Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

118 Am Pfingstsonntag früh trafen 90 Sänger des Wiener Schubert- Bundes (Lehrer, Professoren und Künstler) hier ein, wurden am Fischhuberberg feier- lich von den hiesigen Sänger- und Turnvereinen empfangen und zum Rathaus begleitet, wo die Fahnen deponiert wurden, dann nachmittags Diner im Crammer-Garten und dann Ausflug auf den Tabor, abends Theater, am Mon- tag früh auf den Damberg, nachmittags und abends Produktion und Tanz in Crammers Restauration, Dienstag Abreise. Um bei unseren heillosen Staatsfinanzen einen förmlichen Staats- bankerott doch wo noch möglich hintanzuhalten, hat das Abgeordnetenhaus unseres Reichsrates nebst einer 20 % Versteuerung und der Konvertierung der enormen Staatsschuld von mehr als 3000 Millionen Gulden, auch den Ver- kauf der sämtlichen Staatsgüter und darunter auch der Erzlager und sämtli- cher Eisenwerke der k. k. Innerberger Hauptgewerkschaft beschlossen. Da nun aber dieser Verkauf, wenn er an in- oder ausländische Monopolisten er- folgen würde, unfehlbar die wichtige Eisenindustrie von Steiermark, Nieder- und Oberösterreich und insbesondere unserer Stadt total ruinieren müsste, so sind im Juni viele Eisenindustrielle dieser Provinzen in Wien zusammenge- treten um eine inländische Aktien-Gesellschaft zum Ankauf der fraglichen Erz- lager, Hüttenwerke und Waldungen zu gründen und sind in das diesfällige Ko- mitee in Wien unser städtischer Rechtskonsulent Dr. Johann Hochhauser, der Eisenhändler Franz Schönthan von Pernwald und der Waffenfabrikant Josef Werndl gewählt worden. Glück auf zu diesem großen Unternehmen! — aber die Hoffnung auf eine glückliche Realisierung ist in keiner Beziehung sehr groß. Am 13. Juli begann endlich die ministerielle Eisenbahnbegehungs-Kom- mission für die trassierte Strecke Steyr bis Weyer hier in der Vorstadt Schönau, wo bereits 3 Wohnhäuser und 3 Stadeln um gute Preise abgelöst sind, ihre Arbeiten, welche bis Weyer fast zwei Wochen dauerten und dann wurde auch an mehreren Stellen der Bau selbst angefangen. Am 21. Juli verlieh uns endlich das seit dem vorigen Herbst mit 3 Kompag- nien hier und 1 Kompagnie in Garsten garnisonierte und hier in Zinszimmern bequartiert gewesene 2. Bataillon des 63. Inf.-Reg., König von Hannover und rückte in das Lager nach Bruck ab, zum großen Leidwesen der hiesigen Fräu- leins, indem künftig wieder nur 94 Mann mit 2 Offizieren von der Linzer Gar- nison die Strafhauswache in Garsten bilden werden. Am 30. Juli kam, nachdem anstatt der am 25. Mai abgetragenen

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