Die Österreichische Eisenstraße
festgelegten Verbraucher zu einem bestimmten Preis zu liefern. Umgekehrt durften die Abnehmer- etwa die Sensenschmiedmeister im Kirchdorf-Micheldorfer Ge– biet - Kohle nur von den ihnen gewidmeten Kohlbauern beziehen . Weitere Möglichkeiten des Zuerwerbs für Bauern und des Haupterwerbs etwa für weichende Söhne eröffne– ten sich durch den Fernhandel. Einige arbeiteten als Säumer, übernahmen also den Transport von Waren auf den Saumpfaden ohne Fuhrwerke. Andere stellten die Pferde für die Fuhrwerke zur Verfügung . Sonstige Berufe Ein Berufsbereich, der zahlreiche Menschen beschäf– tigte, war Transport und Verkehr. Das Transportwesen - vor allem mit Zug- und Saumtieren - wurde von den Bauern meist nebenberuflich betrieben . In den Gebirgs– reg ionen waren bei stärkeren Steigungen Vorspann– dienste erforderlich , die von Bauern aus der Umgebung mit ihren Zugtieren geleistet wurden. Der Ausbau von Straßen mit Umgehung der Steigungen brachte viele Menschen um diesen wichtigen Verdienst. Die Schifffahrt auf der Enns wurde von Schiffmeistern be– trieben , die meist in Steyr oder Weyer saßen. In Steyr war der Sitz der Schiffmeisterinnung. 1655 wurde für die Steyrer Schiffleute und Flößer eine eigene Hand– werksordnung erlassen 91 , die ganz im Zeichen der Ge– genreformation stand und daher unter anderem ein Bekenntnis zur katholischen Religion forderte. Ihr or– dentlicher Jahrtag war Fronleichnam und sie mußten sich an der Prozession beteiligen. Wie fast alle Tätigkeiten waren auch die Schifffahrt und Flößerei sehr personalaufwendig. Der Betrieb von zwei Ennsschiffen im 16. Jahrhundert, die je 250 Zentner MENSCHEN AN DER EISENSTRASSE Eisen transportieren konnten, erforderte 2 Schiffmeister und 20 Knechte. Dazu waren noch 12 Pferde erforder– lich. Flöße wurden - je nach Größe - von zwei bis fünf Männern gesteuert. Schifffahrt und Flößerei auf den Flüssen der Eisenstraßen-Region war nicht nur eine anstrengende sondern auch eine gefährliche Tätigkeit. Besonders die schwer zu lenkenden Flöße verunglück– ten häufig an den Felsen im Flußbett. Eine Stelle an der Enns unterhalb von Kastenreith , an der immer wieder verunglückte Flößer angeschwemmt wurden, hieß des– halb Flößerfreithof. Noch kurz vor dem endgültigen Ende der Ennsflößerei starben im Jahr 1944 bei einem Unfall in der Nähe von Ternberg vier Männer. Zu den ärmsten Gruppen in dem System des Eisen– wesens gehörten die Köhler. Vielfach waren es nicht erbberechtigte Söhne von Bauern, die zuerst als Holz– knechte arbeiteten. Wenn sie diese Arbeit aus Alters– oder Gesundheitsgründen nicht mehr erledigen konn– ten, blieb ihnen nichts anderes übrig als sich als Köh ler zu verdingen 92 . Viele Köhler hatten keinen ständigen Wohnsitz, sondern zogen von einer Köhlerhütte zur nächsten. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren hart. Der Köhler mußte wochenlang allein im Wald zu– bringen und ständig - auch nachts - etwa alle zwei Stun– den den Meiler be9bachten. Er hauste dabei in der win– zigen Köhlerhütte. Die Entlohnung erfolgte meist im Akkord je Meiler. Sorgfältige Köhler, die eine gute Qua– lität produzierten , waren durchaus gefragte Arbeits– kräfte, was ihre soziale Lage aber nicht wirklich ver– besserte. Die Gefahren während der Arbeit waren groß. So brachen Köhler bei den Abdichtungsarbeiten auf dem Meiler immer wieder ein, was zu schwersten Ver– brennungen führte. Häufig waren auch Rauchgas– vergiftungen . Besonders bitter war der Verlust der Ar– beitsfähigkeit im Alter und nach Unfällen, da für die Köhler selbst die unzulänglichen Versorgungseinrich- tungen der Bauern nicht zur Verfügung standen. So mußten sie bis zum Tod arbeiten oder von der Gemeinde erhal– ten werden. Flöße an der Enns bei Steyr. 39
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