Steyrer Werksarbeiter, 32. Jg. September 1980, Nr. 6

Der große Raubzug Zeh Milliarden mehr an Tarifen und Gebühren und noch einmal soviel mehr an Lohnsteuer Stellt bereits das in der Regierungsklausur vom (politisch) „neugeborenen" Finanzminister präsentierte Belastungs- pakef einen gewaltigen finanziellen Tiefschlag gegen die Werktätigen dar, so würde dieser Raubzug beim Ausbleiben einer sozialen Steuerreform noch wesentlich verstärkt werden. Die Regierung plant, ihre Schröpfungspolitik auf zwei Fronten zu intensivieren: auf dein Preissektor durch beträchtliche Erhöhungen der Tarife und Gebühren und auf dem Lohnsektor durch das verschärfte Zuschlägen der Lohnsteuerprogression. In beiden Fällen rechnet der Finanzminister mit zusätzlichen Einnahmen (beziehungsweise Einsparungen an Ausgaben) von je zehn Milliarden Schilling, insgesamt also mit 20 Milliarden Schilling. Die Lohnsteuer hat bereits im ersten Halbjahr 1980 um drei Milliarden Schilling mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres eingebracht, im ganzen Jahr werden es vermutlich sieben oder mehr Milliarden zusätzlich sein. Ohne Steuerreform würde der Finanzministcr im nächsten Jahr infolge der inflationären Entwicklung um mindestens zehn Milliarden Schilling mehr als heuer an Lohnsteuer kassieren. Um so berechtigter ist die Forderung nach einer sozialen Reform der Lohnsteuer mit Anfang 1981. Hinzu kämen die Im Zuge des jüngsten Belastungskatalogs angepeilten Mehreinnahmen von vier Milliarden Schilling durch die Erhöhung der Bahn- und Posttarife, durch „Umschichtungen" im Bereich der Sozialversicherung eine Ersparnis von zwei Milliarden Schilling an Zuschüssen, ferner Mehreinnahmen vnn 600 Millionen Schilling durch höhere Stempelgebühren, weitere Ist das General-Motors-Projekt eine gewaltige Fehlinvestition? Das Autobarometer zeigt zusehends auch in Europa ein Tief an. Die Alarmzeichen in der BRD und in Italien sind nicht mehr zu übersehen. Produkttonseinschränkungen bei Opel und in den italienischen Fiat-Werken bedrohen zehntausende Arbeitsplätze. Die Autokrise, die sich in den USA bereits im Vorjahr deutlich abzeichnete, greift auf Europa über. Just in dieser brenzligen Situation subventionieren die Regierung und die Gemeinde Wien in Aspern ein neues GM-Werk. Milliarden Steuergelder für eine gigantische Fehlinvestition? 600 Millionen Schilling durch die Streichung des Zuschusses beim Prämiensparen, 800 Millionen Schilling durch eine höhere Besteuerung von Strom und Gas und je eine Milliarde Schilling durch eine neue ..Platzsteuer“ für Bankfilialen und Tankstellen. Letztere Abgabe soll zwar der Form nach von den Banken und öl firmen getragen werden, doch haben bereits gestern Sprecher der Ölmultis, der Banken und der Unternehmervertretungen eine Überwälzung dieser Steuern auf die Sparer und Konsumenten angekündigt. Die „Filialsteuer" soll durch höhere Kreditzinsen oder durch niedrigere Zinsen für Sparer wettgemacht werden, während die Tankstellensteuer „zwangsläufig zu höheren Preisen bei Benzin und Heizöl führen wird“, kündigte die Bundes- wirtschaftskaramer an. Die Überwälzung dieser Steuern auf die Sparer, Haushalte und Autofahrer zu verhindern, muß nun energisch von der Regierung verlangt werden. Die Ölfirmen und Banken drohten gestern auch mit der Schließung von Bankfilialen und Tankstellen, was, wie sie meinten, die Nahversorgung vor allem in ländlichen Gebieten beeinträchtigen würde. Die Autokonjunktur ist sichtbar im Abflauen, nicht zuletzt als Ergebnis sinkender Massenkaufkraft. Opel- Rüsselsheim rechnet heuer mit einer Verminderung der Autoproduktion um etwa 14 Prozent. Die Krise im Pkw-Bau soll zu einem Abbau von mehr als 7000 Beschäftigten führen, so daß in allen westdeutschen Opel- Betrieben nur noch 60.000 Leute arbeiten würden. In Italien streiken die Fiat-Arbeiter zum Protest gegen die angekündigte Entlassung von 15.000 Beschäftigten. In den USA hat Ford im Vorjahr 847.000 Autos weniger als 1978 verkauft. Obwohl in Europa noch uni 230.000 Einheiten mehr als 1978 abgesetzt wurden, mußte gegen Jahresende Ford-Westdeutschland 12.000 Arbeiter auf Kurzarbeit setzen. General Motors, das nun auf Kosten der österreichischen Steuerzahler bei Wien eine „verlängerte Werkbank“ ihrer Produktionsstätten in anderen Teilen Europas errichten will, hat bereits zur Jahresmitte seine Absicht bekundet, von den weltweit im Konzern beschäftigten 180.000 Arbeitern zehn Prozent oder 18.000 „wcgzurationalisieren“. Nur um in Österreich 2000 Leute beschäftigen zu können? Etwa Kreisky zuliebe? So naiv darf doch wohl niemand sein. Zwar hat sich General Motors bereit erklärt, das Risiko auf sich zu nehmen — allerdings auf Kosten anderer, auf unsere nämlich. Mit 2,5 Milliarden Schilling direkten Subventionen und etwa noch einmal so viel an Förderungsmitteln ist der US-Multi bereit, hier anzufangen. Doch auch das nur unter der Bedingung, daß der Staat Österreich alle erforderlichen Arbeitskräfte inklusive der Lehrlinge quasi franko Haus, kostenlos ausgebildet, unter Garantie liefert. Mit so gut wie keiner Gegengarantie, das Werk und die Arbeitsplätze auf Dauer zu erhalten. Was daher angesichts der Schwierigkeiten des gleichen Konzerns in seinem Mutterland und nun auch in Europa droht, ist eine gewaltige Fehlinvestition, die nicht GM, sondern wir, die österreichischen Steuerzahler, zu berappen hätten. Milliarden, die — siehe jüngstes Belastungspaket der Regierung — zur Sanierung des Bundesbudgets dringend gebraucht würden. Doch da wollen sich Androsch und Kreisky bei der Masse der Bevölkerung durch Tariferhöhungen, höhere Steuern auf Strom und Gas und bei der Lohnsteuer schadlos halten. Eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die zu energischem Widerstand herausfordert.

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