Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
9 1843 Mit Ausnahme einer wahrscheinlich von russischen Einflüssen erzeugten, kleinen Umwälzung in Serbien ist in Europa alles im Frieden, und alle Kräfte werden der Industrie zugewendet; so auch in Österreich, wo der Chef der Fi- nanzen eine unglaubliche Tätigkeit entwickelt, auch die Zolleinigung mit Un- garn und Deutschland sich vorzubereiten scheint. Steyr macht bei diesem allgemeinen Aufschwung keine Ausnahme; es ist vielmehr seit der letzten Anwesenheit des Allerhöchsten Hofes, des Erzher- zogs Johann und vieler anderen Größen, seit der Errichtung eines Mandatari- ates des Industrie-Vereines, und besonders seit dem großen Brand, aus seiner Vergessenheit hervorgetreten; die abgebrannten Vorstädte sind solide wie- der erbaut, das Zwetschkenparadies in Wieserfeld ist durch Hinwegschaffung der Bäume zu einem Vorstadtplatz umgestaltet usw. und die Mehrzahl der Verunglückten hat durch den Brand wirklich gewonnen; denn es sind außer der Assekuranzentschädigung 169.896 fl. K.-M. aus der gesamten österreichi- schen Monarchie, ja sogar aus den fremden deutschen Bundesstaaten einge- flossen und verteilt worden. Das Jahr beginnt schon mit Extremitäten; denn es gibt am 1. Jänner statt Schlittschuhlaufen und Schellengeklirr ein — sehr bedeutendes Hochwasser mit tagelangem, heftigen Regen. Am 30. Jänner wurden vom hochw. Bischof die hier bei Staffelmayr gegos- senen 3 neuen Glocken für den abgebrannten Turm der Bruderhauskirche zu St. Michael feierlich eingeweiht. Die größte wiegt 462 Pfund. Im Februar wurden mehrere große Sitzungen unter kreisämtlicher Leitung in Betreff der Planierung im Wieserfeld und der Demolierung des Gleinker-, Frauen- und Brittinger-Tores abgehalten. Anfangs März wird der fürstl. Lamberg'sche, nach französischer Art ange- legte, aber gänzlich vernachlässigte Ziergarten in einen englischen Park um- gestaltet. Die Garstner Allee wird gegen die Stadt-herein verlängert. Vom 17. bis 25. war bei heiterem Sternenhimmel gegen Westen ein brei- ter, lichter Streif, gestaltet wie der Schweif eines großen Kometen, von Wes- ten gegen Südosten sich fast über den halben Horizont erstreckend, gesehen und wirklich gaben ihn die nachher bekannt gewordenen astronomischen Be- obachtungen als den ungeheuren Schweif eines unter dem Horizont stehen- den, bisher ganz unbekannten Kometen an.
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