Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
135 1872 In unserer Stadt scheint auch der 1864 begonnene Aufschwung bereits im Jahr 1870 den Kulminationspunkt erreicht zu haben, denn in der Waffenfabrik sind seither sowohl die Arbeiterzahl als auch die Löhnungen auf die Hälfte herabgesunken. Am 11. Jänner wurde der Kaufmann Josef PöItl, welcher auch während der Gemeindeauflösung faktischer Bürgermeister war, einstimmig zum Bürger- meister gewählt. Am 24. wurde die von dem hiesigen Maschinisten Karl Müllner im zweiten Stockwerk des Rathauses errichtete transparente Uhrtafel zum ersten Mal mit Gas beleuchtet. Kosten 318 fl. Die Enns und Steyr sind seit 15. Dezember, erstere von der Schlüsselho- finsel bis zur Eisenbahnbrücke hinaus, zugefroren. Am Sonntag den 11. Februar wurde von dem oberösterreichischen Statt- halter Baron Konrad von Eybesfeld im Rathaus die Neuwahl des Bürgermeis- ters vorgenommen und nachmittags war Tafel der Gemeinderäte in Cram- mers Hotel. Die endliche wirkliche Errichtung eines 4 klassigen Realgymnasiums nebst auch einer vollständigen Oberrealschule ist nun beim Ministerium ernstlich im Zuge; aber von der Gemeindevorstehung wird nun auch ein vollständiges Obergymnasium angestrebt. Am 26. Februar kam der Betriebsdirektor Platte der Kronprinz-Rudolfbahn hier an und kommissionierte mit dem Bürgermeister und den Gemeinderäten Josef Werndl und Dr. Hochhauser über die Möglichkeit der Unterbringung der ganzen Betriebsdirektion, welche von Wien entweder nach Klagenfurt oder nach Steyr übersetzt werden soll. Am 4. März wurde von der hiesigen Waffenfabriksgesellschaft der Kauf um die alten Frühwirth'schen Gewehrfabriken in Wien und der in Lilienfeld um 500.000 fl. abgeschlossen und dadurch der wichtigste Konkurrent besei- tigt. Am 6. März kaufte Herr Joses Werndl mit einem der Rudolfsbahn nahe- stehenden Konsortium die großen Braunkohlenwerke zu Wolfsegg um 2,640.0000 fl. Welchen Einfluss etwa diese zwei wichtigen Käufe künftig auf die hiesigen Verhältnisse üben werden?
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