Die Österreichische Eisenstraße

• Das Härten erfolgte durch Erhitzen, Glätten und ein Bad in Rindstalg. Schließlich wurde noch der anhaf– tende Zunder entfernt. • Nach dem Härten wurde das Sensenblatt blank ge– schabt und dann über dem Feuer so lange bewegt, bis es eine dunkelblaue Anlaßfarbe zeigte - das Kennzeichen der österreichischen „blauen" Sensen. • Mit dem Handhammer wurden dem Rücken die rich– tige Wölbung verliehen , die Spitze etwas aufgerich– tet und die größten Unebenheiten des Blattes so lange ausgeschmiedet, bis eine gleichmäßige, ebe– ne gutgespannte Fläche entstand. Schließlich wur– de die Sense geschliffen, nochmals bearbeitet, ge– prüft, in Fässer verpackt und versendet. Insgesamt erforderte die Herstellung einer Sense etwa 21 verschiedene Arbeitsgänge, von denen drei bis vier fabriksmäßig mechanisierbar waren, während die übri– gen qualifizierte Handarbeit darstellten. Durch das Sy– stem der Arbeitsteilung waren jedoch auch größere Serien möglich. Im wesentlichen arbeiten die wenigen heute noch verbliebenen Sensenwerke (in Österreich sind es zwei) bei der Herstellung hochwertiger ge– schmiedeter Sensen nach denselben Prinzipien. Streit um Marken und Konzentrationsprozeß Beleg für die originale Herkunft und damit für die Qua– lität der Sensen waren die in die Sensen eingeschlage– nen Markenzeichen. Die große Bedeutung dieser Zei– chen für die Anerkennung und damit für den wirtschaft- 1 ichen Erfolg der oberösterreichischen Sensener– zeugung führte schon frühzeitig immer wieder zu Pro– blemen durch Mißbrauch und Fälschung der Marken. 40 Die höchste Anerkennung genossen bereits seit dem 17. Jahrhundert die Produkte der Kirchdorf-Micheldorfer Innung, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts - als Kirchdorf-Micheldorfer-Sensenwerks-Genossenschaft– ihre führende Rolle behaupten konnte. Vom 17. bis ge– gen Ende des 19. Jahrhunderts gehörten ihr 42 Sensen– werke an. 41 Während die übrige Kleineisenindustrie in der gesamten Region in der zweiten Hälfte des 19. Jahr– hunderts mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen hat– te, die sowohl mit dem Wachsen ausländischer Kon– kurrenz als auch mit der weltweiten Depression in Zu– sammenhang zu sehen ist, konnte die Sensenindustrie in dieser Zeit ihr Produktionsvolumen deutlich auswei– ten.42 Erreicht wurde dies vor allem durch eine Um– orientierung der Sensenindustrie in ihren Hauptabsatz– gebieten von West- nach Osteuropa. Dazu kam ein Strukturwandel hin zu Betrieben mit größerer Produkti- DIE RAHMENBEDINGUNGEN onskapazität, dem allerdings eine Reihe von Sensen– werken zum Opfer fiel. 1848 hatten in Ober-, Nieder– österreich, Steiermark, Tirol, Kärnten und Krain insge– samt 160 Sensen- und Sichelwerke bestanden, die etwa sechs Millionen Sensen, Sicheln und Strohmesser er– zeugten . 1889 gab es in Ober-, Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten noch 69 Betriebe, die 6,7 Mil– lionen Stück erzeugten. 43 In Oberösterreich gingen in dieser Zeit die meisten Sensenwerke außerhalb der Kirchdorf- Micheldorfer Sensenwerks-Genossenschaft, insbesondere diejenigen im Mühlviertel, zugrunde. Der Konzentrationsprozeß erfolgte weniger in Form des Entstehens zentraler Großbetriebe, vielmehr übernah– men einzelne Gewerken jeweils mehrere Werke. So besaß 1881 der Micheldorfer Franz Zeitlinger fünf Be– triebe, Gottfried Zeitlinger, ebenfalls aus Micheldorf, hatte vier Werke. Die beiden Exponenten der in den Neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzenden Veränderung hin zur zentralisierten Großindustrie stammten nicht aus den traditionellen Sensengewerke– Familien . In der Steiermark war es Karl Wittgenstein, der mehrere Sensenwerke mit ihren Marken aufkaufte und zwei große Produktionsstätten in Judenburg und Pöls neu errichten ließ. In Oberösterreich ließ Friedrich Blumauer in Scharnstein eine große Sensenfabrik bau– en, die 1890 eröffnet wurde. Sie wurde laufend ver– größert , bis sie 1914 eine Jahreskapaz ität von 1 ,2 Mio Sensen und fast 2 Mio Sicheln bei einem Beschäftigtenstand von 700 Personen erreichte. 44 Handel und Transport Eisen gehörte neben dem - allerdings viel bedeutende– ren - Salz zu jenen unentbehrlichen Gütern , die schon in vor- und frühgesch ichtlicher Zeit Gegenstand über– regionalen Handels waren. Schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gab es einen regen Handel mit steirischem Eisen sowohl nach Süden Richtung Ober– italien und Venedig als auch nach Norden Richtung Donau. 45 Gehandelt wurde in erster Linie mit Endpro– dukten, weniger mit Roheisen oder Halbfabrikaten. Wie beim Erzabbau und bei der Verarbeitung zu Halb- und Endprodukten gab es auch beim Handel eine Zwei– teilung. Die Absatzgebiete von Vordernberg lagen im Süden , die von Innerberg/Eisenerz im Norden. Steyr gegen Waidhofen Innerberg lieferte seine Erzeugnisse entlang der Enns nach Steyr und Enns und an der Ybbs nach Waidhofen und Aschach. Zwischen Steyr und Waidhofen gab es immer wieder Kämpfe wegen der Handelsprivilegien. 19

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