Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

19 Feind. Auch in Österreich, vorzüglich in Wien, erreichte die drückende Gewitter- schwüle den höchsten Grad, es regnete Adressen und Deputationen an den Thron, und am 13. März brach infolge einer Deputation der Studenten an die Stände der Sturm los, die Wut des Pöbels war entfesselt, es gab viele Tote und Verwundete und eine furchtbare Verwüstung an Gebäuden, welche Gräuel auch noch am 14. fortdauerten. Am 14. wurde endlich vom Kaiser Pressfreiheit und Volksvertretung und am 15. Nationalgarde und eine förmliche Konstitution verliehen; darauf aus- gelassener Jubel. Auch in Steyr furchtbare Aufregung, Bürgerversammlungen im Rathaussaal, Errichtung einer bewaffneten Nationalgarde am 17.; starker Patrouillendienst, verschiedene Arbeiterkrawalle, unzählige Pasquille; Sonn- tag den 19. Feier des Konstitutionsfestes. In Italien ist das lomb.-venet. Königreich zu Ende des Monats bereits für Österreich verloren, in Berlin blutige Revolution, Krieg droht mit Russland, Sardinien u. Frankreich ebenso wie Anarchie, ganz Europa scheint sich aufzu- lösen. Im April ist der König von Sardinien bereits in die Lombardei eingefallen, Freischaren ziehen aus ganz Italien und der Schweiz dahin, unser Feldmar- schall Radetzky hält die feste Stellung zwischen dem Minicio und der Etsch besetzt. Am 12. April wurde der hiesige Bürgerausschuss durch sechs neue Aus- schüsse verstärkt, am 20. war die Wahl der Wahlmänner und am 25. die des Deputierten zur Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt. Gewählt wurde der Steyrer Ferdinand Redtenbacher in Karlsruhe. Am 17. Mai Flucht des Kaisers aus Wien nach Tirol. Am 19. Reaktionspre- digt des hiesigen Kreishauptmannes Freiherrn von Hohenbruck in Linz, am 20. hier im Saal des Exjesuitengebäudes ein polnischer Landtag, wobei er mit Schande abziehen musste, hierauf drohende Ruhestörungen, starker Pat- rouillendienst, am 20. Suspension des Kreishauptmannes, am 21. seine Ab- reise. Am 26. wieder Revolution in Wien mit zahlreichen Barrikaden. Zu Ende des Monats Mai wurde endlich doch einmal zur Planierung des Wie- serfeldes angefangen. Am 14. Juni kam eine zahlreiche Deputation Wiener Studenten u. Bürger von Linz hier an, über 40 an der Zahl, wurden von Offizieren und dem Musik- korps der hiesigen Nationalgarde (Bürger- und Schützenkorps) beim

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