Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

129 1871 Die materielle Lage Österreichs ist, wenn man von den leidigen Nationali- täten- und Vorfassungswirrnissen absieht, ganz befriedigend und der seit dem August 1870 fortwütende Deutschfranzösische Krieg kommt unseren Ökonomen und Fabrikanten sehr zu statten, steigert aber durch die massen- hafte Ausfuhr alle Preise, Silberagio fortwährend 20 bis 22 %. Auch in Steyr dauern die günstigen industriellen und ökonomischen Ver- hältnisse fort. Die projektierte Beseitigung der Ennslinie und Steyrs, die uns im Vorjahr so viel Sorgen gemacht hat, ist endlich infolge der energischen Proteste des oberösterreichischen Landesausschusses, dann von Linz, Steyr etc. durch die Ablehnung des Reichsrates glücklich vereitelt worden. Für das von der Stadtkommune nach höchster Bewilligung laut Kaufver- trages vom 23. November und 9. Dezember 1870 dem obderennsischen Stu- dienfond zur Unterbringung der Schulen abgekaufte Ex-Jesuitengebäude Nr. 74 samt Nebenstöckl Nr. 73 wurde am 7. Jänner der ganze Kaufschilling per 20.000 fl. beim k. k. Steueramt erlegt, welcher Betrag bei der Sparkassa ent- lehnt worden ist. Für die, nach Gemeinderatsbeschluss vom 4. November zum Behufe der Zuschüttung und Promenadeplanierung um 6300 fl. angekauften 4 Stadtgra- bengründe wurde ebenfalls die Hälfte des Kaufschillings bezahlt. Am 22. und 23. Jänner große, elegante und sehr zahlreich besuchte Schlit- tenrennen auf dem Feld nächst dem Bahnhof, wobei an Zuschaugebühren der sehr bedeutende Betrag von 853 fl. eingegangen und ohne Abzug an die Ar- men verteilt worden ist. Im Monat Februar ist die neue Organisierung unserer Volksschulen nach dem neuen Schulgesetz, wonach als Knabenschule die vormals k. k. Haupt- schule mit einer Filiale in Ennsdorf und als Mädchenschulen die vormals k. k. Mädchenschule im Ex-Zölestinergebäude und die vormals städt. Hauptschule in Aichet bestimmt und bei der 5 klassigen Knabenschule im Ex-Jesuitenge- bäude auch eine dreiklassige Bürgerschule errichtet werden soll, wozu der Landesschulfond bereits einen Beitrag von 2000 fl. hierher gesendet hat, noch immer nicht durchgeführt und auch das Schicksal der k.k. selbständigen Un- terrealschule, welche bloß als solche neben der Bürgerschule nicht mehr wird bestehen können, harrt noch einer eingehenden Würdigung.

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