Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

156 der k. k. Statthalterei noch immer nicht zurückgelangt und besorgt einstwei- len die städtische Amtierung der bisherige Bürgermeister Herr Moriz Cram- mer, Hotelbesitzer, als k. k. Kommissär. Übrigens geht die Hetze zwischen unseren zwei Stadtzeitungen unge- schwächt fort und fällt die Hauptschuld an diesem sehr unerquicklichen Zu- stande auf die Geistlichkeit. Die Interims-Stadtregierung durch den kaiserlichen Kommissär und die Lästerungen in der von den Vorstadtkaplänen redigierten „Steyrer Zeitung“ dauerten durch den ganzen Monat Juli fort. Am 17. Juli nachmittags 1 Uhr ziemlich heftiges durch 2 Sekunden dauern- des Erdbeben in Steyr sowie in ganz Ober- und Niederösterreich. Bei der Waffenfabrik, welche wieder bedeutende Bestellungen aus Preu- ßen und Frankreich erhalten hat, sollen anstatt der in letzterer Zeit entlasse- nen Arbeiter, wieder bei 1000 neu aufgenommen werden. Herr Jos. Werndl baut auch auf der Voglsanginsel wieder 4 Häuser mit oberen Stockwerken. Am 19., 21. und 23. August waren die Wahlen für den am 7. Juni aufgelös- ten Gemeinderat und da diesmal nicht bloß die klerikale Partei, sondern auch die liberale, aufgerüttelt durch den schlechten Erfolg bei den Märzwahlen und in Besorgnis um das Renommee der Stadt, große Tätigkeit entwickelte, sind sogar 1206 Wähler, also mehr als ¾ aller Wahlberechtigten erschienen und sämtliche vom liberalen Komitee aufgestellten Kandidaten mit großer Majorität gewählt worden, darunter Herr Josef Werndl schon vom 3. Wahl- körper fast einstimmig. Die klerikale Partei, welche alle Versöhnungsversuche der Liberalen schnöde zurückgewiesen hatte, konnte nicht einmal den Bür- gerkorps-Kommandanten Hauptmann und Wirt Bichler durchsetzen. Am 30. August Durchreise Ihrer Majestät der Kaiserin per Bahn bei strö- mendem Regen im strengsten Inkognito. Die ersten Tage des Septembers waren so ziemlich schön; aber vom 7. an, wo unsere landwirtschaftliche und gewerbliche Ausstellung mit Volksfest be- gann, gab es leider fast täglich mehr oder weniger Regen mit kalten Winden und dauerte dieses abscheuliche Wetter bis zum Ende. Die landwirtschaftliche Ausstellung und das Volksfest fanden auf dem von Herrn Josef Werndl unentgeltlich überlassenen großem Feld oberhalb der Promenadequerstraße und die gewerbliche in den Turn- und Zeichnungssälen des neuen Schulgebäudes statt und beide dauerten 5 Tage, vom Donnerstag den 7. bis Montag den 11. September. Ungeachtet des sehr schlechten

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