paar Monaten mehrmals, beson- ders in letzter Zeit öfters nächtliche Gespenstererscheinungen statt und von den äußeren Militärwachposten wurde bereits dreimal auf solche Gespenster scharf, jedoch vergeblich, geschossen, weil sie sich gewöhnlich von der äuße- ren Ecke der Losensteiner-Kapelle in den Zellen-Spazierhof hinabließen und dann auf den dort ausgestellten Wachposten zuschritten. Eine strenge Unter- suchung der gesamten Umgebung des Strafhauses wegen einer etwa ver- steckten Laterna magica hatte keinen Erfolg, es wurde nichts gefunden.

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