Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
14 1846 In ganz Europa ist alles ruhig; überall nichts als Eisenbahnbauten und in- dustrielle Großsprecherei, wobei jedoch Arbeit und Verdienst immer schlech- ter werden. Gegen Ende Februar brach in Galizien und Krakau eine Revolution der polnischen Nation aus, welche von dem Adel angezettelt war. In Polen wurde selbe vor dem Ausbruch unterdrückt, in Galizien ist das Landvolk auf Seite der Regierung. Im Monat Juli sah man am 20. Juli überall den Hafer mähen und am 23. war schon heuriger Hafer auf demWochenmarkt. Es war ein furchtbares Jahr. Die Getreidepreise sanken in zwei Wochenmärkten um mehr als 2 fl. W. W. Der August war außerordentlich trocken; doch gab es in der letzten Hälfte starke Gewitter und Wolkenbrüche, sodass, wo eben die ins Lager nach Wien hier durchmarschierende Fürst Liechtensteinische Chevauleger-Division ab- marschieren wollte, die Ramingbrücke nebst dem Schwimmfloß weggerissen wurde. Am 15. November nahm der neuernannte k. k. Herr Regierungsrat und Kreishauptmann Eduard Freiherr v. Höhenbruck die Aufwartung der hiesigen Dikasterien und die Paradierung des Bürgerkorps entgegen. Abends war bei Fackelbeleuchtung türkische Musik und Produktion des Männergesangverei- nes, am 16. Festtheater. Auch der Bau des neuen Kreisamtsgebäudes, wozu die alte Stadtkaserne unentgeltlich überlassen werden muss, ist Allerhöchst bewilligt. Herr Dr. Kompaß lässt jetzt das kastellartige alte Festungstor außerhalb der Stadtpfarrkirche (Pfarrtor auch Gilgentor) abbrechen, um sich daselbst ein schönes Haus zu erbauen. Die Teuerung aller Lebensbedürfnisse hält leider Ende Dezember noch im- mer an, und die Getreidepreise variieren immer, der Weizen um 13. fl., der Roggen um 9 fl. und der Hafer um 4 fl. W. W.
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