Steyrer Werksarbeiter, 36. Jg. März 1983, Nr. 1

LESERSTIMMEN Hausherren-Benehmen Di« Redaktion betont, daß die in den Leserbriefen vertretenen Meinungen und Formulierungen nicht in jedem Fall mit unseren Auffassungen übereinstimmen. Namen und Anschriften jedes Leserbrief schreiben Megen in der Redaktion auf. Die Redaktion behält sich auch eventuelle Kürzungen vor. Was tuan denn do schon do? Eine unangenehme Begebenheit ereignete sich am Beginn dieses Arbeitsjahres beim obligaten Neujahrsempfang. Die von Gen. Dir. Stellvertreter Julius Feichtinger in die Hauptkantine einberufene Veranstaltung, bei der das leitende Personal sowie die Betriebsratsobmänner anwesend waren, wurde zeitlich so angesetzt, daß die Arbeiter mehrere Minuten in den Zugängen warten mußten, weil im Kantinenraum noch getagt wurde. Daß so etwas passiert zeigt, wie es um ’ie Grundhaltung der Firmenleitung zu <en Bedürfnissen der arbeitenden Menschen bestellt ist. Das überrascht uns weiter nicht sonderlich. Daß die gebildeten Herren des Hauses es aber an gutem Benehmen fehlen lassen, überrascht selbst uns. Zu den Anstandsregeln von uns einfachen Menschen gehört es nämlich unter anderen), daß man im Falle eines Mißgeschickes gegenüber den betroffenen Mit- menschen sein Bedauern zum Ausdruck bringt, sich entschuldigt. Seit dem 10. Jänner wissen wir, daß dem nicht in jedem Fall so ist. Die Creme des Betriebes ließ keine Silbe in dieser Hinsicht fallen, ging einfach über die Tatsache hinweg, daß den Arbeitern die Kantine verschlossen blieb. Berücksich- \gt man dabei aber noch die Begabung er gleichen Herrschaften für tolerante Umgangsformen, bis hin zur Unterwürfigkeit und Bauchpinselei nach oben hin und untereinander, so wird einem erst richtig klar, wie der Hase läuft in die- svm Haus. Möglich, daß das Buckerl nach oben so anstrengend ist, sodaß für die einfachsten Selbstverständlichkeiten gegenüber dem “einfachen Volk“ keine Kraft mehr bleibt. Eine Spitzenleistung gelang einem Gottsobersten unseres Werkes auch bei dieser Gelegenheit. Beim Verlassen des Saales bemerkte er listig fragend: “Wos tuan denn dö schon do?” Unsere Antwort nachgereicht: Aufs Essen warten, weil diger Anreise- und meist irn Akkord, hungrig ist.“ K 1 man nach 6-7 stünArbeitszeit, und das als Normalbürger a r ? Muß das sein...? Seit einigen Wochen fällt unmittelbar westlich des Haupttores auf dem dortigen Parkplatz eine Absperrung auf, die laut Auskunft irgendwelchen Beschäftigten des Werkes zum Parken ihrer PKW vorbehalten ist. Das gibt Grund zur Annahme, daß auf diese Weise einigen Mitarbeitern der unbestrittene Vorteil gesichert werden soll, nicht auf den herumliegenden Parkplätzen umherirren zu müssen. Dafür gäbe es in der Belegschaft Verständnis, wenn die abgesperrten Parkplätze für Behinderte vorbehalten wären. Das ist jedoch nicht der Fall. Es sei denn, man faßt Vorteilssucht und soziale Überheblichkeit als Behinderung auf, was sie im weitesten Sinne auch ist. Aber so weit sind wir noch nicht. Manche Autofahrer stellen sich daher die Frage, wer man bei Steyr-Daimler- Puch denn eigentlich sein muß, um derartige Vorzüge genießen zu können. Oder dreht es sich um total erschöpfte Führungskräfte, die nach Arbeitsschluß die Entfernung zum sonstwo geparkten PKW nicht mehr schaffen? In diesem Fall würden die meisten Kollegen auch noch Verständnis aufbringen - insbesondere in der Faschingszeit. Sonst jedoch nicht. Denn der normale Hausverstand gibt einem ein, daß außerhalb der Werk störe jeder die gleichen Chancen haben soll, einen Parkplatz zu finden . Verschiedene Perspektiven

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