Steyrer Werksarbeiter, 36. Jg. September 1983, Nr. 4

Mit einer Forderung von 4,5 Prozent auf die Istlöhne (6,5 Prozent KV) geht das Verhandlungskomitee unserer Gewerkschaft in die Lohnrunde 1983. Das ist in jedem Fall zu wenig, zumal jetzt auch noch bekannt ist, welch gewaltige, unsoziale Belastungen die Regierung mit ihrem Maßnahmenpaket den Arbeiterhaushalten beschert! Eine gefährliche Weichenstellung Damit werden gefährliche volkswirtschaftliche Weichen gestellt, denn schließlich ist unser Lohn eine entscheidende Größe für die Gesamtwirtschaft und den Lebensstandard der arbeitenden Menschen. HALBROTE HIL FESTELLER Es ist unbestritten, daß die Einkommen der breiten Bevölkerungsschichten entscheidend sind für die Warenzirkulation. Die Unternehmer und Industriebosse samt ihren halbroten Hilfestellern in den Gewerkschaftsspitzen kennen natürlich diesen Zusammenhang genau, wollen uns aber trotzdem einreden, daß auf der Arbeiterseite ein Maßhalten erforderlich ist ! Die jüngsten Veröffentlichungen der Volkseinkommensrechnung des statistischen Zentralamtes bestätigen den genannten Herrschaften bisher einen vollen Erfolg ihrer Bemühungen: UMVERTEILUNG NACH OBEN Die exakten Zahlen besagen, daß im Krisenjahr 1982 die Unternehmer um 44 Milliarden Schilling (!) mehr Profite an Land ziehen konnten als ein Jahr zuvor. Im gleichen Zeitraum 1982 sank der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen um 2,4 Prozent. Die Umverteilung von unten nach oben findet also laufend statt und wird von den Unternehmern und den Gewerkschaftsspitzen gleichermaßen gutgeheissen. Dabei bedienen sie sieh im wesentlichen der gleichen Argumente. Sie behaupten ständig, die Mehrprofite seien erforderlich, um Investitionen tätigen und somit Arbeitsplätze sichern zu können. HIER IST DAS GELD Damit verbreiten die '‘Sozialpartner" natürlich vorsätzlich blanken Unsinn, um die Arbeiterschaft zu verwirren: Jeder Narr kann nachlesen, daß seit geraumer Zeit nur etwa rund die Hälfte der vorhandenen Kapitalmengen für Investitionen herangezogen wird. So konnten die Profitmacher allein letztes Jahr mehr als 60 Milliarden Schilling fast unversteuert über die Grenzen unseres Landes schaffen ! Es gibt also in Wahrheit nicht zu wenig Kapital, sondern eindeutig zu wenig Kaufkraft! Überfüllte Märkte - schwache Kaufkraft - geringe Investitionslust: das sind drei wesentliche Merkmale einer Überproduktionskrise. Die Unternehmer haben kein Interesse am Investieren, sie haben vielmehr davor— Angst, auf ihren Waren sitzenzubleiben. Es liegt also auf der Hand, daß man mit Lohnverzicht bzw. Konsumeinschränkungen keine Arbeitsplätze schaffen kann. Im Gegenteil: man gefährdet damit Arbeitsplätze. Die Maßhalteparolen der SPÖ sind daher schädlich und energisch zurückzuweisen. DIE SUPERSCHLAUEN Die geistig besonders hochstehenden Exemplare der halbroten Maßhalte- Apostel argumentieren gelegentlich mit der Wohlstands- und Übersättigungstheorie. Danach haben die Leute ja schon alles und wüßten nicht mehr, was sie noch kaufen sollten. Wozu daher mehr Kaufkraft ? Diese Leute scheinen ihre Skandal-Gehälter mit dem Einkommen eines Arbeiters oder kleinen Angestellten zu verwechseln. Man soll uns nicht für blöd verkaufen .. .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2