Die Österreichische Eisenstraße
Konjunkturen und Krisen im österreichischen Eisenwesen Die österreichische Eisenerzeugung befindet sich ab dem 14. Jahrhundert in einem Expansionsprozeß. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlebte es eine Zeit der Hochblüte. Zu dieser Zeit hatte die Steiermark mit 4.000 bis 5.000 Tonnen einen Anteil von 10 bis 15 Pro– zent an der europäischen Produktion . Das um 1550 er– reichte Niveau wurde in den folgenden beiden Jahrhun– derten nicht mehr überschritten. Das aus Innerberg/ Eisenerz kommende Eisen wurde von den Steyrer Händ– lern nach Nord- und Ostdeutschland, den Niederlanden, Frankreich , England , Span ien , Übersee, Persien und Indien exportiert. Ab der zweiten Jahrhunderthälfte kam es jedoch zu einem schweren Niedergang , der mehrere Ursachen hatte und se inen Höhepunkt Mitte des 17. Jahrhunderts erreichte . Durch die Auseinander– setzungen im Zuge der Gegenreformation kam es zu einem Mangel an Fachkräften und an Investoren, Strei– t igkeiten zwischen Österreich und der Steiermark er– schwerten den Handel, der Dreißigjährige Krieg brach– te den Verlust von Absatzgebieten . Die staatlichen Maß– nahmen konnten die Probleme nicht nachhaltig lösen . Um 1550 betrug die steirische Eisenerzeugung etwa 13.000 bis 14.000 Tonnen , die alpenländische insge– samt etwa 20 .000 - das waren etwa 20 bis 30 Prozent des europäischen Eisenbedarfs. Um 1650 wurden in der Steiermark noch 8.000 , in Österreich insgesamt etwa 15.000 Tonnen erzeugt. Auch während des 17. Jahrhunderts hielten die Schwierigkeiten an. Die Türkenkriege , ein 1661 für die nordischen Länder ein– geführtes, vom Landesfürsten verpachtetes Handels– monopol , das 1728 in einen allgemeinen Preisaufschlag für Sensen umgewandelt wurde sowie die Erhöhung der Mautsätze an der Donau wirkten sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Die Krise des 16. und 17. Jahrhunderts traf den nörd– lichen Teil der Eisenreg ion , das lnnerberger (Eisenerz– er) Revier stärker als den von Vordernberg aus be– lieferten Südteil. Die 1625 gegründete lnnerberger Hauptgewerkschaft sammelte große unverkäufliche Lager an und wäre in den siebziger Jahren beinahe in Konkurs gegangen . Erst Ende des 17. Jahrhun– derts kam es wieder zu einem Aufblühen des Eisen– gewerbes und des Handels , bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Höhepunkt der Entwick– lung erreicht, die Franzosenkriege brachten jedoch wieder erhebliche Einbrüche. 46 Der Inlandsabsatz hatte sich durch die barocke Bau– tätigkeit und durch den Wiederaufbau nach den Türken– kriegen verbessert. Die organisatorische Straffung durch die Maßnahmen Maria Theresias und vor allem die tief– greifenden Reformen Josephs II. stellten das gesamte österreichische Eisenwesen auf neue Grundlagen. Seit dem 18. Jahrhundert verspürten die heimischen Produzenten und Händler zunehmend internationale Konkurrenz, nicht selten durch Einsatz von österreichi – schen Fachkräften. Zum Teil war es die technische Über– legenheit ausländischer Erzeuger, zum Teil der Preis– druck rival isierender Produzenten und Händler in der Reg ion selbst, die zu Problemen führten. Im 19. Jahrhundert verlor die oberösterreichische Ei– senindustrie durch ihre rückständige Technologie, durch hohe Transportkosten , teuren Zwischenhandel und durch ungünstige Zollpolitik ihre Wettbewerbsfähigkeit , zahlreiche Absatzgebiete gingen verloren. 1749 gab es in Oberösterreich 44 Sensenwerke, 1782 waren es 92 , 1812 noch 74. Von den im Jahr 1824 genannten 57 Sen– senschmieden waren 8 stillgelegt, 26 auf Halbarbeit gesetzt. Im Vormärz erlebte das Eisenwesen in Österreich noch– mals eine kurze Blüte. Zwischen 1800 und 1850 stieg die Produktion um 300 Prozent. 100 Al lerdings beruhte dieser Aufschwung nicht auf der Einführung neuer Tech– nologien , die etwa in England zur Entwicklung der Vor– machtstellung in der Schwerindustrie führte . In Öster– reich kam es nur probeweise zum Ersatz von Holzkohle durch Koks, zum Einsatz von Dampfmaschinen und anderen neuen Techniken . Der Vorteil des Standortes lag nur in den niedrigen Erz-, Holz- und Transportko– sten . Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte schließ– lich den endgültigen Niedergang des Kleineisenge– werbes in unserer Region, den nur sehr wenige Betrie– be überlebten. Für diese Entwicklung gab es zahlreiche Ursachen. Im Zuge des Wirtschaftsliberalismus kam es zur Einführung der Gewerbefreiheit und zur Liberalisie– rung der Handelspolitik, die zu einer Begünstigung von ausländischer Konkurrenz führte . Vor allem aber war es der Rationalisierungs- und Konzentrationsprozeß , der d ie Konkurrenzfähigkeit kleiner Betriebe zerstörte .
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