Steyrer Werksarbeiter, 31. Jg. November 1979, Nr. 6

Semperit darf nicht Schule machen Den Anfängen wehren! Vier Tage im Jahr müssen die 8500 Beschäftigten des Semperit-Konzerns kostenlos arbeiten, um für das heruntergewirtschaftete Unternehmen ein Opfer zu bringen. Und das Beispiel macht auch schon Schule. Auch anderswo, etwa in Betrieben in Kärnten oder in Oberösterreich, verlangt man bereits von der Belegschaft Gratisarbeit. Unternehmer versagen — Arbeiter tragen die Folgen Schuld an der Lage der Semperit haben nicht die Arbeiter und Angestellten, aus denen das Letzte herausgeholt wird, sondern schwere Fehler des Managements. Der frühere Generaldirektor Bult hat zwar den Hut nehmen müssen, aber während dieser, als Schwiegersohn eines Schweizer Millionärs, natürlich nicht auf Bezüge und Abfertigung in der Höhe von angeblich rund 20 Millionen Schilling verzichtete, wird nun ungefähr derselbe Betrag den Semperitlern vom Lohn oder Gehalt abgezogen. Ein „freiwilliges und spontanes“ Opfer Weil der neue Generaldirektor Leibenfrost überhaupt alle Sozialleistungen streichen wollte und sogar die bescheidene vierprozentige kollektivvertragliche Ist-Lohn-Erhöhung verweigerte, kamen führende SP-Gewerkschafter selbst auf die „Idee“, der Belegschaft ein „freiwilliges Opfer“ abzuverlangen. Bei Ablehnung drohe der Konkurs, der Verlust von 8500 Arbeitsplätzen, wurde argumentiert. Trotzdem entschied sich ein Drittel der Semperitler in einer Urabstimmung gegen die Gratisarbeit. Aber wer daraufhin seine persönliche Zustimmung zur Gratisarbeit mit seiner Unterschrift verweigerte, wurde mit der Kündigung bedroht. Bestimmte SP-Spitzengewerkschafter machen die Mauer Unter Mißachtung des Gesetzes werden jedem einzelnen vier Tage vom Lohn abgezogen, ob er sich damit einverstanden erklärt hat oder nicht. Bestimmte SP-Spitzengewerkschafter decken dieses Vorgehen und wollen zum Teil nicht einmal Rechtsschutz gewähren. Vor allem der Traiskirchner Betriebsratsobmann verteidigt in Interviews die Kündigungen und erklärte öffentlich, wem das nicht passe, den führe er selbst zum Werktor. Solidarität und Kampf gegen Beispielfolgen KPÖ und Gewerkschaftlicher Linksblock haben im Vorstand und am OGB-Kongreß die Gefährlichkeit dieses Vorgehens aufgezeigt. Bis tief in die Reihen der SPÖ hinein ist die Besorgnis zu finden, daß dieses Beispiel Schule machen könnte, ist man empört über das Verhalten von Spitzenfunktionären. Jungsozialisten wie Katholische Arbeiterjugend protestierten gemeinsam, auch der ÖGB-Jugendkongreß forderte den ÖGB auf, entschieden gegen jede Gratisarbeit aufzutreten. SOLIDARITÄT IST NICHT NUR DER NAME EINER ZEITUNG. SIE KANN VERHINDERN HELFEN, DASS SOLCH EIN LOHNRAUB SELBST DIE UNTERSTÜTZUNG DER GEWERKSCHAFTSSPITZE FINDET! Kommunistische Partei Gewerkschaftlicher Österreichs (KPÖ) Linksblock (GLB)

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