Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

171 1881 Das Jahr beginnt für unsere Stadt ziemlich günstig, indem die Waffenfab- rik wieder mit Gewehrlieferungen für Griechenland, Rumänien und Frank- reich vollauf Beschäftigung und über 3600 Arbeiter hat und sogar auch auf Arbeit von China hofft. Herr Generaldirektor Josef Werndl hätte seine, anno 1877 erbaute aber unvollendet gelassene große Villa, an die Waffenfabriksaktiengesellschaft um 60.000 fl. verkaufen können, aber das Anerbieten abgelehnt. Zu den ohnehin noch im Zuge befindlichen Beiträge-Subskriptionen zur Erbauung eines neuen Armenhauses, zur Theaterrenovierung und zum Stadt- pfarrturmbau, wurde nun eine neue, viel großartigere Subskription begon- nen, nämlich zur Erbauung einer Sekundäreisenbahn von Steyr über Hall nach Wels in der Länge von 51 Kilometer im beiläufigen Kostenbeträge von 1,200.000 fl., welche Subskription aber, mit Inbegriff des Josef Werndl'schen Beitrages pro 10.000 fl. nur in Steyr einen Ertrag von kaum 100.000 fl. in Aus- sicht stellte. Am3. Jänner, abends 9 ¾Uhr brannte der große, ganz hölzerneMayr-Schiff- meisterstadl in Schönau an der Enns ab und gab ein sehr verheerendes Feuer. Die brave Arbeit der Feuerwehr verhütete die drohende weitere Gefahr. Im Monat Jänner wurde die allgemeine Reichsvolkszählung auch in Steyr durchgeführt und wies hier eine anwesende Gesamtbevölkerung nach mit 17199 Personen, um 3807 mehr als anno 1869 und 6464 mehr als anno 1857, obwohl die hier einheimische Bevölkerung wegen Nichtaufnahme von Frem- den gar nicht vermehrt worden ist. Am 8. April kamen drei japanische Offiziere an. Am 10.Mai war die Vermählung unseres Kronprinzen Rudolf in Wien, aus welchem Anlass auch bei uns Festlichkeiten mit Zapfenstreich, Festgottes- dienst, Häuserbeflaggung, Promenademusik und Festtheater. Doch am 11. spielte bei uns der früher so schöne Wonnemonat Mai einen schandvollen Streich — denn es schneite schon vom frühesten Morgen an durch den ganzen Tag ohne Unterbrechung bis 12. früh durch 30 Stunden mit solcher Heftigkeit, wie den ganzen Winter nicht und bei nur + 2°, sodass der Schnee, ungeachtet er nur im Wasser schwamm, doch bei 1 ½ Fuß hoch wurde und die reichen Baumblüten und Kornähren zerknickte. Viele Lawinen donnerten von den Dächern nieder und hemmten die Kommunikation und

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