Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

126 in das Schloss und in die Stadtpfarrkirche, worauf in Crammers Hotel am Stadtplatz das Diner eingenommen wurde. Um ½ 5 Uhr fuhr dann die ganze Gesellschaft auf die Rudolfsbahn, welche durchaus bei allen Objekten mit Rei- sig und Fahnen festlich geschmückt war, bis zum gegenwärtigen Endpunkt Küpfern. In Weyer wurde übernachtet und am anderen Tage die Reise mit- telst Wagen durch das Gesäuse nach Ischl fortgesetzt. Am 18. Juni feierte die Waffenfabrik ein Fest aus Anlass der Ablieferung der letzten Gewehre von den vom Militärärar bestellten 250.000 Hinterla- dern, worauf dann bei kleineren Bestellungen die Arbeitskräfte und Löhnun- gen bedeutend vermindert wurden. Anfangs Juli wurde das dem k. k. Studienfond eigentümliche und seit 1863 von der Stadtkommune zur Lokalität für die k. k. Real-, k. k. Knabenhaupt- und Vereinsturnschule um jährliche 600 fl. samt Tragung aller Steuern, Lasten und Reparaturen auf 10 Jahre gepachtete Ex-Jesuitengebäude Nr. 74 samt Neben- stöckel Nr. 73 von der Stadtkommune laut Vertrag vom 23. November 1870 um den Preis von 20.000 fl. erkauft und dadurch dieselbe von der großen Sorge wegen Unterbringung dieser, nach dem neuen Schulgesetz vom 23. Jänner 1870 noch erweitert werdenden Schulen befreit. Außer dass infolge Beschlus- ses des neu eingesetzten Bezirksschulrates die hiesigen Volksschulen eine gänz- liche Umgestaltung erleiden werden, will nur die Stadtgemeinde auch noch die Erweiterung der selbständigen k. k. Unterreal- schule durchsetzen. Am 17. Juli erfolgte ganz unerwartet und mutwillig die Kriegserklärung von Frankreich an Preußen, und die Gefahr, dass auch Österreich in den Krieg verwickelt werden könnte, schnellte das Silberagio von 18 % auf 33 % hinauf. Doch erklärte Österreich die Neutralität, worauf dasselbe wieder etwas sank. Übrigens wurde doch der Pferdestand der Armee auf den vollen Friedens- stand ergänzt und die Gewehrerzeugung hier forciert, indem wöchentlich 4000 Stück abgeliefert werden müssen, sogar 100 Mitrailleusen (sogenannte französische Kugelspritzen) müssen hier erzeugt werden. Endlich beglückte der Hochwürdige Linzer Bischof Franz Josef Rudigier das liberale Steyr wieder einmal mit seiner Gegenwart, indem er am 1. August in der Stadtpfarrkirche über 2000 Kinder firmte, worauf er dann am 3. August im hiesigen Theatergebäude die Jahresversammlung des O.-Oe. Katholiken- vereines eröffnete und eine lange Rede zur Verteidigung der vom römischen Konzile beschlossenen päpstlichen Unfehlbarkeit hielt. Die Versammlung dauerte zwei Tage.

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