Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

10 Am 28., 29. April und 1. Mai war die Rekrutierung noch nach dem alten Fuße; das hiesige Kontingent betrug 17 Mann zur Linie und 4 Mann zur Land- wehr, wo bei ersteren 3 Mann schuldig blieben. Am 1. Mai kam der Fürst Lamberg hierher; am 2. war bei ihm, als ernann- ten Delegaten des oberösterreichischen Industrievereines große Aufwartung des Magistrates und der Vereinsausschüsse; am 3. Tafel. Am 11. kam der Erzherzog Johann als Vereinsdirektor hierher und speiste nebst den Vereinsausschüssen und den k. k. Offizieren der an eben diesem Tag in Parade von Wien hier einmarschierten Oberstleutnants-Division des k. k. Fürst Liechtenstein 5. Chevauleger-Regimentes im fürstl. Schloss, besuchte sohin die Tafel der Vereinsmitglieder beim „Schiffwirte“ und fuhr, nachdem er hier die Vereinslokalitäten besucht hatte, nach Enns; die Kavallerie hielt hier Rasttag und marschierte weiter nach Salzburg. Am 17. rückte vom selben Regiment die II. Majors-Division ein und hielt ebenfalls Rasttag. Im Monat Juni wurde endlich auch das Gleinkertor Nr. 38 abgebrochen und dafür außerhalb ein neues Haus erbaut. Die Witterung in den zwei Monaten — Mai und Juni — war beispiellos schlecht, vorzüglich war seit Menschengedenken kein so nasser Juni; denn im ganzen Monat gab es bloß 2 ganz schöne Tage, sonst alle Tage Regen, oft durch mehrere Tage ohne Unterbrechung fort. Hat der Monat April die schönsten Hoffnungen auf die reichste und beste Ernte gegeben, so sind jetzt diese Hoffnungen dahin, und schon beginnen die Getreidewucherer ihre Spe- kulationen. Am 1., 2. und 3. Juli noch immer ein gewaltiger Regen, sodass das Wasser am 3. wieder dergestalt anlief, dass es auf der hinteren Rathausstiege die 10. Stufe erreichte. Im ganzen Monat Juli gab es bloß einmal zwei ganz schöne Tage, sonst alle Tage mehr oder weniger Regen, oft mehrere Tage ununterbrochen fort; die Enns ist im ganzen Sommer noch nie so weit zurückgetreten, dass sie die Stadtmauer verlassen hätte; meistens steht sie bei den Toren herein. Kein Mensch denkt einen gar so nassen Sommer. Im Monat September wurde auch das sogenannte „Brittingertor“ am Ein- gang der Kirchengasse in Steyrdorf, welches die Passage sehr lästig beengte, abgebrochen. Der Eigentümer begehrte und erhielt von der Stadt die enorme Entschädigung von 1800 fl. K.-M.

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