Die Österreichische Eisenstraße

Montanwesen wesentlich besser als in anderen Berei– chen der Gesellschaft und vor allem besser als später zur Zeit der beginnenden Großindustrie im 19. Jahrhun– dert. Früher als in anderen Bereichen wurden soziale Absicherungen für die Bergleute gesetzlich festgelegt, nämlich im Berggesetz von 1854. 83 Darin wurden die bisher freiwilligen Unterstützungskassen zu Pflichtver– sicherungen umgewandelt. Die Arbeitsbedingungen waren jedoch häufig katastrophal. Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden täg lich , Frauen- und Kinderarbeit waren die Regel. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die bis dahin in bezug auf die soziale Lage bevor– zugte Stellung des Bergbaus verloren , erst 1919 wurde der Anschluß an die übrige Sozialgesetzgebung für die Bergleute wieder erreicht. Die Schmiede Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Schmiede in den verschiedenen Spezialberufen waren sehr unter– sch iedlich . Ein Nagelschmiedmeister in Losenstein im 19. Jahrhundert war zwar in seiner Rechtsstellung ei– nem Micheldorfer Sensenschmiedmeister ähn lich , in seiner sozialen Lage jedoch grundsätzlich unterschie– den . Die Nagelschmiede gehörten zu den ärmsten Schichten unter den eisenverarbeitenden Betrieben . Eine besondere Stellung innerhalb der versch iede– nen Schmiedeberufe nahmen d ie Sensenschm iede ein. Ihre Bedeutung begann vor allem im 16. Jahr– hundert mit dem Entstehen einer zünftischen Orga– nisat ion und der Formulierung von Handwerks– ordnungen zu wachsen. Dies war vor allem nötig, da die Sensenwerke - mit Ausnahme von Waidhofen - nicht in den Städten sondern im ländl ichen Raum situ iert waren . In Oberösterreich lagen dabe i die Schwerpunkte in den Gebieten um Micheldorf, Wind ischgarsten und Scharnstein. Auch das Eingrei– fen des Landesfürsten in das Eisenwesen in Form des Eisenobamtes in Steyr 1583, der Waldordnung 1604 und insbesondere der Gründung der lnnerberger Hauptgewerkschaft 1625 machte eine organisierte Vertretung der Sensenschmiede notwen– dig. s4 Träger des Handwerks waren die Sensenschmied– meister, zusammengeschlossen in der Zunft - z. B. in der Kirchdorf-Micheldorfer Sensenschmiedezunft. Nach außen war die Zunft streng abgeschlossen , Nichtmit– glieder wurden als unredliche Meister starken Behin– derungen im Handel ausgesetzt. Dies betraf beispiels– weise Meister, die in einer von Adeligen , Bürgern oder Bauern eingerichteten Werkstätte arbeiteten. 36 MENSCHEN AN DER EISENSTRASSE Ein Beisp iel für dieses Problem fi ndet sich in Scharnstein: Im Jahr 1584 kam Helmhart Jörger in den Besitz der Herrschaft Scharnstein. Sie war sein fre ies Eigen und so llte auch im erbl ichen Besitz seiner Fami lie blei– ben. Daher bemühte er sich , geeignet e Maßnahmen für eine langfristige wirtschaftliche Blüte zu setzen. 1585 ließ er das erste Sensenwerk in der Schönau errichten, das aber wegen sch lechter Wasserversor– gung zwei Jahre später zum Neumayerhof versetzt wurde , dort wurden zwei Hämmer und eine Schleife erbaut. 1586 entstand das zweite Werk, wahrschein– lich an der Stell e des Werkes Grubach gegenüber von Müh ldorf. 1587 ent stand das Werk am äußeren Grubbach , und ein Werk an der Almbrücke oberhalb des alten Neumayerhofes. Die ersten Gründungen von Sensenwerken durch Jörger stießen auf erbitterten Widerstand der eingesessenen Kirchdorf-M icheldorfer Meister. Jörger war ja kein Mei– ster, er war Adeliger und griff mit seinen Gründungen in die Rechte des Handwerks ein . Die bei seinen Werken arbeitenden Meister und Knechte wurden für „unred– lich " erklärt und ihre Produkte auf den Märkten konfis– ziert. Durch seinen großen Einfluß - er war Schatzkanz– ler des Kaisers - siegte er jedoch in dem Streit, seine fünf Meister mußten in die Zunft aufgenommen wer– den. An der Spitze der Zunft stand der jährlich gewählte Zechmeister. Eine wichtige Funktion des Handwerks war die Heranbildung des Nachwuchses. Die Aufnahme (das Aufdingen) der Jungen war an bestimmte Vorausset– zungen gebunden, v.a. die eheliche Geburt. Nach drei– jähriger Lehrzeit wurde der Junge vor dem gesamten Handwerk freigesprochen. Innerhalb der Knechte gab es hierarchische Unterschiede. Die höchsten Knechte einer Werkstatt waren der Hammerschmied , der Eß– meister und der Abrichter. Sie blieben meist recht be– ständig bei einem Meister. Ende des 17. Jahrhunderts war eine Steigerung der Zahl der Knechte durch die Einschränkungen beim Aufdingen von Lehrlingen nicht möglich , die Zahl der benötigten Arbeitskräfte aber stieg. Daher wurden zunehmend Buben aufgenommen, eine neue Schicht von Hilfskräften, die nicht dem System des Handwerks, der Zunft unterlagen, sondern in ei– nem privaten Verhältnis zum Meister standen . Der Auf– stieg vom Knecht zum Meister wurde durch die Be– schränkung der Meisterstellen immer schwieriger, viele Gesellen blieben lebenslang unselbständig. In die Mei– sterschaft rückten fast ausschließlich die Kinder von Meistern nach.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2