Steyrer Werksarbeiter, 21. Jg., September 1968, Nr. 6

I' Vatikan schluckt .die ))Pille(( nicht Die empfängnisverhütende Wirkung ist sicher - auch in den Einnahmepausen· ~ - a, JI !1 -:0.- 2'-K; ., ---Q .. ~§.:!.: ., IO „ II& . . c,J :E 0 g. .,, ::, 0 ii1 c> CQ (1) <p !!! ::, ::, "' ::,- 3 Cl) - ;p :E ~~--sC 0 ; 9- ~§:B: . ~ ., "' i ~ (1) ::, 0 öl (0 <D ('I) rn ::, ::, C) ::,- 3 11> -- ~; -!a...!i eo C • =i --c7 -JM Die erwartete päpstliche Enzyklika über die Geburtenrer,eiung wurde nun der Öffentlichkeit übergeben. Diese · neue Enzyklika „Humanae vitae" (,,Des /\1enschenlebens" ) ist kein Fortschritt, sondern ein beachtlicher R:ickfall in die Är? der weltfremden vatikanischen Eriasse. Mit 7000 Worten grei f t der Papst in das Eheleben der Katholi ken ein, · lehnt mit alter Entschiedenhei t die Anwendun,: · _iedwelcher empfängnisverhütender Mitte! ab. Mit einer, wohl auch fü r Gläubige, schwer zu begreifenden Argumentat ion, wi rd jede Handlung, die, im Zusam1nenhang mi t dem ehelichen Akt, eine Vuhinderung der Fo rt - pflanzung anstrebt, mit aller ki rchl:c:hen Strenge untersagt ' Der Papst beruft sich gern - und auch .· in dieser Enzyklika wieder - auf die Wissenschaft. Doch die Wissenschaft, die sich mit dem Körper und mit der Psyche des Menschen .befaßt, h~t längst zu diesem Kap itel ihr Wort gesprochen : 1. Nur durch die Synthese von geistiger und sexueller Ver- _ständigung kann die erstrebte Harmonie zwischen Mann und Frau gefunden werden. 2. Das emotionelie Zuein.)nderc streben gemäß einer Zeittafel zu veranstalten, bedeutet ·Abstumpfung_ und Zerwürfnis. 3. Wenn die Planung der Gefühle der Tod des Eheiebens ist, so ist die . Planung der Fortpflanzung ein menschliches Anl iegen . .Das Glück der Familie, das Wohl der Gese!ischaft hängt nicht wletzt von ihrer humanrationeilen Erneuerung und Er.veiterung .ib. · Man könnte uns Kommunisten sagen, was geht das euch .an? Die Enzvklik·a ist eine inner_e Angelegenheit des Katholizismus. Sicher müssen vor allem die Katholiken mit dieser Enzyklika fertigwerden, doch hier geschieht Unrecht, das aufgezeigt werden rn uß: Mlt diesem Dokument wird die Frau zum Vor Ostern hatte man sich in Österreich er.stmals entschlossen. den sagenhaften „Butterberg" - trauriges Ergebnis der Überprodukt ion von Milch - durch den Verkauf billigerer Tafelbutter abzubauen , Bis dahin wurde die überschüssige Butter zu Schleuderpreisen zwischen 14 und 19 Schilling exportiert. Die „Aktion Tafelbutter" wurde ein durchschlagender Erfolg: Beim Preis von 1 -24 Schilling stieg der Butterkonsum sprunghaft an -- beim üblichen Preis von 40 Schill ing. als die „ Aktion Tafelbutter" vorzeitig abgebrochen wurde. sank der Konsum wieder ab. Damals wurde versprochen. so bald als möglich. wahrschein - lich schon zu Pfingsten. wieder verbilligte Butter zu verkaufen. Inzwischen ist nicht nur die Milchproduktion kräftig gestiegen und der- .. Butterberg" entsprechend angewachsen, sondern auch der Weltmarktpreis weiter ~ gefallen. Das bedeutet. daß Österreich nicht mehr un, 19. nicht mahr um 14 und r~_--~_;_ auch nicht mehr um 12 Schilling export ieren kann. sondern Butter zum Kilopreis von rund 10 Schilling (und S 7·-) ausführt. Die billigere Tafelbutter wurde im Inland immerhin zu einem Preis von 24 Sch illing 1 abgesetzt - aber bevor wir Butter um diesen Preis kaufen dürfen, exportieren die : Verantwortlichen im Landwirtschaftsministerium und im Milchwirtschaftsfonds diese Butter lieber um 10 Schilling. Dafür zahlen wir alle und zahlen die Bauern einen erheblichen „Kr isengroschen" - nur damit in Österreich, Gott behüte. nicht ~ v ielleicht wieder der Butterkonsum steigt. f .. Butter kann durch nichts ersetzt werden" . leuchtet es uns in diesen Tagen von ; Dutzenden Plakatwänc;len entgegen. -- Es hat den Anschein, als ob sich dieser ~ Slogan weniger auf die Volksgesundheit. denn auf das Profitieren beziehen I'• würde: Für einige Leute kann Butter offenbar wirklich durch nichts ersetzt werden. 1 Sie fetten ihre Brieftaschen und Bankkonten auf unsere Kosten damit auf. ~- '.,1'- Fortpflanzungsobjekt des ,'v\ar. nes ci 2.~, ,,. cliert, mit, ihm werden katliolische Ärzte in ein Dilemma getrieben, das sich unheilvoll für die von ihnen betreuten Menschen auswirken kann, mit ihm wird der vorausblickenderi Wissenschaft, welche die Geburtenregelung fordert, kein geringes Hindernis in den Weg gestellt. · Unsere Mitsprache bei dieser . Enzyklika beansp ruchen wir auch deshalb, weil sich darin nu r zu augenscheinlich der massive Vorstoß der konservativen Kräfte ofienbart. Schon die Tatsache der Veröffentlichung ist ein schwerer Schlag gegen den vom Konzil verkündeten hierarchischen Den'lokr.atisierungs. prm;eß, denn Patt! VI. ist mit serner Entscheidung den Empfehfungen der von Johannes XXIII. eingesetzten Sonderkommission nicht gefolgt. 1966 natte die Mehrheit dieser Kommission, mit dem Wohlwollen bekannter Kirchenflirsten wie Kardinal König und Kardinal Süenens von Mechelen, dem Papst e:ne Lockerung der Bestimmungen empfohlen . Doch Ottaviani , der in jenem Jahr ,rn · die Spitze der Kommiss ion gesteilt wurde, trug nun den Sieg davon. Das Unbehagen über diese Enzyk!ika machte sich bereits am Tage ihrer Veröffentlichung in einigen Kommentaren bemerkbar, und selbst der Vatikansprecher Fernando Lambruschini, der die Enzyklika auf einer Pressekonferenz erläuterte, führte aus, daß mit di~ser Entscheidung des Papstes die Frage der Geburtenregelung nicht für alle Zeiten festgelegt sei. ,,Die Bestimmungen s•nd nicht unabäi1derlich", sagte er. Es ist z.u en.varten, daß die durch das Konzil fre igesetzten fortschrittlichen katholischen Kräfte gegen diese Enzykl ika. die recte „Contra humanam vitam" - gegen das Leben der Men• sehen - heißen müßte, Widerstand leisten werden.

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