Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

17 Hoheit zu Fuß besichtigt wurde. Am Freitag um ½ 9 Uhr wurde in der Stadt- pfarrkirche in Gegenwart Sr. kais. Hoheit von dem Bischof in Linz das Hochamt gehalten, dann von selbem und Sr. kais. Hoheit unter Vortritt der Zünfte, Schuljugend und Behörden in das neue Kreisamtsgebäude gezogen, wo der Grundstein vom hochw. Bischof feierlich eingeweiht und dann von Sr. kaiserl. Hoheit in dem Kellergewölbe höchsteigenhändig gelegt wurde. Bei dieser Feier paradierten die Bürgerkorps von Enns, Hall, Ebelsberg und Sierning, und das Steyrer Korps gab die Salven. Darnach defilierten sämtliche Korps vor Sr. kais. Hoheit, höchstwelche Sich zu diesem Behufe auf den Balkon des Rathau- ses begeben hatten. Nachmittags war bei demHerrn Kreishauptmann die erz- herzogliche Tafel von 20 Gedecken, und im Rathaussaal die Tafel der Honora- tioren, Kommissariats-Oberbeamten und Bürger von 80 Gedecken; bei den Toasten donnerten die Kanonen. Se. kais. Hoheit reisten, nachdem Sie noch vorher Ausflüge nach Garsten und St. Ulrich unternommen hatten, erst um ½ 7 Uhr abends nach Amstetten ab. Höchst merkwürdig und undenkbar ist der heurige Obstsegen; es sind buchstäblich Äpfel und Birnen, vorzüglich die ersteren, so viel gewachsen, dass sie gar nicht untergebracht werden können. Daher fahren die Bauern mit ganzen Wagenladungen der besten Äpfel hausieren und verkaufen den ge- zupften Metzen um einen Zwanziger. Mostobst liegt noch in Massen unter den Bäumen, weil es nicht eingebracht und vorbereitet werden kann. Und obwohl die Binder des ganzen Landes den ganzen Sommer und Herbst Tag und Nacht gearbeitet haben, so ist trotzdem sehr große Not an Fässern, und Krautfässer und Adelfässer sind mit Most angefüllt. Wenn man selbst ein Fass zum Bauern bringt, kann man sich den Eimer des besten Apfelmostes um ei- nen Zwanziger holen. Am letzten Wochenmarkt, den 30. Dezember, kostete der Weizen 14 fl. 54 kr., Korn 10 fl. 8 kr., Gerste 6 fl. 19 kr., Hafer 3 fl. 28 kr. Das Jahr 1847 war ein sehr trauriges, der Winter war sehr lang und streng, Frühling und Sommer, mit Ausnahme des Mai und August, durchaus nass. Der Fruchtbarkeit nach war das Jahr in Getreide ein gutes Mitteljahr, in Kartoffeln schlecht, im Obst aber, vorzüglich Kirschen und Äpfeln außeror- dentlich reichlich. Die Arbeitsstockung hier und die Teuerung der Lebensmit- tel war seit 1817 nie so groß und erst in den letzten Märkten des Dezember trat ein entschiedenes Fallen des Getreides ein. Allgemeine Verarmung des hiesigen Gewerbestandes war die traurige Folge.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2