Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

27 Geschäfte gegenüber einer brutalen Masse handhaben sollen!—! Wann wird die Einsetzung landesfürstlicher Gerichte, wann die Trennung und Konstituierung der politischen Gewalten stattfinden? — Am Freitag den 1. Juni biwakierte zu Wolfern auf einem Feld der Stab und zwei Eskadrons der von Böhmen nach Italien abrückenden, ihrer Meuterei und Rohheiten wegen berüchtigten k. k. Palatinal-Husaren, und marschierte am Samstag nach Leonstein ab. Am Sonntag den 3. kam die zweite Division in Wolfern an, welche schon abends, zum Überfluss noch angefeuert von eini- gen Steyrer Radikalen, Insubordination, Meuterei und Vorsatz zur Desertion zur Schau trugen, und auch am Montag den 4. in solcher bedenklichen Stim- mung nach Leonstein nachrückten, während am gleichen Tage in Wolfern die 3. Division aus Mauthausen anlangte. Am 4. abends nun erhielt vom Herrn Kreisvorsteher Stadler der National- garde-Oberkommandant den Auftrag zur Besetzung der Brücken und der ma- gistr. Distrikts-Aktuar zur polizeilichen nächtlichen Streifung, weil unter den Husaren in Wolfern und Leonstein Desertionen zu besorgen wären. Die Be- setzung und Streifung fand statt bis am hellen Morgen. Dass übrigens die ers- tere unter dem radikalen Oberkommando so nachlässig und ungenügend als möglich ausfiel, versteht sich von selbst, so dass selbst einige Husaren, wenn welche in der Nacht gekommen wären, keinen Widerstand gefunden hätten. Ebenso ungenügend, ja widersinnig waren aber auch die Anstalten des Mili- tärs selbst. In Hargelsberg war ganz zwecklos Infanterie und in Sierninghofen Kavallerie von Kaiser-Cheveauxlegers stationiert. Um Mitternacht brachen die von der 1. Kolonne in Leonstein desertierten Husaren dort auf, ritten um 3 Uhr früh ganz unangefochten durch das be- setzte Sierninghofen nach Wolfern, um dort auch die zweite Kolonne zum Meineid zu verleiten, und, als ihnen dies nicht gelang, auf einem großen Um- weg über Dietach nach Steyr, wo sie, 113 Mann und 120 Pferde stark, um 7 Uhr eintrafen, still mit gespannten Hähnen ohne Offiziere durch das Schnallentor herein, über die Steyrbrücke und untere Ennsbrücke, dann über die Ennsleiten auf der Straße nach Steiermark ohne irgend einen Aufenthalt, ja von zwei Drittel der Stadtbevölkerung gar nicht bemerkt, fortritten. Kein Aviso von Sierninghofen oder Wolfern kündete sie hier an, wenigstens wurde nichts davon bekannt. Der nichts weniger als radikale Lebzelter Anton Haller, Major des Bürgerkorps, war bereits in seinem Garten auf der Ennsleiten (jetzt Dukartstraße 1) bei der Wachsbleiche, kam, als er das Pferdegetrappel hörte,

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