Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

29 Regierung und auch der Garden verloren, überdies bei der Husaren-Desertion ihre gänzliche Unfähigkeit zur Leitung militärischer Körper klar an den Tag ge- legt haben; daher sie abgesetzt, und der Major der Infanterie (Bürgerkorps) Herr Anton Haller habe einstweilen das Oberkommando zu übernehmen. Es traten nun die radikalen Elemente größtenteils aus der Garde und der Öffentlichkeit zurück, ihr Einfluss ist zu Ende. Am 16. August kommen im Fröhlich'schen Hause Nr. 110 am Stadtplatz plötzlich die im vorjährigen Oktober von der Nationalgarde verfertigten 6948 scharfen Karabinerpatronen zum Vorschein und mussten noch spät abends unter polizeilicher Eskorte aus der Stadt gebracht werden. Sie wurden über Nacht in die Frauen-Kapelle außerhalb Ennsdorf an der Kammermayer-Leiten gebracht, wo die Patronen aber zwei ganze Tage polizeilich bewacht werden mussten, bis endlich verfügt wurde, dass sie in den Pulverturm der ärarischen Gewehrfabrik unterm Himmel zu bringen und dort zu verwahren seien. Eine gerichtliche Untersuchung muss über deren Anschaffung geführt werden. Es waren 9 geschlossene Munitionsfässer mit 6396 Stück, und 5 offene Fässer mit 552 Stück Patronen, ferner ein Papiersack mit Pulver, etwa 9 ½ Pfund schwer, gefunden und am 16. August, 9 Uhr abends, polizeilich über- nommen worden. Am 8. Sept. hielt die neue, in Salzburg gegossene Glocke unter großem Volkszulauf auf einem sechsspännigen verzierten Wagen ihren Einzug in die Stadt. Die Weihe verzog sich aber noch wegen Krankheit des Bischofs. Am 23. September wurde hier das Friedensfest wegen glücklicher Beendi- gung des Krieges in Italien und Ungarn gefeiert. Vor dem Rathaus war ein auf 5 Stufen erhabener prächtiger Altar errichtet, die zahlreiche Nationalgarde: Kavallerie, Schützen und Infanterie bildeten ein großes Karree, der Herr Ka- nonikus, Dechant u. Stadtpfarrer Josef Flersch zelebrierte das Hochamt, nach einer von dem Herrn Kooperator Franz Ferst er gehaltenen feurigen Rede. Am Dienstag den 25. ds. fand im Friedhof neben dem Stadtpfarrturm die Weihe der neuen Glocke statt. Sie wurde vom Herrn Kanonikus u. Stadtpfar- rer Josef Flersch namens des hochw. Herrn Bischofs auf sehr feierliche Weise abgehalten und unmittelbar darauf wurde die Glocke aufgezogen. Sie wiegt 52 Zentner 31 Pfd. und ist an Umfang um 5 Zoll im Durchmesser weiter, als die vorige, obwohl sie um 130 Pfd. an Gewicht geringer ist. Der Ton ist aber nicht so dumpf und kräftig, wie bei der vorigen. Die Arbeiten zur Organisierung der landesfürstlichen Gerichts- und

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