Steyrer Werksarbeiter, 32. Jg. März 1980, Nr. 2

UNSERE ZUKUNFT, die Zukunft Österreichs, kann nur durch Fortsetzung der Entspannungspolitik und durch Ausbau der friedlichen Zusammenarbeit der Staaten Europas gesichert werden. Beunruhigung und Sorge haben daher die Weltnachrichten der letzten Wochen bei uns ausgelöst. Angesichts der zunehmenden Schärfe der weltpolitischen Konfrontationen und eines Wiederauflebens der Atmosphäre des Kalten Krieges hat sich wohl jeder von uns gefragt: Ist die Politik der Entspannung gescheitert? Wird der Friede erhalten bleiben? Die Gefahr, die jetzt deutlich wird, ist nicht erst in diesen Wochen entstanden. Schon seit zwei Jahren unternehmen die Gegner der Entspannung und Verständigung, die insbesondere in den USA starken Einfluß ausüben, aktive Vorstöße. Ein Langzeitrüstungsprogramm der NATO wurde bereits im Mai 1978 beschlossen, wodurch alle Mitgliedstaaten zu laufender, alljährlicher Rüstungssteigerung verpflichtet werden, ohne Rücksicht auf ein Zustandekommen internationaler Vereinbarungen für Rüstungsstopp und Abrüstung. Der Abschluß des SALT-II-Vertrages zwischen den USA und der Sowjetunion, der von entscheidender Bedeutung für die Zügelung des Wettrüstens sein kann, wurde von den Gegnern der Entspannung immer wieder verzögert. Nach der Unterzeichnung des Vertrages im Juni 1979 in Wien setzten die Angriffe verstärkt ein — sowohl durch eine Kampagne gegen die Ratifizierung im Senat der USA, wie durch das Drängen auf neue Aufrüstungsmaßnahmen, die den Vertrag entwerten und eine neue Rüstungswelle auslösen werden. 600 neue amerikanische Atomraketen, sogenannte Mittelstreckenraketen, sollen in den nächsten Jahren in den europäischen NATO- Ländern, darunter auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, stationiert werden. Das wurde auf der NATO-Tagung im Dezember 1979 beschlossen. Dadurch würden die USA zum erstenmal in der Lage sein, alle Hauptstädte Osteuropas von europäischem Boden aus mit Atomraketen zu beschießen. Durch die Stationierung dieser Waffen würde es zu einer Aufhebung des militärischen Gleichgewichtes kommen, das derzeit besteht und das durch SALT-II und eine Weiterführung der Verhandlungen, mit dem Ziel umfassendererVereinbarungen, stabilisiert werden könnte. Zu einer Verschärfung der Weltlage tragen weitere militärische und politische Maßnahmen bei: die US-Flottenkonzentration im Persischen Golf und Indischen Ozean, die Aufstellung von „Eingreiftruppen“, die Vorbereitungen für die Schaffung neuer Militärstützpunkte im Nahen und Mittleren Osten, die Einstellung von Getreidelieferungen und der Aufruf zum Boykott der Olympischen Spiele. Jedes politische Ereignis in der Welt, vor allem die Ereignisse in Afghanistan, werden als Vorwand für die Steigerung der Aufrüstung und das Abgehen von der Entspannung genommen. Eine solche Rückkehr zur Politik der Stärke, die die Ereignisse in der Welt durch Mittel der Gewalt bestimmen will, birgt große Gefahren für alle Völker in sich. Mehr Sicherheit kann sie für niemanden bringen, denn sie führt zur Schaffung entsprechender Abwehrmittel auf der Gegenseite und steigert damit das Wettrüsten und gefährdet den Frieden.

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