Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
144 Prozession und sehr schön. Am 23. und 24. war der berühmte Reichsratsabgeordnete Dr. Herbst hier, dem Abendmusik mit Fackelzug gespendet wurden. Am 29. war in der Stadtpfarrkirche Firmung. Die Blatternepidemie machte im Juni auch in Steyr wieder bedeutende Fortschritte. Am 10. Juli wurden die ersten Steine in das Grundbeet des neuen Schul- hauses eingesetzt, welcher Schulhausbau seiner wirklich unbegreiflich hohen Kosten wegen zu ernsten Zerwürfnissen zwischen dem sparsamen Bürger- meister J. Pöltl und der Majorität des Gemeinderates Anlass gab. Am 16. kam bei der hiesigen Waffenfabrik eine Bestellung der preußi- schen Regierung auf 165.000 neue Gewehre an. Es werden daher wieder 400 Arbeiter aufgenommen und an die Stelle der von Herrn Werndl im Jahre 1863 um nahe von 20.000 fl. erbauten öffentlichen Schwimmschule wieder ein neues Fabriksgebäude aufgeführt wird, daher wir jetzt wieder keine Schwimmschule haben. Der Konflikt zwischen dem Gemeinderat und dem Bürgermeister wegen des Schulhausbaues führte den letzteren am 8. August zu dem übereilten Ent- schluss, der Statthalterei seine Resignation als Bürgermeister zu überreichen ohne den Ersteren zu verständigen, was dann den Bruch unheilbar machte. Es fand daher am 22. die Kassen-Skontrierung und Übergabe der Verwaltung an den Vizebürgermeister Moriz Crammer, Hotelbesitzer, dann am 29. die Bürgermeisterwahl statt, welche einstimmig auf Herrn Moriz Crammer fiel. Nachdemdie Cholera in Wien bereits den ganzen Sommer geherrscht und im August wöchentlich 3- bis 400 Menschen weggerafft hatte, auch in den meisten Orten von Niederösterreich und selbst auch in mehreren Oberösterreichs aufge- treten ist, sind in Steyr nur ein paar choleraähnliche Fälle vorgekommen. Am 14. und 15. September Rudolfsbahn-Verwaltungsratssitzung, wo aus Ersparungsrücksichten die Auflösung der Generaldirektion beschlossen wurde, indem die Bahn noch immer eine Staatssubvention von jährlich über 4 Millionen Gulden braucht. Am 3. Oktober kam die kaiserliche Bestätigung des neuen Bürgermeisters und Mittwoch den 8. fand die Beeidigung durch den Statthalter Baron von Wiedenfeld statt. Am 14. nach vorausgegangener heftiger Agitation der Klerikalen waren die ersten direkten Reichsratswahlen von den Landgemeinden des Bezirkes
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