Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
173 1882 Die Aussichten sind sehr trübe; erstens hat der unersetzbare Waffenfab- riksgeneraldirektor Herr Josef Werndl infolge eines nervösen Anfalles neuen Urlaub angetreten und man besorgt sogar seine baldige Resignation; zwei- tens droht unserer Stadt durch die am 1. Jänner 1882 erfolgte Verstaatlichung der Westbahn und wahrscheinliche Vereinigung mit der Rudolfsbahn der Ver- lust unserer seit 1872 hier stationierten Bahnbetriebsdirektion mit mehr als 200 Beamten und drittens nimmt die hier seit Beginn des vorigen Jahres gras- sierende Blatternepidemie nun sogar noch zu und sind gegenwärtig 20 Häu- ser damit angesteckt. Endlich drohte Österreich in Süddalmatien und Herze- gowina ein allgemeiner Aufstand der halbwilden Bergvölker und finden be- reits bedeutende Truppensendungen dafür statt, worunter sich auch aus Oberösterreich das 14. Infanterieregiment und das 3. Jägerbataillon. Am 10. Jänner erhielten vom König von Rumänien aus Anlass der Waffen- lieferungen der Generaldirektor Josef Werndl, zwei Werkmeister und Herr Bürgermeister Georg Pointner Orden. Herr Generaldirektor Josef Werndl hat glücklicherweise seinen Urlaub ab- gekürzt und reiste schon wieder nach Paris. Am 15. großer Börsenkrach in Wien und Paris. Am 16. und 21. Durchpassierung der eingerückten Urlauber und Reservis- ten nach Dalmatien. Die Blatternepidemie leider noch immer im Zunehmen, sodass am 22. Jän- ner bereits 40 Häuser infiziert waren und sogar das zum Armenhausbau an- gekaufte „Bierführerhaus“ in Aichet als Notspital verwendet werden muss und ein eigener Wagen zum Transport der Blatternkranken bestimmt wurde. Todesfälle waren im Jänner 63, worunter 19 an Blattern, 3 Scharlach, 5 Diphtheritis. Infolge der Verstaatlichung der Rudolf- und Elisabethbahn übersiedelten von der hiesigen Betriebsdirektion bereits am 1. Februar 18 Beamte nach Linz und später noch mehrere nach Wien. Am 24. Februar große Versammlung des Gewerbevereines wegen des Fortbestandes der im Jahre 1877 hier vom k. k. Handelsministerium errichte- ten Eisenwaren-Versuchs-Werkstätte, wozu die Stadtgemeinde, das Lokal, die Bedienung, Beheizung und Beleuchtung gratis liefern und das Reitma- yr'sche Wasserwerk in Aichet um jährlich 700 fl. pachten musste und welcher
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