Steyrer Werksarbeiter -------------<-•=----------------------------------------- BITTEILUNGSBLATT der LISTE der GEWERKSCHAFTLICHEN EINHEIT der STEYRWERKE 23.Jahrgang Dezember 1970 Zentralvorstand billigt Lohnabschluß Kritische Stellung!l~hme der Gewerkschaftlichen Einheit Der Zentralvorstand der Gewerkschaft der Metall- und Bergarbeiter behandelte Freitag den Vertragsabschluß für diese Beschäftigtengruppe, der bekan.ntlich eine achtprozentige Erhöhung der Ist-löhne und eine Aufstockung der Mindes.tgehälter um durchschnittlich 13 Prozent sowie eine gewisse Verbesserung bei der Abfertigung bringt. Die Sprecher der Gewerkschaftlichen Einheit Zickler, Mascher und Fleischer, stellte~ · dazu fest, daß dies zwar der bisher nominell höchste Abschluß ist, daß er aber angesichts der ebenfalls bisher höchsten Teuerung und der geradezu Rekordausmaße annehmenden Produktivitätssteigerung trotidem unzureichend ist. Durch eine Einschaltung der Arbeiterschaft in den Lohnkampf .wäre mehr erreichbar gewesen. Darauf weist nicht zuletzt die Stellungnahme des Unternehmerblattes „Die Presse" hin, die von einem Aufatmen der industriellen spricht. · Besonders. die Löhne in den unteren Kategorien wurden nicht genügend berücksichtigt. Auch hinsichtlich des sozialpolitischen Programms blieb der Abschluß weit hinter den Forderungen der Gewerkschaft und auch hinter den gegebenen Mögllchkeiten zurück. Bei. dem für die Arbeiter äußerst wichtigen Problem der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurde überhaupt nichts erreicht, und auch die Ergebnisse bei der Abfertigung sind bescheiden. Kein Lohnstopp! Insbesondere, so stellten die Sprecher der GE weiter fest, müssen die sozialpolitischen Forderungen ständig auf der Tagesordnung bleiben. Es geht dabei um die Beseitigung der Rechtsungleichheit zwischen Arbeitern und Angestellten. Eine weitere Kritik richtete s·ich gege11 die lange Laufdauer des Vertrages, die mit Mai 1972 befristet ist. Der Zentralvorstand, so ve rlangte die GE, sollte dazu ausdrC,cklich erklären, daß es sich hier um keinen Lohn.stopp handelt und daß diese Laufzeit nich t als endgültig fixierter Zeitpunkt - unabhängig von der Entwicklung der Wirts.chaft, der Produktivität und vor allem der Preise - betrach~t wird. · Darüber hinaus verlangten die Vertreter der GE, daß künftig Verhandlungsergebnisse vor der endgültigen Zustim• mung In Betriebsräte- und Funktionärskonferenzen beraten werden. Erregung um PolitikerbezUge Erregt und aufgebracht ist seit Tagen ein Teil der Steyrer Gemein'derite, da man ,,zufällig" erfahren hatte, daß sich die SPÖ· und ÖVP-Mitglieder des Steyrei' Stadtsenats in aller Stille, einhellig und. rückwirkend ab 1. November 1970 ihre Politikerbezüge um Beträge zwischen 2000 und 4000 Schilling pro Monat hinaufgesetzt haben. Diese Beträge werden völlig lohnsteuerfrei und 14mal im Jahr ausbezahlt. Ohne den ·Gemeinderat zu befragen, wurden die Bezüge des Bürgermeisters von bisher 20.600 auf 24.000 Schiiling, d.ie der beiden Vizebürgermeister von 73()0 auf 1(),000_ beziehungsweise 9500 Schilling und die Bezüge der übrigen Stadttäte von bisher 2885 auf rund 5000 ~chilling erhöht. Der ·kommunistische Vertreter im Gemeinder.;it der f0agistratsstadt Steyr hat sich bereits im Frühjahr. 1969 gegen die damals beschlossene Erhöhung der Auiwandsentschädigung ausgesprochen. Die letzte Erhöh11ng war genau..zu jenem Zeitpunkt durchgeführt worden, als der Steyr~r Gemei.nderat mit Mehrheits• beschluß ~ . ge~en die Stimme des kommunistisdien ··· Gemeinderats Gust! Moser - die Erhöhung verschiedener Gemeindetarife, darun!~r die Verteuerung der Autobusgebühren, besch'!ossen hatte. Bürgermeister Fellinger (SPÖ) gab zu, daß d ie in der Öffentlichkeit l:)ekanntgewordenen „Beträge stimmen' ', doch habe es sich, wie er sagte, um ke ine Erhöhu ng der Au fwandsentsc hädigungen gehan• de!t, sondern lediglich „um eine Pauschalierung von Reiserechnungen, d ie jedem zus teht, auch den Funktionären" . Wie d em auch sei: die Mitg lieder des Steyrer Stadt,enats - in ihrer Mehrheit Mandatare d2r SPÖ - haben mit d iesem Schritt wieder einmal bewiesen, daß sie zunächst einmal auf ihre eigene Tasche schauen. Und dari it ·niemand ·etwas erfahren soll, haben sie - getreu der Kreiskyschen „Transparenz" - alles und in voller SPÖ-OVP-Eintracht im stillen Kämmerlein ausgehandelt. Nummer Unternel11ner klatschen Bei_fall 7 In einer „kritischen" Betrachtung über die abgeschlossene i_oh n - runde der lvtetall- und Bergdrhe ;- fc r teilt rfas Unternehnwrorg m „ rre.s.se" mit. daß dieser Ah_schluls .. in de r Industrie ein Au ialmen " hervorrief . Une/ cler Gruncl ciaz u1 Damit se i „die schwer., le Hii r rle in der laufenden Lohnrunde ohn e viel Lärm und ohne Krach" .r,(! - nonimen worden. Die fl.felJllba.,,e sind also durchaus zufrieden mit diesen im stillen Käm111e,ilein geführ ten Lohnverhandlungen, hci denen die .Sozia lpadm•r" einancler triecllich gegenüber~t1!3en . Denn, meint die Zeitun .q, .. Soz ;alkärnpfe ~vie in der BRD' ' ;;.i ncl uns erspnt geblieben. All erdin ::;.s hilben die Soz ialkämpfe i11 V\ic<tdf'utschland den M eta lla rbeitern auch bessere Resultate gebrach!. Die Ist -Löhne wurden z'<':ischen 70 und -i3 Prozent, die KV- Lö lv;e clurchschn iltlich um 20 Prozen t erhöht. Da, nimmt sich doch er.- 1vas anders aus als die achtp ro - zentige lsl-1.ohn- und die ·1 lomzenli ,~e KV-l.ol1n-Erhöhung · · 1n ().,terreich. ' Dabe) stellt das Untl?rnchmerb ia tt iest. daß die ach t Pro zent durchaus· nicht zu viel sind und bezeichnet sie „als gerechle Ce• genleistung an die Arbeiinc'hmer''. clie sich aus Inflationsverlust und ProduktivitätssteigeYun,:: ergiht. A llerdings stimmt die Rechnung nicht , denn die sieben Pmzont Teuerung und die rund n Prozent Produktivitätssteigerun.g ,eit M i tte -1969, das · war die Laufzeit des letzten Abkommens , hä lten e ine bedeutend höhere l,t-1.ohn - Erhöhung gerechtfertigt. Um ;o mehr, als bereits fünf Prozent Teuerung für das nächste Jahr angekündigt sind. · Und was ist die tiefe re Ursache d ieses friedlichen Bei,amme11sei 115? ,,Daß die Gewerkschaiten bei .diesen acht Prozent geblieb,,•n sind . . ,, spricht für d en Pfäs idente n des 0GB, der j a bei den M,0 - tallarbeitern auf Arbeitnehrnersei ce Wortführer wa r", schreibt die .. Presse" . Damit habe Benva „einma l mehr bew iesen, claG er ern Faktor der Stabilität" sei. Mit anderen Worten : cla, Haupiblau der Unternehmer i,t zuf rieden , zuf rieden mit c!ern Lohnabschlul.s und zufriPden ;.- ,, c/0111 Präsidenten des Ce tVPr,;- schaltsb unde,.
N EUES HE IM FÜR UNSERE JUGOSLAWISCHEN KOL LEGEN G eneraldirektor D ipl. Ing. R A B U S eröffnete am I. Dezember in Anw esenheit des jugos lawischen Botschafters MIT JA VOSN JAK und der zuständigen Behörden e in neues Gastarbeiterheim. Die zwei Wohnhä user mit 96 Garconnieren w urden in einer Bauzeit von nur drei :Monaten, im Werksgelände an der Einfahrbahn, mit einem Gesamtkostenaufwand von vier Millionen Schilling errichtet. Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns Herrn Dipl. Ing. Rabus sowie die gesamte Werksleitung zu erinnern, daß es im Stadtgebiet Steyr ·nur mehr eine ELENDSWÖHNBARACKE gibt, die den Steyr -Werken .gehört und von Werksarbeitern bewohnt wird. Für diese B ehausungen ohne Waschgelegenheit, zum Teil ohne sanitären Einrichtungen, kassieren die reichen S teyr-Werke monatliche Mietzinse in der Höhe von über dreihundert Schilling. Steyr-Werke beginnen Wohnprojekt Ennsleite soll neues Gesicht bekommen - Allerdings auch saftige Zinse Die Steyr-Werke·werden in sechs Etappen die völlig veralteten Blockhäuser auf der Enns:eite abbrechen und an ihre Stelle 554 Wohneinheiten errichten. Beim ersten Bauabschnitt in der Schillerstraße fand nun die Dachgleiche statt, wobei hier, · zunächst auf uriverbautem. Gebiet, 40 Wohnungen entstehen. In die neuen Gebäude sollen Bewohner eines Blockhausviertels übersiedeln, das dann abgerissen und dem nächsten Abschnitt P!atz machen wird. Am Scheitelpunkt des Arbeiterberges soll ein Hochhaus mit 16 Geschos~en, als höchstes Wohngebäude der •Stadt. errichtet werden, Alle rdings werden auch die Mietzinse in den neuen Wohnungen für Steyrer Verhältnisse sehr saftig sein. Schon im Abschnitt A werden für eine Wohnung von 79 Quadratmetern monatlich 1254 S bezahlt werden müssen, wozu noch 28.000 S an Bau• kostenzuschuß beziehungsweise ·als Darlehen, das natürlich zurückerstattet wer• den muß, zu zahlen sind, Da die Durchführung des gesamten Wohnbau• projekts längere Zeit in Anspruch nehmen wird, liegt es auf der Hand, daß Aufwendungen für · die Wohnungen in Zukunft noch höher sein werden. oe·m Wohnbauprojekt der SteyrWerke liegt offenkundig das Bestreben zugrunde, Arbeiter und Angestellte fest an den Betrieb zu binden, denn wenn ein Bediensteter hohe Eigenmittel in eine Wohnung investieren mußte, dann wird er es sich reiflich überlegen, abzuwandern, wie es gegenwärtig recht häufig geschieht. Das große Wohnbauprojekt wird für die Wohnungsnot in Steyr zweifellos eine spürbare Linderung bringen. Die Bevölkerung meint. allerdings, es wäre besser gewesen, wenn die Stadt und ihre Wohnungsgenossenschaft diese Woh• nungen hätten bauen können, weil dann die Mieten doch et:was niedriger gewesen wären. Nichts dem Finanzamt schenken! Verschiedene Ausgaben, die im laufe des Jahres getätigt wurden, können von .der Lohnsteuer abgesetzt werden. Dies muß allerdings innerhalb des gleichen Jahres geschehen. Es müssen daher die entsprechenden Anträge, gemeinsam mit der lohn• steuerkarte spätestens mit Poststempel vom 31. Dezember an das zuständige Finanzamt abgesendet werden. Wer sich der Post bedient, erspart sich langes Anstellen beim Finanzamt. Im folgenden geben wir eine Ober• sicht über jene Ausgaben, die als Steuerfreibetrag geltend gemacht werden können. Die Antragsformulare sind beim' finanzamt . erhältlich. • Freibeträge für Opfer der colitischen oder rassi schen Verfolgung sowie für Körperbehinderte, ·Ledige, bei erster Hausstandsneugründung 2500 Schi lling jährli ch auf fünf Jahre und Verheiratete 12.000 S jährlich ebenfalls auf fünf Jahre: An Stelle des Jahresbeitrages kann auch im erston Jahr der fünffache Jahresbetrag geltend gemacht · werden, wenn der Nachweis der getätigten Ausgaben in entsprechender Höhe erbracht wird. • Außergewöhnliche Belastungen, wie Unterhaltsleistung an t;lie geschiedene Gattin, Krankheitskosten, wenn die Kran kenkasse nicht alles bezahlt (teure fvl edikarnente, Zahnersatz, Operation) sowie notwendige ärztlich bestätigte Kuraufenthalte in bestimmten Fällen. Katastrophenschäden und deren Beseitigung. Hilfe für mittellose Angehörige. Begräbniskosten, w·enn man aus e igenen Mitteln dafür aufkommen muß. Kosten für auswärtiges Studium des Kindes__ sowie für Heiratsausstattung, die Eltern für ihre Kinder beisteuern. Bei ,,außergewöhnlichen Belastungen" gibt es eine sogenannte - nach Einkommenshöhe bemessene - .,zumutbare Mehrbelastung", nur was darüber hinausgeht, i~t absetzbar. ·• ,,Sonderausgaben" in der Höhe von 3276 S jährlich sind bereits in der Lohnsteuertabelle berücksichtigt. Darüber hinausgehende Beträge sind eben-falls absetzbar, wie Schuldzinsen, Versicherungsprämien (Kranken- oder Lebensversicherung) und Haftpflichtversicherung. Steuerbegünstigt ist ferner das Bausparen, die Anschaffung •,on Wohnraum (Beiträge an gemeinnützige Bau- und Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen}. Der Bau von Eigenheimen (Wohnfläche bis 150 Quadratmeter und pro Kind weitere zehn Quadratmeter) und Eigentumswohnungen (Wohnfläche bis 130 Quadratmeter und pro Kind weitere zehn Quadratmeter) - sowie Rückzahlungen von Darlehen für Wohnraumbeschaffung. ber absetzbare Höchstbetrag fü r diese Sonderausgaben beträgt insgesamt 7000 für sich selbst, 7000 S für die Gattin sowie zusätzlich je 3000 S für die Kinder jährlich. Ist man älter als 50 Jahre, gibt es einen zusätzlichen Altershöchstbetrag von wieder 7000 S. • Werbekosten sind ebenfalls bis 3276 S jährlich pauschaliert und bereits in der Lohnsteuertabelle berücksichtigt . Nur w~ darüber : liegt, kann als Steuerfreibetrag eingetragen werden. Als Werbungskosten (die Aus-Raben des Arbeitnehmers zur Erwerbung, Sicheru ng und Erhaltung seiner Einnahmen) können unter anderem abgesetzt werden, Arbeitsmittel oder Fahrtausgaben zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Et genügt vorerst, den Anspruch geltend zu machen. Die erforderlichen Unterlagen können notfalls auch im nächsten fahr beigebracht werden. Also: Nichts dem Finanzamt •e~nkent
Die kapitalistische Preisoffensive Die galoppierende Teuerung ist eine der markantesten Formen kap.italistischer Ausbeutung cler brei1 ten Massen. Die ÖVI' finde! starke Worte gegen die Teuerung. übe, die T eufi'rung zur Zell, in der sie selbst regierte, schweigl sie sich freilich aus. Aber auch jetzt werden laufend von den Vertretern der Bundeswirtschaftskammer von den Machern und Oberma~hern der Industrie und des Großhandels, von den Mana- ' 'em der großen ~atktbcherr- ~chenden Monopoliirmen und Konzerne Anträge auf Preiserhöhungen in der Paritätisd ,en Ko~- mission eingebracht. Man hat n:e gehö rt oder ge_lesen, daß _solche Leu te wie Sallmger, Mussrl ; Koren ;sw., sich ie den Preiswiinschen di,r Industrie, des Großhandi,ls und der Großagrarier entgegen~estellt hätte~. 1 Die ÖVP sch reit zwa r über d!e 1 Teue rung, Wrdert sie aber, wo sie 1 k,rnn . Fordert man wirksamere g~- 1 setr.li d1c Maf~nahmcn gegen d,e ! Preisl reibe r, so wird von der ÖVP i sofor t das Gespenst des „Di rigis-· mus" heraufbeschworen. Die Teuerung wird also von rler OVP g,1m: oifen als Druckmitte l gegen die Arbe iterscha ft benützt. um die Er trägnisse de r l e istu ngs~teige1 rnn.i. aus~chließlich den Unterneh~ern in Form höherer Preise zu sichern. Die derzeit ige Teue rungswelle '1 komm t nicht von ungefä hr, sie hat rieben ökonomischi,n auch weit-gesteck te politische Ziel e . Sie soll dazu dienen, die Wähler wied e r in die Arme der ÖVP zu ireiben und die öVP wied(>r ,m, Ruder zu bri11gen. Um so schwerer wiegt die Tiltsache, daK die SPÖ-Regierung gey, en die Teuerung passiv ist, daß sie keine wirksamen_ Maßnahmen ett~reift, wod.urch sie die Pl'eisdemagogie der ÖVP erst ermög-• licht . Wir üben schärfste Kritik an d~r · Haltung der SPÖ-Verlrele: in der Paritätischen Kommission, die jetzt unter dem Vorsitz von SPOKanz ler Kreisky ebenso den Preiscirhöhungsanträgen · von Industrie, Handel und Großagrarier zustimmen, w ie früher unter dem Vorslti: des ÖVP-Kanzlers Klaus. Uiet ze:gen sich die Grenzen einer ganz auf Sozi.ilpartnerschaft ausgerichteten Pol itik, die vor jede':1 Eingriff in das System der kap,- lalistische n Prolitwirtschaft zurückscheut und dadurch die In- • teressen der arbeitenden · Men- ~chen preisgibt. Man kann eben nicht die Teuerung bekämpien, ohne die Allm.J.cht dt>cs Gmm«1pildis e in zusch ränken . Eingeständnis des ÖGB-Benya Betriebsrtitekonferen:z: des Steyr•Daimler-Puch•Konzerns ÖGB-Präsident mußte zugeben: LÖHNE und GEHÄLTE R in Österreich weit zurück Betriebsrat MASCHER sprach aus, was hundert schweigende BP-Betriebsräte dachten Die österreichischen Arbeiter und Ang.;stellten leisten dasselbe wie ihre Kollegen in Schweden, Deutschland und England. Sie bekommen aber für ihre Leistungen um ein fünftel bis ein Drittel weniger benhlt. Dies . stellte ÖGB-Präsident Anton Benya dieser Tage - w ie berichtet - a ut einer Betriebsräte kon ferenz des Steyr• Da imler-Puch-Konzerns fest, an de r rund hunder t Betriebsrä te tei lnahmen. Zu dieser Offenhei t war der Gewerkschaftspräsident durch den Diskussionsbeitrag des Betriebsrates Gustl Mascher (Gewerkschaftl iche Einhe it) gezwungen worden, der si ch aus dem Kreis der hundert Betriebs räte al s einziger zu Wort meldete und auf. d ie eingangs gehaltene äußerst zwiespältige Rede Benyas Bez ug nahm. Der ◊GB-Präsident hatte · davon gesprochen, daß die kommende Lohnerhöhung der Metalla rbeiter sowohl die Preiserhöhungen kompensieren als auch die Produkti vitätssteigerung abgelten so llte. In der heut igen Zeit müßten jedoch .die Unternehmer .Lohnforder.ungen und · die Arbeiter Preissteigerungen hinnehmen , me inte ßenya und w iederholte damit seine lä.ngst beka nnte These, daß .,Preise und Löhne sich w~ iter hin bewegen" werden. Die von der KPÖ verlangte ls t-LohnErhöhung um 15 Prozent lehnte Benya mit dem Schlagwort, man müsse „iealisiisch b leiben", ab und ließ dmchb!icken, dar~ e, be,ei ts mit einer 7,Spro• zenti gen Ist-Lohn-Erhöhung „zufrieden" sei . Als einziger Di skuss ionsredner war Betriebsrat Mascher auf die äußerst beden -!d ichen Ausführungen cles ÖGB· Präsidenten eingegangen, wobei er sich gegen die Anschuldigung, die Kommu- . n isten würden „Forderungen lizitie ren", Allen unseren Lesern Jrolie U_,_Jeilinachlen und ein Prosil //?euj altr ~~~;cJ~1i~li~?~»~~! verwahrte und dem Gewerkschaftspräs identen eine trockene Rechnung vorlegte: 0 Seit der letzten Lohnerhöhung der Metallarbeiter sind anderthalb Jahre vergangen und es ist ·anzunehmen, ·daß nach dem jetzigen Lohnabschluß aber-· nials 18 Monate vergehen .werden. Die Jahre 1970 und 1971 werden,· wie bereits angekündigt wird, zusammengenommen . eine ·Erhöhung der lebensh~ltungskosten von mindestens , neun ·Pro• zent bringen, von den Preissteigerungen in der ersten Hälfte des Jahres 1971 gar nicht zu reden. . Betdebsrat Mascher fragte; wo bei e iner solchen lo,hnpol!tik die Abgeltung Hir die ProchikfivitätsstefgetLlng bleibe, von der OGB-Präsident Benya gespro• chen habe, der sogar eine „Real!ohnsteigerung" von drei bis vier Prozent in Aussicht stellte. Bei unseren Europapreisen und dem europäischen Leistungsniveau müsse .man fragen, wo eigentlich die Europalöhne bleiben. . Beze ichnenderweise hatten . ·die übri• gen Betriebsräte (obwohl Betriebsrat Mascher aussprach, was sie alle denken) auf dieser wichtigen Konferenz nichts, aber schon gar nichts zu sagen. Solidarität mit Angela Davis Aus allen Teilen der Welt kommen Proteste von Organi~ationen und Ein.zelpe;·sonen gegen den geplanten Justi:zmo rd a n der schwarzen Kornrnunistin und Bürgerrt>chtskämpferin Angela Davis. .. .Sie wi rd. nai;h _wie vor im Frauen• gifängn/s in New York ~ity f~51g~h_alten, ·und es besteht ·große Gefahr/ daß sie nach Kalifornien ausgeliefert wird, wo sie unter Mordanklage steht. Alle fortschrittlichen Organis.itlonen und Einzelpersonen müssen ihre Stimme laut werden lassen, um den Kampf für die Befreiung von Angela Davis zu unterstützen. Proteste sind zu richten an: Gouverneur Nelson Rockefeller, hecutive Mansions, Albany, New York. USA. Unterstützungsbriefe an folgende Adresse: United National Committee to fre e Angela 0 .ivis 29 West 15th Street, New York, USA. ~ersönliche Grüße an Anr,ela direkt : Professor Angela Davi s, Women's House of Detention, Greenwich Avenue, New York City, USA. E i9entümsr, Herausgeber, Verleger und Druck! Fraktion der Gew. Ctto Treml. Inhaitv, : Otto Treml. Seide Steyr, Johannesgasse i6 Einheit , 4400
Nidds glfUUJ(IA! }(eüe:lirl kre11! --- ~ . Eine nützliche Zeitung . . . Die wahre Demokroiie war es ,nicht Die Diskussion, die von der Gewerkschaftsjugend im Saal der Stic_kstoflwerke mit Finanzminis ter Androsch, Dr. Withalm und Abgeordnetem Peter durchgeführt wurde, hat sicherlich vom lebendigen Geist junger Menschen Zeugnis abgelegt. Trotzdem gab es einige Begleiterscheinungen, die de_r Beobachter der Fernsehsendung nicht erfahren konnte. Der Vorwurf der Manipulation kann den Veranstaltern nicht ganz erspart werden: von 1000 Eintritt.~- karten erhielt beispielsweise die Kommunistische Jugend Österreichs nur 20 Karten und die Teilnehmer der KJÖ wurden in der 37. und 1 38. Reihe placiert. * Bei der Einleitung wurde bewußt darwf Nvergessenn, die Ve;dienste der KPÖ um die Gründung eines einheitlichen Gewerkschaftsbunde, im Jahre 1945 zu erwähnen. * Der Sprecher der Gewerkschaftsjugend meinte, es sei aus rein ,,technischen GründenN geschehen, daß nur 100 Diskussionskar ten au; - gegeben wurden, so daß also nur die vordersten Reihen die Chance hatten, zu Wort zu kommen. Ganz abgesehen davon , daß für die K/0 nur zwei Sprechkarten zur Verfügung standen, mußte auch Fernsehdirekior Zilk feststellen, daß ,technische Gründe" für diese Verfahrensweise riicht geltend gemacht we.rden können, sondern daß die Organisienmg einzig und allein in den 1-/änden der Veranstalter lag. * Es wurde allgemein bemängelt, daß die brennendsten Fragen, wie etwa die Steuerprobleme wausgeklammert" wurden . Die Kommunistische Jugend korrigierte mit einer eigenen Idee diesPn Mangel. Nacl1dem -die Fernsehaufnahme zu EndP. war, · verteilten kommunistische Jugendliche eine Broschüre mit Vo,. schlägen der KPÖ für. eine Steller· reform. Ein Mitglied det l</Ö betrat auch das Podium und übergab Finanzminister Andmsch, 0\IP-Ohmann Withalm und FPÖ-Abgeordnetem Peter diese Broschüre , und empfahl sie ihnen wm gründlichen Studium.- Am Beispiel Ztlk ,,Sind die Österreicher ri ·J/i tisch naiv?" h'::ß eine Fernsehdiskussion, bei der r\ ndrosch, Withalm und Peter dem werten Publikum natürlich das Gegenteil bescheinigten. Naiv sei niemand. E, iehle höchstens ein bisser/ an Informationen und an Demokratisierung. Also ermutigt, stellte ein junger Mi?nn aus dem Publikum die Frage, warum eigentlich nicht Vertreter al ler Ö5,erreichischen Parteien - also auch der Kommunisten - zur Diskus sion eingeladen wurden. Doch da kam er bei Fernsehdirektor Zi lk schön an : ,,Nur die im Parlament vertretenen Parteien ... (Aha 1) Wir haben Sie reden lassen, obwohl wir genau wußten, woher Sie kommen .. . (Wie großziigig!) In Briinn können Si"! das nicht sagen .. ." (Warum eigentlich nicht?) Wumms, und der Ton ;var abgedreht. Womit auch dem politisch naivsten 'Österreicher klar1semacht war, wie weit die Demol<ratie in Österreich und insbesondere beim ORF geht. Der Abend war also nicht ganz verloren. PS. : Die Reaktion Dr. Zi/ks auf Komnwnis ten, die es fertigbringen, in .~einen Fernsehshows doch irgendwann einm:i! zu vl/ort zu kommen, wird von Sendun1, zu Sendung pathologischer. Ist das vielleicht darauf zuriickwfiihren, . da;?, Dr. Zilk seine eigene politische Vergan - genheit vergessen machen möchte? Steyr-AllradLkw-P ar ade In Steyr geht es steil bergauf. Das bewies die küJzlkh auf dem Hang des Dam. berges, der 60 Prozent Steigung auf• weist, vor Pressevertretern veranstaltete Altrad-Lkw-Parade. Die Sfeyr-Dolmler-Puch AG bietet mit dem neuen Plus-LkwProgramm nicht nur eine lückenlose Pkw-Baureihe In normaler Antriebsversion an, sondern nunmehr auch ein ebenso kom• plettes Allradwagenprogramm für Bau- und ähnliche extreme Ernsätze. Die Plus-Gelände-Lkw-Reihe reicht vom 13-Tonner 790 kA mit 150 PS und 6,S Tonnen Nutzlast über cUe 16-Tonner 990 kA und 1290 kA mit 180 und 230 PS und 8 Tonnen Nutzlast bis zum gro~en Dreiachser-22-Tonner 1490 kA mit 230 PS und 13,5 Tonnen Tragfähigkeit (Nutzlast richtet sich nach dem Gewicht der Kippmutde). Natürlich sind diese vier Gipfelstürmer vor allem im Baueinsatz beliebt. Daß sie mit voller laduni:1 mit 60% igen Steigungen fortiR werden und dabei nie in Si tuationen korn· men, in denen Triebwerks- und Kraftübertragungsteile in Bruchgefahr ~raten, ist auf die kräftige Dimensio• nierung ai!er dieser Tei le und Gruppen zurückzuführen. Da-zu kommt noch, daß man dank dieser überlast• barkeit mit sehr hohen Drehmomenten aus stark untersetzten Getrieben in die Achsen gehen kann und so entsprechende Durchzugskräfte verfügbar hat. Zwei konstruktive Spezialitäten unterstützen diesen Effekr der extremen Geländegängigkei t noch: einersei ts die starre Kupplung von Vorder• ·und Hinterachse an Stelle des sonst übl ichen Zwi sch enachsdifieren1ials. Aui rutschigem Boden re ißen die Hinlerrii der einfach das Fahrzeu~ durch, wenn etwa die Vorder räder dmchdrehen und keine Trakt ion liefern . .Andere rseits si nd im Kraftfi uß zu den ange1riebenen Vorderrädern Pla neten-Radnabengetriebe einge• ,chaltet, die das vo!le Antr iebsdrehmoment erst in den RJdnaben zur V\lirkung br ingen. Dadurch können dit• Eingrngsdrermomente niedrig ge-- k , lten werden. Die Obertra gun g, r.➔ l e mente lassen sich daher kle,ne1 dimensionieren, was den Konstrukteu ,·e:1 Raurn gib'., einen Vorde11adeinsch lagwi11kel von 45° Oi zu realisieren. Das bedeute, trotz Allrada n• trieb außerordentliche Wendigke i t. Diese Konstruktionsform hat den Vorteil, daß alle Übertragungswellen und Gelenke trotz kleinerer Dirnen• sionierung überlastsicher sind. Für den großen 3-Achs-Muldenkipper 1490 kA mit drei angetriebenen Achsen wurde eine eigene Doppelhinterachse entwickelt. Bei ihr wurde ein sperrbares Zwischenachsdifferentia! vorgesehen, um ein Verzwängen der Räder und Reifen bei Kurvenfahrt zu unterbinden. Jede Achse hat noch wsätz!ich ein sperrbares Differential. Die Achsen können bis zu 15° verschränken, was einem Höhenunterschied von 350 mm .zwischen beiden Achsen entspricht. Waagebalkenfedern an wartungsfreien Kegelrol!enlagern und je drei t.enker federn und führen .die Räder und sorgen für vollen 8oclen!<0ntakt selbst im schwersten Gelände. überciimensionierte · Zweikreisbremsen und eine !eicht zu bedie-· nende Federspeichenhandbremse - sie spricht bei Bruch einer Bremsleitung automatisch sofort an und bringt das Fahrzeug in jeder Situation zum Stillstand - gehören ebenso w ie eine Servolenkung zur Se, ien,;usstattu•1~ der Steyr-Allrad-Lkw. Alle Bedienungselemente sind besonders leichtgängig und grit'gerecht angeordnet, 1,5 m2 Femterglasftä-;pe garant ieren optimale Sicht ndch al!en Se iten. Die seri enmäßigen Schwebesi tze für Fah,e,· und Beifahrer sorgen für den nutwPnd igen Komfon
Die Freiheit und die Gaska111mer Zei c-.hnung: Arndt In Kette,, geschlagen, doch ungebeugten Hauptes, von Häschern und Henkern bedroht, doch fest und unbestechl ich in ihren Oberzeugunaen - so sieht der Zeichner die i(ünderin de ; Fre ine ·t. i-i icht Symbol - figur einer erlogen~ , lö rigst zerstücke lten Frei heit ouf amerikon iKhem Boden, sondern zukunftsweisende Facke lträgerin eiMr großen Idee . Die ungebrochene Freiheit und. Nixons Gaskammer - Synonyme für erhobene Größe auf der einen. für ein System de, Barba rei ouf der orderer.1 Seite . In diesen Tagen , do Millionen Menschen in aller Welt mit Herz und Verstand . mit Worten und Ak - tionen urn Leben und Freiheit der amerikani schen Kommunistin Angela Davi s ringen, verdeu tficht diese Vision dos ganze Ausmaß des Kamp - fes. Der gegen Angela Davis geführ te Schlag des Nixon•Regimes, dess en Ideol ogen und Kopfjäger bei Hitler, Hirnmler und Rosenberg in die Schule gegangen sind, so!I ollen Amerikanern ge lten, die für Frieden, 3000 demonstrieren für Angela Davis freiheit, Gleichheit und Menschenwürde oufgesto11den sind. Auf die Zertrümmerung der Volksbewegung aerichtet, soll er den Auftakt für die Oberfl utung jener Dämme geben, d ie Amerika heute noch vorn Faschismus t rennen . Wer Angela Davis verteidigt, wer den schützenden Ring der Solidarität um sie schließen hilft, steht mit in der vordersten Frontlinie des An t ifaschi smus. Nixon, der 1953 als Eisenhowers Stellvertreier die Ermordung der R0senbe rgs mitbefohl. will offenbar ol5 USA-Goskommerpräsident in die tl uchbeladene Geschichte des lmperiolismus eingehen . Die Wahnsinnsrechnung dieses Amokläufers muß durchkreuzt werden: Die Freiheit beugt sich nicht. Sie hat mächt ige Beschirmer. Täglich wächst das He~r ihrer Verbündeten. Millionen und aber Millionen sind zu ihrem Schutze aufgezogen. Die Gaskammern Hitlers dürfen sich nicht wie - derholen . Alles für die Rettung von Angela Davis! Freiheit für Bobby Seale und Angela Davis, zwei Wortführe r der militanten Farbigenbewegung in den Vereinigten Staaten, forderten am Samstag etwa 3000 jugendliche auf einem Dernonstralionszug durch die Frankfurter Innenstadt. Zwei Stunden lang mußte am ersten verkaufsoffenen Sams• tagnachmittag vor Weihnach ten der Verkehr von der Hauptgeschäftsstraße umgeleitet werden. Freiheit für Angela Davis! Von der „f reiheit" etwas ernüchtert Hans Heigl und Franz Weiß sahen das "freie Amerika" 46 · ·cewerkschaftsfunktionäre aus ganz Öst~rreich, unter ihnen die Betriebsratsobmänner Heigl und Weiß, waren kürzlich drei Wochen lang i11 den USA. Was sie, die bisher immer als die Prediger der ,,freien" westlichen Welt auftraten, über. ihre Eindrücke in „Gottes eigenem land" sagen, ist interessant. Amerika, ,das ist der Grundtenor, ist uns techn isch schon um ein Jahrzehnt voru aus, •aber in sozialer Hinsicht um Jahr• zehnte zurück. · Mindestens fünf Prozent ·der Ameri• kaner . sind ständig arbeitslos, bei den Jugendlichen beträgt die Rate 17, bei den „Farbigen" gar 26 Prozent. Es gibt eine Sozialversicherun~, aber die ist so gering; daß ein Pemlonist seinen Lebens• standard b;s zum Existenzminimum zurückschrauben mi.rß, um weiterleben. zu können. Es gibt eine Kranlcerwersicheruog,' aber der Mann, dei' r:mstlich krank wird, kommt auch finanziell schnell 21ns Ende: Ein Spitalsbett, ohne Arzt; ohne Medikamente, kostet 85 bis 95 Dollar pro Tag, Behandlung usw. muß sepa_[at bezahl t werden. Der techn ische Fort• schritt beutet den Mann an der Maschine, den Mann am Reißbrett bis zum letzten aus. Erschüttert waren die Gewerkschafter, als . sie eine Rundfahrt durch mehrere Slums in New York machten: Das haben wir nicht er.,vartet, sagen sie jetzt, dort sind Hunger, Ungeziefer, Not und Kälte der ständige Beg!eiter der Bewohner. In solchem Mil ieu gedeiht dann auch die Kriminali tät. Sehr nachdenklich waren die ÖGB-Fünktionäre ;ils ihnen der Fremden• führer trocken folgende Richtlin ien . gab: Bitte, gehen Sie nicht all ein au:;, bleiben Sie in Gruppen, tragen Si e nie viel ·Geld bei sich, wenn sie überfallen. werden, wehren Sie sich nicht, unsere Gangster schießen sofort. Betriebsratsobmann Heigl weiß ein Lied vom „amerikanischen Alltag" zu singen, man hat sein Hotelzimmer ausgeplündert. Der Manhattan-River ist eine stin• kende, lebensgefährlich giftige Brühe, in der aus verständlichen Gründen strengstes Badeverbot herrscht. Die Luft in Detroit, vor allem aber in New York, ist zum Schneiden dick, so dick, daß eine auf europäische Verhältnisse genormte automati~che · l<amera ununterbrochen das rote· Licht „Nicht aufnahmebereit" zeigt. Der Amerikaner, vor allem aber der arbei tende Mensch in 'den USA, kennt keine Ruhe: Die Sorge vor Krankheit, vor Invalidität und vor dem Alter drückt ihn nieder. Ein .,freier" Mensch ist er nicht, das wird nun wohl auch jenen aufdämrnern, die bisher Amerika über den grünen Kl ee gelobt haben.
Das Familienrecht geht von der Familie aus Bulgarien praktiziert Demokratie für den täglichen Gebrauch Aus der Fülle von Eindrücken und Erfahrungen, die eine Delegation der KPÖ (bestehend aus den Genossen Karl Zenker, Max Thum, Otto Trem! _und _Karl Frick) bei einem Besuch bei der bulgarischen Bruderpartei, in , Betrieben und landwirtschaftlichen Genossernchaften sammeln konnte, sticht hervor, daß im sozialistischen Bulgarien Demokratie und Mitbestimmung jedes einzelnen keine Angelegenheit für besondere ,,Feiertage" wi·e etwa bei uns bei der Werbung von Wählerstimmen 1st, sondern systematisch zur Einrichtung für den täglichen Gebrauch wird. Anders wäre es auch nicht zu erklären, wie es den bulgarischen Kommunisten gelingen konnte, innerhalb weniger Jahrzehnte die Wirtschaft des Landes „urnzukrernpel·n", aus dem . rückstärrdigen Agrarland einen Industrie-Agrar-Staat zu bauen. Wohl ve1weisen in Bulgarien alle, mit denen die Delega-tion gesprochen hat - und das waren Arbeiter wie Parte ifunktionä re, Gewerkschafter wie Genossenschaitsbauern -, auf die mate rielle und pe rsonelle Hilfe der Sowjetunion, besonders beim Aufbau der Industrie - aber was nützt jede Hilfe, wenn sie nicht entsprechend verwendet wird? AM BEISPIEL KREMIKOVTSI So entstand etwa das Hüttenkombinat Kremikovtsi , das re iche Erzvorkommen bei Sofia abbaut und verarbeitet, das sich mit seinen 18.600 Beschäftigten überall in Europa „sehen lassen" kann, das aber in der für die Arbe iterschaft entscheidenden Frage, nämlich selbst über ihr Werk und damit ihr Leben zu bestimmen, turmhoch über jedem kapitalistischen Betrieb steht. Alle wichtigen Fragen des Werkes werden von einem Komitee beschlossen, in dem die direkt 1n der Produktion stehenden Arbeiter der Abteilungen zu sechzig Prozent ve rtre te n sind, die Mitglieder des Komitees wi eder werden von einer Delegiertenversammlung gewählt, deren Teilnehmer direkt aus den Abteilungen kommen und dort das Vertrauen erhalten haben, etwa darüber zu beschließen, wie der Produktionsplan für das kommende Jahr in Absti mmung mit dem staatlichen P_lan aussehen soll, zu entscheiden, was mit dem · dem Werk verbleibenden. Gewinn geschieht - der Betrieb braucht Wohnun- _gen, braucht Schulen und Kur~e um eines der größten Probleme der Junge n bulgarischen Industrie, die Heranbildung von Facharbeitern und Ingenieuren zu lösen. Für eine Scheindemo1<ratie, wie etwa die „großzügige" Aufnahme__eines Betriebsratsobmannes in den Auts1chtsrat - aber ohne Stimmrecht -, ist in dieser sozialistischen Betriebsdemokratie kei ne Notwendigkeit und auch kein Platz , denn durch die direkte Teilnahme am Ge~d-iehen,, ,.die ~, ständige Kontrolle dessen, · ,vas beschlössen· wurde, durch die gewählten Gewerkschaftsvertreter kann der Arbeiter nicht nur reden, sondern mitbestimmen. AM BEISPIEL VARNA In der erst im April fertiggestellten Manometerfabrik in Varna bilden 146 Mitglieder, davon 95 in der Produktion stehende Arbeiter, die De legie rtenversammlung, die das elfköpfige Werkkomitee wählt. Auf die Frage, was gesch ieht, wenn di eses Komitee einmal nicht richtig den Beschluß der Versammlung ausführt, gab es nur ein Lächeln. Erstens: Wir diskutieren darüber, wer recht hat, ob es nun um eine techni sche Entwicklung geht, um den Produktionsplan oder um Gehälter und Prämien. Zweitens: Es gibt nächsthöhe re Instanzen - die ja ebenfalls gewählt wurden-, und wenn sich schließlich so viele Köpfe mit ei nem Problem beschäftigen, wird es zur richtigen Lösun g kommen. Und bis dorthin wird abgewar tet? Dazu haben wir nicht Zeit, bis dor thi n gilt die Entscheidung des Direktors, der als Fachmann seinen Teil der Vera ntwortung trägt. AM BEISPIEL DROP'LA Die landwirtschaftliche Kooperative von Dropla in Südbulgarien sitzt auf reichem Boden im Ausmaß von 5000 Hektar. Der von den Genossenschaftsbauern gewählte Vo lksrat nutzt seine Möglichkeiten neben der Ve rbesser ung der Erzeugung und damit des Lebensstandards vor allem auch zu r Hebung des Bildungsniveaus - ;ein we iteres für das bulgarische Vo lk bedeutendes Erfordernis , Wer zum Beispiel die neue rbau te achtklassige Schule in Dropla mit ihren 25 Lehrkräften für 270 Schüler aus drei Dörfern gesehen hat, in den modernst eingeri chteten U~te:.richtsziJn.• mern einschließlich d.en Lenrraumen ,ur grundlegende technische Aus,bilclung der Kinder gestanden ist, der Kommt der Lösung, wie diese rasche wirtschaftliche Entwicklung Bulgariens möglich gewesen ist, wieder einen Schritt näher. Hier wer • den nicht einfach von oben Schul zusammenlegungen oeschlossen und mit Bedauern festgestellt, man habe eben nicht mehr Lehrer, sondern die Bewohner der Dörfer selbst haber, erkannt, was bessere Bildung heißt und dag man dafür Investitionen gut anlegt. 18.000 FACHLEUTE •.. Und doch wird im heutigen Bulgarien überal:1 von der weiteren Verbreiterung der Demokratie gesprochen, aber es wird nicht nur gesprochen, sondern sie wird auch durchgeführt. Jede Gesellschaftsform - auch der Sozialismu1 - entwickelt sich weiter. Das Entscheidende dabei ist, daß sich ' durch die demokrat ischen Grundlagen dieser GeseHschaft die Entwicklung nicht in Richtung weiterer Wirtschafts- und Machtkonzentration für eine kleine Gruppe bewegen kann, sondern zur Verbreiterung der Mitbestimmung des einzelnen führt . E,in neuer Familienkodex ist deshalb nk:ht Sache einer ,.Fachkommission" - schließlich betrifft alles, was mit Eherecht zusammenhängt, fast alle Einwoh.ner -, sondern vorerst einmal Gegenstand eines allg.emeinen Meinungsaustauschs, wobei die konkrete Formuiie'rung . dann durch die Juristen erfolgen muß, Immerhin haben mehr als 18.000 Bulgaren zu diesem neuen Familienkodex Stellung genommen, mehr als 1600 Änderungsvorschläge zum ursprünglichen Entwurf waren zu bearbeiten. Dieser Weg wird nun besonders auch bei der Ausarbeitung der neuen- Verfassung gegangen. Die Gesetzgebungskommission im Parlament, die bisher hauptsächlich Gesetzentwürfe zu beraten hatte, die vom Ministerrat, von Ministerien, der Gewerkschaft oder der Vaterländischen Front - der aus dem Widerstan-dskampf stam- 'menden Dachorganisation - kamen, wird in Zukunft nicht nur im Volk diskutierte, sondern direkt von Fabriken, Genossenschaften oder auch Einzelpersonen erstattete Vorschläge zu Gesetzen zu behandeln haben. Mit Illusionen hätte man nicht die entscheidenden Voraussetzungen .für das soziali stische Bulgarien schaffen können, auch heute zielt all~s darauf hin, die weiteren Schritte der Erweiterung der Demokratie durch die Mitarbeit des Arbeiters und Ingenieurs im Betrieb, der Genossenscha fts bauern oder der Wissenschafter zu verwirklichen. Die bulgarischen Kommunisten, die diese Entwicklung leiten, und mit ihnen alle Bulgaren haben dabei aber einen Wunsch an alle Völker Eu-ropais: daß man s·ie in Frieden weiterarbeiten · läßt. So ist auch das Zustaodekommmen einer europäischen Sicherheitskonferenz für s,i·e keine Sache der Diplomatie allein. Sie gfauoen, dai1 eine solche Konferenz zustande kommen wird, trotz verschiedene r Widerstände ,und Verzögerungstaktiken ma-ncher kapitalistischer Regierungen. Diese Sicherheitskonferenz würde allen europäischen Völkern dienen, und sie liegt daher auch · in ihrem ureigensten Interesse,
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