Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
106 1866 Es herrscht in unserem Gemeinderat seit der neuen Vorstandswahl und der Abwesenheit des Sekretärs in Wien (seit Jänner 1865) eine ungetrübte Harmonie. Am 18. Februar wurden die auf Kosten des Weißwarenhändlers und Kir- chenvaters Franz Stadler von dem Bildhauer Untersberger in Gmunden ver- fertigten Kreuzweg-Basreliefbilder von dem P. Franziskanerprovinzial von Enns feierlich eingeweiht. Am 1. März begann auf dem städt., bisher von der Kohlkommune gepach- teten Kohlanger auf Kosten des Fabrikshauses Riedinger in Augsburg unter der Leitung dessen Ingenieurs Hilbe von dem hiesigen Baumeister Anton Pich- ler der Bau der Gasfabrik nach dem Kontrakt vom 28. Aug. 1864 und der Bau- kommission vom 27. Juli 1865, nachdem alle Machinationen der Eisenarbei- ter, als Kohlkommunitätsmitglieder, die verdiente Abweisung gefunden hat- ten und die Kohlkommunität selbst dem Konkurs und der Auflösung nahe ist. In diesem Monat wurde von der k. k. Wasserbaudirektion endlich das letzte Stück des Ennskais vom Kreisgerichtsgebäude aufwärts bis zumRathaus ausgeführt, welcher Kai nun einen schönen geräumigen Platz gegen die früher bestandene Festungsmauerruine und wahre Saugasse bildet. Die neue Aufbauung des am 12. Juni 1865 weggeschwemmten steineinen Steyrbrückenjoches hat der Herr Gemeinderat und Armaturfabrikant Josef Werndl um den äußerst billigen Akkord von 3000 fl. übernommen, wozu dann noch 549 fl. Mehrarbeiten kamen. Am 23. Mai war ein heiterer Morgen mit —1°, welcher unzählige Blum- und Gartenfrüchte und viele Kornfelder erfror, aber nicht bloß hier, sondern fast in ganz Europa. Da nun überdies mit Preußen und Italien der Krieg droht, so gingen alle Lebensmittel sowie auch das Silberagio sehr stark in die Höhe und das Elend unter der verdienstlosen Arbeiterklasse steigt aufs Höchste. Ganze Scharen betteln. Am 9. Juni wurde infolge Ministerialauftrages dieMannschaft des hiesigen Bürgerkorps in den Ratssaal berufen und wegen Übernahme der Strafhaus- wache in Garsten nach Abzug des k. k. Militärs befragt, welche auch zugesagt wurde. Am 12. wurde der österreichische Gesandte von Berlin abberufen, am 17. erfolgte das Kriegsmanifest und das Silberagio stieg auf 40 %, jedoch wurde
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