Werkruf - Jahrgang 6 - Weihnachten/Neujahr 1943/1944

JOSEFDRAUSINGER (Mit 8 Zeichnungen des Verfassers) Jelänger der Krieg dauert, je verbissener das Ringen um Sein oder Nichtsein wird, desto klarer mögen alle jene Werte uns täglich vor Augen sein, für die der hohe Einsatz gewagt werden mußte. Diese Werte sind, soferne wir sie nur als persönliche auffassen, für jeden andere; und so wird der eine an Frau und Kind, ein zweiter an die unterbrochene Arbeit seines Lebens, ein dritter an erworbenen Besitz denken, es wird aber keinen geben, der nach langem Fernesein nicht lebendiger denn je in seinem Dasein die deutsche Heimat als solche lieben gelernt hätte. Wer viele Monate lang in den Sümpfen und Steppen des Ostens verbracht oder in den langen Nächten des hohen Nordens, und nun heimatwärts fährt, dem bedeutet das Stückchen Land, in dem er aufgewachsen, die Stadt, durch deren wohlvertraute Gassen er täglich gegangen, unaussprechlich und unersetzlich viel. Und so fliegt sein Blick voraus, ersehnten Zielen entgegen; jede Siedlung, jeder Hügel, ja selbst die heimatlichen Bäume und Wiesen sind wie Geschenke eines reichen Gabentisches, und gar manchem hartgewordenen Krieger soll angesichts dessen gar warm ums Herz geworden sein. So mag es auch nicht abwegig erscheinen, in diesem Weihnachtsgruß der Heimat diese selbst sprechen zu lassen, als allgemeines Sinnbild dessen, was uns alle heute und immerdar umschließt. a Für unser liebes, altes Städtchen Steyr war nun das Eisen seit je das, was etwa dem Landmanne der Acker. Es war und ist noch heute sozusagen das tägliche Brot, von dem die Stadt seit Menschengedenken lebt, so wie es anderswo die Kohle, das Holz, das Salz oder ein anderes Geschent der Matur sein mag. Es ist darum auch nicht verwunderlich, daß das Eisen der Stadt ihr besonderes Gepräge gegeben hat. & Aus den edlen Linien dieses Antlitzes möchten wir in dieser kleinen Arbeit nur ein einzige herauslösen und für sich betrachten, jene Denkmäler einer hochentwickelten Schmiedekunst und eines feinsinnigen Schönheitsempfindens nämlich, die in anmutigem Wechsel des Stiles Gassen und Plätze beleben, Bürgerhäuser und Brunnen, Tore und Fenster zieren und so verschwenderisch reich sich dem aufmerksamen Blicke zeigen, daß an Vollständigkeit der Aufzählung oder gar der Darstellung gar nicht gedacht werden kann. Sprechen doch aus diesen stummen Zeugen einer äußerst bewegten Vergangenheit seit den frühen Tagen der Stadtgründung die Gesinnungen vieler Fahrhunderte nicht in Einzelstimmen, sondern in reichen, kaum übersehbaren Thören! Was das Wort oder der Zeichenstist festzuhalten sich bemühen mag, kann darum auch nichts anderes sein als ein Versuch, die bunte Fülle dieses vornehm= stillen Daseins und den Wohllaut seines Formenspieles ahnen zu lassen, einzig zu dem Zwecke, daß in fernen Landen den Söhnen dieser herrlichen Heimat eine der vielen Saiten wieder erklinge und ihr ferner Märchenton Hingabe und Opfer verklären helfe. & Blicken wir zunächst hinauf zu den treuherzigen schmiedeeisernen Wirtshausschildern, die über den Toren der recht zahlreichen Schen¬ ken unserer lieben Eisenstadt zu einem besinnlichen Trunke laden. Man sieht es ihnen auf den ersten Blick an, daß sie in Zeiten ge¬ schaffen wurden, in denen das Auge noch nicht an einem Über¬ maß von Werbemitteln stumpf geworden war; diese Schilder wenden sich vielmehr an das Behagen und die gute Laune ihrer Besucher und entstammen einer fast kindhaften Vorstellungs¬ welt. Gerade diese anheimelnde Art aber, den Vorbeieilenden mit größter Einfalt anzureden, ihn schon durch das alte, Fahr¬

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