WERKSZEITUNG DER STEYR-DAIMLER-PUCH AKTIENGESELLSCHAFT Kameraden, Kameradinnen! Mit der Fahreswende 1943/1944 treten wir ein in die Zeit der größten Entschei¬ dungen, die in der Weltgeschichte se gefällt worden sind. Front und Heimat haben die schweren Belastungsproben, die das Schicksal uns im abgelaufenen Fahre auferlegt hat, bestanden. Was unsere Kameraden an allen Fronten an Tapferkeit, Heldentum und Opfermut geleistet haben, ist beispiellos und bleibt unvergessen. Mancher von ihnen hat sein Leben hingegeben, um die Heimat zu schützen. Mit Ehr¬ furcht und Dankbarkeit gedenken wir ihrer, die als Vorbild höchster Treue in uns weiterleben. Euch Kameraden, die Ihr Weihnachten im Felde verbringt, wünsche ich als alter Frontsoldat das Allerbeste, vor allem auch weiterhin Soldatenglück! Euch, Arbeitskameraden und =kameradinnen, die Ihr in den von mir geleiteten Werken ein volles Jahr wiederum fleißig und manchmal unter den schwersten Ver¬ hältnissen gearbeitet habt, spreche ich Dank und Anerkennung aus. Sollten den einzelnen Arbeitskameraden, abgesehen von den täglichen kleinen Sorgen, mit denen jeder von uns selbst fertig werden muß, schwerere Sorgen oder größere Mot bedrücken, steht ihm, so wie bisher, der Weg zu mir immer offen. Die Härte der Zeit verlangt von jedem einzelnen äußerste Pflichterfüllung. Ich werde auch im neuen Fahre meinem alten Grundsatz treu bleiben: Von jedem deut¬ schen Arbeitskameraden ein? höchstes Ausmaß an Leistung zu verlangen, ihm aber auch gleichzeitig die höchstmögliche soziale Betreuung angedeihen zu lassen. Allen meinen Mitarbeitern in den Werken wie auch denen im feldgrauen Rock ein Glück auf 19441 Heil Hitler!
Arbeitskameraden, Arbeitskameradinnen! —Vm vergangenen Jahre istj das deutsche Volk durch harte Peäfungen gegangen. Es hat diese Prüfungen nicht nur bestanden, es steht voll Zuversicht und voll des Glaubensjan den Endsieg an der Schwelle des — “neuen Jahres. Viele brave Arbeitskameraden unserer Betriebsgemeinschaften haben an der Front ihre Treue zu Führer und Reich mit dem Tode bestegelt. Wir beugen uns in ergriffener Dankbarkeit vor der Größe ihres Opfers, das für uns alle eine große Verpflichtung ist. Sie dürfen nicht umsonst gefallen sein. In allen Betrieben des Unternehmens wurden die gestellten Rufgaben mit Kleiß und Hingabe erfüllt. Lausende Arbeitskameraden standen nicht nur täglich weit über ihre Normalzeit an den Werkbänken und Kaschinen, sie arbeiteten Sonntag für Sonntag für die Front. Mit ihnen und vielfach an den Arbeitsplätzen der Männer stehen die deutschen Frauen und Mädchen in gleich vorbildlichem Einsatz. Ebenso beispielhaft war die Haltung der Gefolgschaften, wenn sie zu Sammlungen für das Deutsche Rote Kreuz, das Kriegswinterhilfswerk oder für andere Aktionen der Gemeinschaft aufgerufen wurden. Die Männer und Frauen der Deutschen Arbeitsfront haben sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit als DAF.=Walter auf allen Betreuungsgebieten vorbildlich in den Dienst der Gemeinschaft gestellt. Ihnen spreche ich mit den Betriebs¬ obmännern aller Betriebe an dieser Stelle meinen besonderen Dank aus und erwarte von allen, daß sie auch im kommenden Jahre als Vorbilder der Gemeinschaft für diese tätig sind. Wir danken dem Unternehmensführer Generaldirektor Dr. Kleindl für alles, was seine Latkraft den Betriebsgemein¬ schaften unseres Unternehmens an sozialen Einrichtungen geschaffen hat. Die Aufgaben des Jahres 1944 werden noch größer und härter sein. Ruch sie werden wir durch Fleiß, Opferwilligkeit und Tatkraft in kameradschaftlicher Gemeinschaftsarbeit lösen. Wir grüßen unsere Kameraden an der Front und in den Werken mit unserem Neujahrruf: Heil unserem Führer und unseren Soldaten!
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Es ist eine geheimnisvolle Zeit, die Zeit der „Zwölfnächte —der längsten des Jahres —heilig und unheimlich zugleich. Die Sonne hat ihren tiefsten Stand erreicht. Beim Leuchten der Sonnenwendfeuer sank Balder, der Sonnengott, ins Grab. Nun, wenn am Tannen¬ baum Schnee und Reif wie Lichtlein glitzern, erwacht er zu neuem Leben, und mit ihm tut sich das Reich der germanischen Götter auf. Wotan und Perchta, Thor und Sif melden sich und mit ihnen all die guten und bösen Geister. Die Mächte der Finsternis haben nun die stärkste Macht. Den Menschen aber öffnet die Nähe der Überirdischen die Schleier der Zukunst. Es ist die Zeit, wo der Wilde Jäger auf fliegendem Roß durch die Lüste stürmt, manchmal allein, ost aber als Anführer eines ganzen Heeres unheimlicher Gestalten; es ist das Totenheer, die Schar der unerlösten Seelen. Das „Wilde Gjoad“ geht um, sagen dann die Bauern in Enns= und Steyrtal mit leisem Grauen. Es ist nicht ratsam, diesem Heer auf offenem Felde zu begegnen. Sich flach auf die Erde werfen, Hände und Füße überkreuzt, und erst wieder aufstehen, bis die unheimliche Schar hinweggebraust, ist das beste. Hunde und Pferde sollen in diesen Nächten gut ange¬ hängt werden, denn sonst „müssen sie mit.“ Mancher Bauer hat dann am Morgen seinen Rappen schweißnaß und zitternd im Stall ge¬ funden und mit Schrecken erkennen müssen, daß sein Roß die ganze Nacht das wilde Jagen mitgemacht hat. Alte Leute in den unweg¬ samen Gebirgstälern raunen noch heute einander zu, daß Wotan selbst es sei, der in diesen finsteren Nächten das Totenheer durch die Lüste sagt. Ebenso uralt wie dieser Glaube ist das Opfer an den Windgott, von dem noch viele Bäuerinnen im Enns= und Steyrtal erzählen. Sie nennen es „Windfuadern“. Die Bäuerin legt von den Speisen, die sie auf den Tisch bringt, ein weniges auf ein Brettchen und versteckt es in der Krone eines Baumes. Oder sie streut Mehl, Grieß, Brotbrösel, Salz und gemischtes Getreide in den Wind und sagt dazu: Wind, da hast du was zum Fressen!“ Aber nicht nur den Wind, auch die anderen Elemente, auch Wasser und Feuer gilt es in den Rauhnächten durch ein Opfer günstig zu stimmen. Die Liesl Österschiel im Neustistgraben wirst in den drei Haupt=Rauhnächten — der Thomasnacht, der Neujahrsnacht und der Dreikönignacht — drei Knödel aus Brotteig in den Bach. Und die alte Blasin vom Sonnberg schmeißt beim Backen stets den ersten Krapfen ins Feuer zurück, auch Brösel, Salz und Zucker kehrt sie sauber zusammen, um das Feuer damit zu „fuadern.“ Dach nicht nur die Elemente werden versöhnt, der Bauer trachtet in diesen aus fernem Urerinnerungsvermögen her gefahrenumwitterten Rauhnächten durch allerlei altüberlieferte Handlungen all sein Hab und Gut vor künftigem Unheil zu schützen. Dazu gehört das „Raucka¬ gehn' zu Weihnachten, Neujahr und zu Dreikönig, der Brauch, der den Rauh=(Rauch=) Nächten ja ihren Namen gegeben hat. Wie überall in deutschen Landen, geht auch bei uns der Bauer an diesen drei Abenden mit der Räucherpfanne durch alle Räume seinen Hofes, durch Keller und Stall, Stube und Stadel und meist auch ein Stück aufs Feld hinaus, damit überall der reinigende und segenbringende Rauch hindringe und die Keime von Unheil und Krankheit vernichte. Während des Räucherns darf im Hause kein Licht brennen. Kommt der Bauer vom Rauckagehn zurück und ist die Hausgemeinschaft in der Stube wieder beisammen, dann halten die Männer die Hüte, die Frauen die Kopftücher über die heilige Glut; böse Gedanken, Schwären und Schmerzen werden damit gebannt wie die bösen Geister. Auch für das Wachstum des kommenden Jahres wird vorgesorgt. In der ersten Rauhnacht strecken sich alle, während sie um die Räucher¬ pfanne stehen, hoch empor, damit das Korn im nächsten Jahre recht hoch wachse, in der Neujahrsnacht stellen sie sich ganz dicht zusammen, damit der Weizen dick“ stehe, und in der Dreikönignacht ducken sie sich breit nieder; dann soll das Kraut breit und schön gedeihen. Die Kinder aber nehmen einen Krapfen in den Mund, laufen damit in den Garten, küssen die Obstbäume und sprechen dazu: Bam, Bam, i buß di, wiar so voll als wiar mei Maul!“ Denn in den Rauhnächten, wo alles noch im Keime liegt, entscheidet sich bereits die Frucht¬ barkeit des nächsten Jahres. Der Most gärt in der Heiligen Nacht, in guten Jahren geht er sogar in den Fässern über. Mit ganz besonderer Sorgfalt wird in den Rauhnächten der Mensch und auch das Vieh gefüttert, denn „Essen und Trinken halt' Leib und Seel z'samm'. Schon zur Thomasnacht trägt die Bäuerin ein besseres Abendessen auf, und in der Heiligen Nacht, wenn die nach Tannenreisern und Weihrauch duftende Stube nur noch von der großen Heilnachtkerze erleuchtet ist, werden Störbrot und Kletzenbrot, Krapfen und Schober aufgetragen, Apfel und Rüsse, Most und Troadener gereicht. Nach der Heimkehr von der Mette gibts noch Brat¬ würstel und am Stephanitag, beim „Heberbäuerln“, bewirtet der Bauer seine Inwohnerleut gar ausnehmend reichlich. Die dritte Rauh¬ nacht, die für Werden und Vergehen bestimmend ist, heißt im Enns= und Steyrtal die „foastö“; Küche und Keller müssen das Ihre leisten und die Bäuerin dem Gesinde eine besonders gute und fette Mahlzeit auftischen. Das Vieh erhält in dieser Zeit außer dem gewöhnlichen Futter eine sogenannte Maulgabe, meist einen Knödel aus Störbrotteig mit Ab¬ fällen vom Kletzenstrietzel. Ost werden noch allerlei besondere Kräuter unter den Teig gemischt, auch Hagebutten, Laub vom Frohn¬ leichnamskranzerl, Palmkatzerl, Scharteln von der Türschwelle und ein ganzer Nußkern. Mit diesem soll das Vieh das Kreuz als höchstes Heilssymbol zu sich nehmen. In der Mettennacht, wo so viel Merkwürdiges vorkommt, reden Kühe und Ochsen. Es ist aber nicht ratsam. sie dabei zu belauschen, denn man könnte leicht taub werden. Der Stofferbauer aus dem Pechgraben rät jedem, der es vert# ###will, 4
sich neun Tage vorher nicht zu waschen und nicht zu beten. Aber es ist schon oft geschehen, daß die Ochsen dem lauschenden Bauern seinen Tod für das kommende Jahr vorhergesagt haben. Überhaupt sind die Rauhnächte Schicksalsnächte über Leben und Sterben, in denen sich auch das Liebes= und Heiratslos entscheidet. Wer mutig ist, kann manches über die Zukunft erfahren. Wer es wagt, in der Thomasnacht oder in der Mettennacht zwischen 12 und 1 Uhr auf einem Kreuzweg, auf dem zu zwei verschiedenen Pfarreien die Toten getragen werden, sich in einen mit einem Haselstock gezogenen Kreis zu stellen, der kann sehen, was das kommende Jahr ihm und seinen Nachbarn alles bringen wird. Er darf aber neun Tage vorher keine Kirche besuchen, nicht beten und kein Weihwasser nehmen noch Brot oder Brosamen bei sich tragen, denn Brot ist etwas Heiliges. Er darf sich nicht verleiten lassen, aus dem Kreis zu treten, wie schrecklich das auch sein mag, was er zu sehen bekommt und wie gern er die Flucht ergreifen möchte; er würde augenblicklich vom Teufel, dem er einen mitgenommenen schwarzen Hahn zu¬ werfen muß, zerrissen werden. Besonders neugierig sind — wie immer — die heiratslustigen Nädchen. Sie suchen auf allerlei Weise zu erfahren, ob ihnen im nächsten Jahre ein Bräutigam beschieden sein wird. Schon am Barbaratag, 4. Dezember, schneiden sie Kirschzweige ab und wässern sie im warmen Zimmer ein. Das Mädchen, dessen Zweig bis Weihnachten Blüten treibt, kann im kommenden Jahr auf seine Hochzeit sich freuen. Am Thomastag läuft die Dirn im Ennstal in den Obstgarten hinaus, beutelt einen Zwetschken= oder Weichselbaum und sagt dazu: Kirschbaum, i schüttl di, laß mir a Hunderl bell'n, von wo sie mei Schatz wird meld'n.“ Thomas, i bitt di, Dann lauscht sie gespannt hinaus in die Dunkelheit und woher das erste Hundegebell zu hören ist, von dort wird der ersehnte, künftige Bräutigam kommen. Drüben im Steyrtal jedoch tritt in der gleichen Nacht das Mensch die äußere Bettwand dreimal und spricht dazu: laß mir heut' nacht erschein' Böttstaffl, i tritt di, den Herzallerliebsten mein.“ Thomas, i bitt di, Besonders neugierige Mädchen schauen in der Heiligen Nacht nach dem Mettengang in den Backofen oder in den Rauchfang. Da können sie dann ihren Zukünftigen sehen oder aber den, der im kommenden Jahr wird sterben müssen. Zu Neujahr sind, nachdem das alte Jahr mit Pistolenschuß und Büchsenknall verabschiedet und des neuen Jahres jüngster Tag mit Böllern begrüßt worden ist, Schuhwerfen, Spanziehen und Bleigießen ebenso beliebte Orakelspiele wie das Hüatlheben. Unter sieben Hüte werden symbolisch bedeutsame Dinge gelegt: Ring = Heirat, Schlüsselbund= Hauswesen, Geld = Reichtum, Puppe = Kind, Kreuz Leid und dergleichen. Ein Hut bleibt leer. Jeder hebt einen Hut, und was darunterliegt zeigt ihm sein Schicksal im nächsten Jahre an. Der leere Hut kündet dem, der ihn lüpft den Tod. Beim Schuhwerfen wirst der Bursch oder das Mädel den Schuh über den Kopf der Türe zu; zeigt die Schuhspitze hinaus, so heißt es „wandern". Beim Spanziehen werden aus einem Bündel die Holzspäne paarweise ausgezogen; bleibt am Ende ein Paar übrig, dann wird im Hause bestimmt Hochzeit gefeiert. Am Dreikönigtag wird auch offenbar, wer von den Hausangehörigen am reichsten wird. Nach dem Abendessen tischt die Bäuerin als letzte Speise eine Schüssel Milch auf. Jeder nimmt ein bißchen davon, läßt aber seinen Löffel in der Schüssel. In der Nacht kommt die „Perschtmuada' mit ihren Kindern, den zwölf Zoderwascherln und ißt davon. An wessen Löffel sich bis zum nächsten Tag der meiste Nahm angelegt hat, der wird am reichsten. Die Milchsuppe heißt „Perschtsuppe“. In unseren Gebirgsgräben bringt heute noch vielfach die Percht die Gaben, denn Christkind und Christbaum kennt man dort noch nicht lange. In Wolfern kommt das „Goldene Rössel und füllt den Kindern das Backkörbchen mit Apfeln, Nüssen und Zuckerwerk. Und wenn es auch keine wertvollen Geschenke bringt, so ist doch sein Erscheinen für unsere Bauernkinder ebenso wunderbar, wie Odins acht¬ beiniger Hengst einst für unsere germanischen Ahnen es war. Gerade in der Julzeit erinnert noch mancher uralte Brauch an die Ver¬ ehrung, die das Pferd bei den Germanen genoß. Die Julumritte und und die Stephansritte im Innviertel ebenso wie die Gebildbrote in Pferdeform, die früher zu Weihnachten gebacken wurden. Bedauerlicherweise sind die vielfältigen Brotformen zur Julzeit — die symbolischen Opfergaben — heute schon recht selten geworden, doch kann man da und dort noch alte Backformen finden, die noch ganz die Form germanischer Sonnensinnbilder haben: Sechsstern, zwölfteiliger Stern und Radkreuz. Aber auch Pferde, Reiter, Juleber und Lebensbäume wurden früher in jedem Bauernhause aus Lebkuchenteig gebacken. Heute sind vor allem Störlaib und Kletzenstriezel und die herrlich dustenden Bauernkrapfen mit dem goldbraunen Ranst das übliche Gebäck der Rauhnächte. Jeder Hausinwohner bekommt seinen Störlaib aus feinem, weißem Mehl. Manche Magd, die den ihren besonders gut haben will, gibt der Bäuerin dafür Rosinen und Zibeben, denn sie will Ehre einlegen, wenn am ersten Feiertag der „Bua“ zum feierlichen Anschneiden kommt. Doch auch Frohsinn und Heiterkeit, die wie keckes Wagen, rührige Arbeitsamkeit den Oberdonauer kennzeichnen, kommen in den Rauh¬ nächten nicht zu kurz. Wenn zu den „Fei'tan' die „Sippschaft zusammenkommt, werden nicht nur die innigen alten Weihnachtslieder und fröhlichen Hirtenlieder, sondern auch lustige Alm= und Wildschützenlieder, Schnadahüpf'l und G'stanzl gesungen; aber lauter un¬ schuldige' müssen es sein. Unsere Landsleute im Enns= und Steyrtal wissen, was sie an den altehrwürdigen Formen haben, die ihr ganzes Leben, Alltag und Festtag, bestimmen. In den Bräuchen der Rauhnächte aber lebt der jahrhundertealte Glaube und der reiche Schatz altheidnischer Über¬ lieferung, die uns als Erbe unserer germanischen Vorfahren heilig sind, im Sinn und Herzen unseres oberdonauischen Bergvolkes
JOSEFDRAUSINGER (Mit 8 Zeichnungen des Verfassers) Jelänger der Krieg dauert, je verbissener das Ringen um Sein oder Nichtsein wird, desto klarer mögen alle jene Werte uns täglich vor Augen sein, für die der hohe Einsatz gewagt werden mußte. Diese Werte sind, soferne wir sie nur als persönliche auffassen, für jeden andere; und so wird der eine an Frau und Kind, ein zweiter an die unterbrochene Arbeit seines Lebens, ein dritter an erworbenen Besitz denken, es wird aber keinen geben, der nach langem Fernesein nicht lebendiger denn je in seinem Dasein die deutsche Heimat als solche lieben gelernt hätte. Wer viele Monate lang in den Sümpfen und Steppen des Ostens verbracht oder in den langen Nächten des hohen Nordens, und nun heimatwärts fährt, dem bedeutet das Stückchen Land, in dem er aufgewachsen, die Stadt, durch deren wohlvertraute Gassen er täglich gegangen, unaussprechlich und unersetzlich viel. Und so fliegt sein Blick voraus, ersehnten Zielen entgegen; jede Siedlung, jeder Hügel, ja selbst die heimatlichen Bäume und Wiesen sind wie Geschenke eines reichen Gabentisches, und gar manchem hartgewordenen Krieger soll angesichts dessen gar warm ums Herz geworden sein. So mag es auch nicht abwegig erscheinen, in diesem Weihnachtsgruß der Heimat diese selbst sprechen zu lassen, als allgemeines Sinnbild dessen, was uns alle heute und immerdar umschließt. a Für unser liebes, altes Städtchen Steyr war nun das Eisen seit je das, was etwa dem Landmanne der Acker. Es war und ist noch heute sozusagen das tägliche Brot, von dem die Stadt seit Menschengedenken lebt, so wie es anderswo die Kohle, das Holz, das Salz oder ein anderes Geschent der Matur sein mag. Es ist darum auch nicht verwunderlich, daß das Eisen der Stadt ihr besonderes Gepräge gegeben hat. & Aus den edlen Linien dieses Antlitzes möchten wir in dieser kleinen Arbeit nur ein einzige herauslösen und für sich betrachten, jene Denkmäler einer hochentwickelten Schmiedekunst und eines feinsinnigen Schönheitsempfindens nämlich, die in anmutigem Wechsel des Stiles Gassen und Plätze beleben, Bürgerhäuser und Brunnen, Tore und Fenster zieren und so verschwenderisch reich sich dem aufmerksamen Blicke zeigen, daß an Vollständigkeit der Aufzählung oder gar der Darstellung gar nicht gedacht werden kann. Sprechen doch aus diesen stummen Zeugen einer äußerst bewegten Vergangenheit seit den frühen Tagen der Stadtgründung die Gesinnungen vieler Fahrhunderte nicht in Einzelstimmen, sondern in reichen, kaum übersehbaren Thören! Was das Wort oder der Zeichenstist festzuhalten sich bemühen mag, kann darum auch nichts anderes sein als ein Versuch, die bunte Fülle dieses vornehm= stillen Daseins und den Wohllaut seines Formenspieles ahnen zu lassen, einzig zu dem Zwecke, daß in fernen Landen den Söhnen dieser herrlichen Heimat eine der vielen Saiten wieder erklinge und ihr ferner Märchenton Hingabe und Opfer verklären helfe. & Blicken wir zunächst hinauf zu den treuherzigen schmiedeeisernen Wirtshausschildern, die über den Toren der recht zahlreichen Schen¬ ken unserer lieben Eisenstadt zu einem besinnlichen Trunke laden. Man sieht es ihnen auf den ersten Blick an, daß sie in Zeiten ge¬ schaffen wurden, in denen das Auge noch nicht an einem Über¬ maß von Werbemitteln stumpf geworden war; diese Schilder wenden sich vielmehr an das Behagen und die gute Laune ihrer Besucher und entstammen einer fast kindhaften Vorstellungs¬ welt. Gerade diese anheimelnde Art aber, den Vorbeieilenden mit größter Einfalt anzureden, ihn schon durch das alte, Fahr¬
Geschütz-Bohrmaschine des Büchsenmachers Pbilipp Moench aus dessen „buch der stryt von buchsse“ (1446). stellung einer Geschützbohrmaschine aus der Zeit um 1450, bei der im umgekehrten Bohrvorgang der von oben herabkom¬ mende, sich in einem Lager drehende Meißelhalter in das zwischen vier Gestellpfosten aufgestellte Rohr hineinarbeitet. Der Meißelhalter ist unmittelbar mit einem Göpel verbunden den Pferde antreiben. Durch Seilwinden wird der Bohrer bei fortschreitender Versenkung nachgelassen. Kräftiger gebaut, leistungsfähiger und von vier Pferden an¬ getrieben ist die in der Heidelberger Handschrift „buch der stryt von buchsse' des pfälzischen Antwerkers Philib Moench dargestellte Geschützbohrmaschine aus dem Jahre 1496. Sie ist die bestausgeführte Geschützbohrmaschine ihrer Zeit. Moench bearbeitet den in die Erde eingesetzten Mörser mit einem von Stahlmeißeln besetzten Bohrkopf, der gleichfalls durch Seilwinden gesteuert werden kann. Der Italiener Vanuccio Biringuccio, der Vorläufer des Deut¬ schen Agricola, liefert uns in seinem weitverbreiteten Werke „De la pirotechnia“ Venedig, 1540, die erste ausführliche Be¬ schreibung des Bohrens von über Kern gegossenen Geschützen auf einer Horizontalbohrmaschine. Die von ihm beschriebene Bohrmethode blieb noch das ganze 17. Jahrhundert in An¬ wendung. Erst das beginnende 18. Jahrhundert bringt die Um stellung auf das Bohren vollgegossener Geschützrohre, bei der der Kasseler Geschützgießer Keller Pionierarbeit leistet, der 1720 wieder mit einer Vertikalbohrmaschine arbeitet. Eine Reihe von Geschütztechnikern, besonders die aus Burgdorf bei Bern in der Schweiz stammende Erfindergeneration Maritz, der belgische Generalmajor Ulrich Huguenin, der französische Ar¬ tillerieingenieur Villons, der englische Ingenieur Wilkinson voran aber der Deutsche Georg Friedrich Reichenbach, Stück¬ bohrmeister der kurpfälzischen Stückbohrerei und Erbauer des militärischen Gieß- und Bohrhauses in Augsburg sowie des Kanonenbohrhauses im Wiener Arsenal (1821), haben neue, ver¬ besserte Geschützbohrmethoden ausgearbeitet, die im wesent¬ lichen darin bestanden, daß nicht mehr der Bohrer, sondern das Werkstück bewegt und vorgeschoben wurde, wodurch die Genauigkeit des konzentrischen Bohrens bedeutend erhöht werden konnte. Weist demnach die Technik des Geschützbohrens und ihrer Maschinen zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereits einen be¬ achtlichen Stand auf, so ist in der deutschen Maschinenindustrie die Bohrmaschine zu jener Zeit noch fast unbekannt. Auf der Deutschen Gewerbeausstellung in Berlin im Jahre 1844 gibt es wohl Drehbänke und Hobelmaschinen, jedoch noch keine einzige Bohrmaschine. Dem Berliner Schlosser August Hamann, der in England die Bedeutung des Werkzeugmaschinenbaues kennengelernt hat, gebührt das Verdienst, als Begründer des deutschen Bohrmaschinenbaues genannt zu werden. Hamanr hat sich jedoch nicht damit begnügt, das englische Vorbilc nachzuahmen, er hat mit Erfolg nach Verbesserungen gesucht, die den Weg zur leistungsfähigen Bohrmaschine eröffneten. Was für Norddeutschland Hamann war, bedeutete für Süd¬ derdehland der 1798 in Bürstling bei Gmund geborene baye¬ macher Johann Mannhardt. Im Jahre 1814 machte in München eine bescheidene Werkzeugmaschinen¬ ehn Jahre später, bei der Allgemeinen deutschen tellung in München, glänzte er bereits mit einer schine mit allseitiger Anwendung der Spaltbremse; nbohrmaschine mit Parallelschraubstock auf dem Tisch; einer Ständerbohrmaschine mit vierfacher e, achtmaliger Versetzung der Geschwindigkeit, Selbstbetrieb des Bohrers und Räderübersetzung, vertikaler und zweifach horizontaler Tischbewegung mit Schraube; einer ähnlichen Maschine mit Handbetrieb des Bohrers, dreifacher Räderübersetzung, damit sechsmaliger Geschwindigkeitsver¬ änderung, die vertikale Tischbewegung mit Zahnstange und Schraube ohne Ende. Das allgemeine, im Neuen Kunst- und Gewerbeblatt in Bayern veröffentlichte Urteil über den Mann¬ hardtschen Werkzeugmaschinenbau aber laufete: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Arbeitsmaschinen des Herrn Mann¬ hardt eine Vergleichung mit den besten englischen Fabrikaten dieser Art nicht zu scheuen haben, dieselben vielmehr durch Geschützbohrmaschine von Vanuccio Biringuccio um 1540. viele wesentliche Verbesserungen, welche Herr Mannhardt an¬ zubringen fortwährend bemüht ist, übertreffen. Der deutsche Werkzeugmaschinenbau hat also den englischen Vorsprung nicht nur aufgeholt, sondern genau so, wie die steyerische Kleineisenindustrie die englische auf der ganzen Linie schlug, das britische Monopol gebrochen. Dies war der Stand der Bohrtechnik in Deutschland bis zum Vordringen des Spiral¬ bohrers in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die erste Kunde über den Spiralbohrer findet sich in der von William Bailey herausgegebenen Schrift „The advancement of arts and manufactures, die den schon im Jahre 1770 von P. Cook in England — allerdings nur für Holz — verwendeten „Spiral- oder gewundenen Bohrer“ beschreibt und abbildet. Spiralbohrer für Metall wurden erstmalig seit 1820 benutzt. Auch Dingler weist 1822 in seinem „Polytechnischen Jour¬ nal“ auf Spiralbohrer hin. Der in Düsseldorf lebende Schweizer Martignoni war es, der den Spiralbohrer in Deutschland einführte. Doch lange Jahre braucht es, bis sich die Er¬ Sehane kenntnis durchringt, daß der Spiral¬ bohrer nicht nur genauer, sondern Mie hder dt. auch wirtschaftlicher arbeitet, da seine stumpf gewordene Schneide ohne Beeinträchtigung der Maßhaltigkeit immer wieder nachgeschliffen werden kann. Trotzdem behauptet der billige, in den Werkstätten zumeist selbst hergestellte Spitz-, Herz- oder Zen¬ trumbohrer noch lange seine Stel¬ lung. Jedoch die das 20. Jahrhundert kennzeichnende Rationalisierung, vor allem aber der die Grundlage der Großserienfertigung bildende Aus¬ tauschbau zwingen zu immer höherer Genauigkeit und Beschleunigung in der Fertigung. Der alte, gute Zen¬ trumbohrer kann diesen Anforderun¬ gen nicht mehr nachkommen. Der Siegeslauf des Spiralbohrers und der von der Werkzeugmaschinen-Indu¬ strie Deutschlands entwickelten Hoch¬ leistungs-Präzisionsbohrmaschine be¬ ginnt. Quellen: Wilhelm Hassenstein, Das Feuerwerkbuch von 1420; Walter Springer, Der Weg zur modernen Bohrmaschine (Werksgeschichte der Ma¬ schinenfabrik Hermann Kolb, Köln-Ehren¬ feld). Spiralbohrer für Metall, 1822 (Dingler) Spiral-oder gewundener Bohrer für Holz nach P. Cook (1770)
ERNST OSICKA DER WERDEGANG EINES SPIRALBOHRERS Es gibt Spiralbohrer mit konischem und solche mit zylindrischem Schaft, je nachdem das obere Ende des Bohrers zylindrisch oder konisch ist. Die konischen Bohrer haben einen Morse¬ konus von Nr. 1 bis Nr. 6, die in das dazu bestimmte Futter in der Bohrmaschine gedreht werden. Die Bohrer mit zylin¬ drischem Schaft werden in Bohrfutter gespannt. Zylindrische Bohrer von 0.2 bis 10 mm Durchmesser werden aus blank gezogenem oder vorgeschliffenem Stahl erzeugt, wäh¬ rend für konische Bohrer gewalzter Rundstahl verwendet wird. Weiter unterscheiden wir den Kurzdrallbohrer, der beispiels weise für Kupfer und Aluminium, und den Langdrallbohrer, der für Hartgummi, Bronze, Messing und Elektron verwendet wird. Der Spiralbohrer besteht aus folgenden Hauptteilen: Schaft (konisch oder zylinderisch), zwei Spiralnuten, Querschneide oder Seele, Facette und zwei mit der Querschneide verbundene Schneiden, die den wichtigsten Teil des Bohrers bilden. Bei der Herstellung des Spiralbohrers wird zuerst der Rohling von der Stange auf die vorgeschriebene Länge abgelängt, wor¬ auf das Drehen des Konus oder des Zylinders folgt. Dann kommt der Rohling zur ersten Operation, zum Nuten¬ oder Spiralfräsen. Spezialmaschinen, die nur für diesen Zweck gebaut sind, besorgen diese Arbeit. Der Rohling wird in ein Spannfutter gespannt und in eine seinem Durchmesser entsprechende Fräsbüchse geführt. Damit beginnt das eigentliche Fräsen der Nuten. Durch den Vorschul und das Drehen des Rohlings um seine eigene Achse wird die Nut auf die eingestellte Spirale und Tiefe gefräst. Dabei ist die Nutenfräsmaschine so eingerichtet, daß die Querschneide dem Nutenende, also dem Schaft zu, stärker wird, um dem Bohrer einen größeren Widerstand zu geben. Die beider Nuten und die durch die Querschneide verbundene Form heißen das Profil und bilden zugleich den Hauptteil des Bohrers. Ist das Profil eines Spiralbohrers nicht einwandfrei, dann werden seine beiden Schneiden nicht richtig arbeiten und es wird unmöglich sein, saubere Bohrlöcher zu erzielen. Auch wird, in den meisten Fällen, der Bohrer brechen, sobald er eine seinem Durchmesser entsprechende Tiefe erreicht haf. Das Nutenfräsen erfordert daher große Genauigkeit beim Ein¬ stellen der Maschine, um Ausschuß zu vermeiden. Der nächste Arbeitsgang ist das Hinterschleifen, durch welches die Facette gebildet wird. Dieser Arbeitsvorgang gleicht im wesentlichen dem Nutenfräsen, jedoch mit dem Unterschied, daß der gefräste Bohrer auch noch durch eine Büchse geführt und der Nut entlang mittels einer Schleifscheibe am Umfang des Bohrers geschliffen wird. Die Facette hat die Aufgabe, die Reibungsfläche des Bohrers am Umfang zu ver¬ ringern. Da die Facette dem Bohrer eine gewisse Führung gibt, kann er sich beim Bohren nicht verlaufen. Das heißt, daß es bei einer entsprechenden Kühlmittelzuführung nicht vor¬ kommen kann, daß ein Bohrer sich anreibt oder anfrißt. Die Facette soll weder zu schmal noch zu seicht sein. Diese Mängel würden ein Steckenbleiben und damit ein Unbrauch¬ barwerden des Bohrers beim Bohren verursachen. Ist der Bohrer nutengefräst, wird er gehärtet. Richtige Härtung ist besonders wichtig, denn selbst ein aus bestem Stahl hergestellter Bohrer wird nicht entsprechen, wenn er un¬ richtig oder schlecht gehärtet worden ist. Moderne Härterei¬ anlagen sind so vorzüglich eingerichtet, daß Fehlhärtungen unbedingt vermieden werden können. Kontrollinstrumente über¬ prüfen dauernd den Härtevorgang und ermöglichen die sichere Einhaltung der für die verschiedenen Stahlarten genau vor¬ geschriebenen und auch praktisch erprobten Härtetemperaturen. Weil durch das Härten Spannungen im Material entstehen, die eine wenn auch minimale Veränderung der äußeren Form des Bohrers verursachen können, muß nach dem Härten nach¬ gelassen und der Bohrer gerichtet werden. Diese Arbeit geschieht mittels einer Handpresse. Der an einer Flamme angewärmte Bohrer wird an seinem Schlag solange zurück¬ gerichtet, bis das vorgeschriebene Maß des Schlages erreich ist. Da es sich hiebei um nur einige wenige Hundertstel Milli¬ meter handelt und gehärtete Teile, vor allem Spiralbohrer, durch Gegendruck leicht brechen, ist das Richten eine sehr heikle Arbeit, die nicht nur große Genauigkeit, sondern auch viel Verständnis und Fingerspitzengefühl erfordert. Es folgt hierauf das Rundschleifen und, anschließend einer der wichtigsten Arbeitsgänge: das Schärfen des Spiralbohrers. Bei dieser Arbet kommt es darauf an, daß die Schneden gleich lang und der Hinterschliff — der Brustwinke — richtig ausgerichtet ist, ansonsten der Bohrer seine Aufgabe nicht erfüllen kann. Auch das Schärfen geschieht mit Spezial¬ maschinen. Bei kleineren Bohrern jedoch, mit Durchmessern von 0.2 bis etwa S Millimeter, muß die geübte Hand diese schwierige Arbeit leisten. In beiden Fällen, ob mit Maschine oder Hand, bedarf es einer langjährigen Fertigkeit und großen Obung, um dem Bohrer den genauen Endschliff zu geben von dem, nicht zuletzt, seine Güte und Vollkommenheit abhängt. Bei den abschließenden Kontrollen werden die fertigen Bohrer überprüft, fehlerhafte ausgeschieden, die einwandfrei befun¬ denen aber in die Konservierung geleitet, wo sie durch Einfetten insbesondere gegen Rostbildung geschützt werden Im Fertiglager werden die Bohrer nun nochmals überprüft, sortiert und verpackt, um als wichtiges und vielseitg verwen¬ detes Werkzeug heute voran dem Rüstungsarbeiter in seiner verantwortungsvollen und schweren Arbeit zu dienen. Nutfräsen von Spiralbohrer Hinterschleifen von Spiralbohrer Kontrollieren
EIN PRAKTIKERspricht über BOHREN MIT SPIRALBOHRERN Zu den wichtigsten Arten des Spanabhubes gehört das Bohren mit Spiralbohrern. Um aus diesem idealen Werkzeug die höchste Leistung herauszuholen, ist es notwendig, die Arbeits¬ regeln über Geschwindigkeit und Vorschub zu kennen und einzuhalten. Für die Feststellung der Geschwindigkeit, mit der ein Bohrer laufen und wie groß der Vorschub je Umdrehung sein soll, lassen sich wegen der Verschiedenheit der Rohstoffe und der sonstigen Arbeitsbedingungen allgemein gültige Regeln nicht aufstellen. Die nachstehend angegebenen Geschwindigkeiten und Vor¬ schübe dienen deshalb nur als empfehlenswerte, aus der Praxis gewonnene Richtlinien. In ihrer richtigen Anwendung für jeden Sonderfall erweist sich das Können und Verständnis des Facharbeiters. Geschwindigkeiten. Gußstahlbohrer, Anfangsgeschwindigkeit: 9—10 Meter/ Min. bei Maschinen-Stahl 12—16 Meter Min. bei Gußeisen 18—36 Meter Min. bei Messing. Schnellstahlbohrer, Anfangsgeschwindigkeit: 22—30 Meter Min. bei Maschinen-Stahl 22—45 Meter/ Min. bei Gußeisen 16—22 Meter/ Min. bei legiertem Stahl 60—90 Meter Min. bei Messing. Vorschübe. Die Vorschübe richten sich nach der Größe des Bohrers und dem zu bohrenden Material. Als Faustregel gelten folgende Vorschübe: pro Umdrehung: 0.025—0.05 mm bei Bohrern unter 3 mm 0.15 —0.1 mm bei Bohrern von 3—6½ mm 0.1 —0.18 mm bei Bohrern von 6½—13 mm 0.18 —0.38 mm bei Bohrern von 13—25 mm 0.38 —0.63 mm bei Bohrern über 25 mm. Legierter und besonders harter Stahl sollte mit etwas kleinerem Vorschub als oben angegeben gebohrt werden, während beim Bohren von Gußeisen, Messing und Aluminium ein größerer Vorschub andewendet werden kann. Anzeichen von Ge¬ schwindigkeits- und Vorschubsgrenzen Ein in der Seele aufgespaltener Bohrer ist ein Beweis für zu gro¬ ßen Vorschub oder für ungenü¬ genden Hinterschliff infolge un¬ en Schleifens (Abb. 1 und 2). Rasche Abnutzung der Schneidkantenecken weist auf eine zu große Ge¬ eit (Abb. 3). Die besten Ergebnisse werden erzielt, uswirkung der Arbeitsleistung auf das Werkzeug er obigen Bedingungen liegt. Absplittern oder der äußeren Schneidkantenecken zeigt an, daß ent¬ Vorschub zu groß ist oder daß der Bohrer beim en mit zu großem Hinterschliff versehen wurde Schmierung Schmiermittel Um die empfohlenen Geschwin¬ digkeiten und Vorschübe aufrecht zu halten, muß irgend ein gutes Schmiermittel gebraucht wer¬ den. Wir empfehlen folgende in der genannten Reihenfolge: Harter und zäher Stahl: Terpentinöl, Petroleum, Bohrwasser. Weicher Stahl und Flußeisen: Bohrwasser. Schmiedeeisen: Bohrwasser. Messingeisen: trocken. Aluminium und weiche Legierungen: Petroleum, Bohrwasser. Gußeisen: trocken oder Preßluft als Kühlmittel. Diese Angaben über Schmier- und Kühlmittel finden Anwen¬ dung bei Gußstahl- und Schnellstahl-Bohrern. Ein Bohrer, der für Höchstleistung beim Bohren auf hartem Stahl gehärtet und angelassen ist, kann zu spröde sein, um einwandfrei in weicherem, aber zäherem Ma¬ terial zu arbeiten. Der lagermäßige Spiralbohrer ist gehärtet und angelassen für durchschnittliche Bedingungen, um sowohl auf hartem als auch auf weichem Material gute Ergebnisse zu zeitigen. Abweichungen in der Materialhärte müssen vom ge¬ schickten Arbeiter durch Anderungen der Geschwindigkeit und des Vorschubes ausgeglichen werden. Geschwindigkeit und Vorschub müssen der Härte des Materials an¬ gepaht werden Ungenügende Geschwindigkeit beim Bohren kleiner Löcher mit Handvorschub erhöht die Bruch¬ gefahr insbesondere in dem Augenblick, in dem der Bohrer an der Gegenseite des Arbeits¬ stückes durchbricht. Das ist darauf zurückzuführen, daß es bei zu geringer Geschwindigkeit dem Arbeiter nur schwer möglich ist, den Vorschub genau zu kontrollieren (Abb. S). Wichtigkeit der Ge¬ schwindigkeit beim Bohren kleiner Löcher
Bohren auf Aufomaten Hohe Geschwindigkeit und kleine Toter Gang in der Bohrn naschine off Ur¬ Vorschübe sind besonders zu empfehlen für Automaten, wenn die Lochtiefe den vierfachen Bohrerdurchmesser nicht übersteigt. Für tiefere Lö Wird sache für Bohrerbruch fich ein Olnuten oder Ölkanalbohrer off als vorteilhaft er¬ weisen. Ungeeignete Kühlung von Schnellstahlbohrern Nichts wird bei einem Schnell¬ stahlbohrer rascher zu Sprüngen führen, als ein Strahl kalten Wassers, nachdem der Bohrer durch Bohrarbeit erhitzt worden ist. Ebenso ungünstig wirkt das Eintauchen der Bohrerspitze in kaltes Wasser nach ihrem Erhitzen beim Anschliff. Die aus solchem Brauch herrührenden Wassersprünge und Wasserrisse brechen beim Arbeiten aus und führen rascher zu Abnutzung oder Bruch (Abb. 6). Vorsicht beim Bohrerdurchbruch Große Drehzahl, Meiner Vorschub. Ungeeignete Muhlung von Schnellstahlbohrern ergibt Mersserrisse, dodurch rasche Rhnutzung oder Bruch. Abb. 7 Bohrer werden oft wegen Bru¬ ches verurteilt, obwohl sie ordnungsgemäß gehärtet und angeschliffen sind und mit richtigen Geschwindigkeiten und Vorschüben laufen. Die Ursache de Bruches liegt in solchen Fällen in der Bohr¬ maschine. Wenn irgendweiche Federung oder irgendweiches Spiel zwischen dem Bohr¬ maschinenkopf und dem Tisch vorhanden ist, wird der Boh¬ N rer nicht eher zu schneiden anfangen, als der Druck des Mittellinienabweichune Vorschubes die Federung oder bedeutet Bohrerbruch das Spiel ausgeglichen hat. Hat dieser Ausgleich stattge¬ funden, dann bleibt der Druck bis zum Durchbruch des Bohrers konstant. In diesem Augenblick läßt der dem Bohrer entgegenstehende Widerstand jedoch plötzlich nach und der Bohrer hakt ein. Dies wiederum ver¬ ursacht große Erhöhung des Drehmomentes und führt dann häufig zum Bruch des Bohrers. Jede Beweglichkeit des Tisches gegenüber dem Bohrmaschinen¬ kopf oder der Bohrspindel beim Bohren eines Loches wirft die Bohrspindel aus der Achse der Lochmitte und biegt und zwängt den Bohrer, was gleichfalls oft Bohrerbruch herbeiführt. Richtiges Aufspannen des Arbeitsstückes auf den Tisch ist in¬ folgedessen die erste und wichtigste Bohranweisung (Abb. 7). Erste Hilfe bei Bohrarbeiten Anzeichen: Wahrscheinliche Ursache: Abhilfe: Bruch des Bohrers. Federung oder foter Gang in der Maschine oder im Ar¬ beitsstück. Zu kleiner Spitzenhinterschliff. Zu kleine Ge¬ schwindigkeiten im Verhältnis zum Vorschub. Stumpfer Bohrer. Ausbrechen der äußeren Schneid- Das zu bohrende Material hat harte Stellen, Lunker- oder kantenecken. Sandeinschlüsse. Zu hohe Geschwindigkeit. Ungeeignetes Schmiermittel. Schmiermittel kommt nicht an die Spitze des Bohrers. Bruch des Bohrers beim Bohren von Messing oder Holz Abgebrochener Konuslappen. Absplittern des Bohrrandes. Ausbrechen der Spitze oder der Schneidkanten. Späne verstopfen die Nute. Ungenaues Sitzen des Konus in der Hülse, verursacht durch Späne, Schmutz, Unebenheiten oder abgenützte Hülse. Bohrbüchse zu groß. Vorschub zu groß. Spitzenhinterschliff zu groß. Ausbrechen oder Absplittern Beim Schleifen oder Bohren erhitzt und zu rasch abgekühlt. eines Schnellstahlbohrers. Zu großer Vorschub. Veränderung der Späne beim Bohren. Loch zu groß. Schneiden nur einer Schneid¬ kante. Veränderung des Zustandes des Bohrers, wie z. B. Aus¬ brechen der Schneidkanten, Stumpfwerden usw. Ungleiche Schnittkantenwinkel oder ungleiche Länge der Schneidkanten oder beides. Spiel oder Schlag der Bohr¬ spindel. Ungleiche Länge oder ungleicher Hinterschliff der Schneid¬ kanten. Ausspalten des Bohrers der Hinterschliff zu klein. Vorschub zu groß. Länge nach. Rauhes Loch. Bohrer stumpf oder unsachgemäß geschliffen. Fehlen von Schmiermittel oder falsches Schmiermittel. Unsachgemäße Aufspannung. Vorschub zu groß. Untersuchen der Maschine und des Arbeitsstückes auf feste Lage und axiale Einstellung. Richtiger Anschliff. Erhöhung der Geschwin¬ digkeit oder Verringerung des Vorschubes. Scharfschleifen. Geschwindigkeit verringern. Ge¬ eignetes Schmiermittel verwen¬ den und ordnungsgemäße Zufüh¬ rung desselben. Geschwindigkeit erhöhen, Ver¬ wendung von Spezialbohrern. Neue Hülse oder alte Hülse sorg¬ fältig ausreiben. Passende Bohrbüchse. Vorschub verringern. Ordnungs¬ mäßig anschleifen. Vor Gebrauch langsam vorwär¬ men. Beim Schleifen oder Bohren kein kaltes Wasser auf heißen Bohrer gießen. Vorschub verringern. Bohrer ordnungsgemäß neu schleifen. Bohrer ordnungsgemäß schleifen. Prüfung der Bohrspindel. Bohrer ordnungsgemäß schleifen. Richtiger Hinterschliff. verringern. Ordnungsgemäß schhl Schmiermittel verweis passendes Schmiermi Vorschub verringern Va# Ernst Osicka 18
Sie Schlacht bei Marengo war geschlagen. Napoleon, der Konsul, nach dem 18. Bru¬ maire im Alleinbesitz der Macht, hatte an ein und demselben Tage, am 27. Mai 1800, eine Schlacht gegen die löwengleich kämpfen¬ den Oesterreicher verloren — und eine zweite gewonnen. „Ja, die Schlacht ist verloren? sagte er zu den Generalen, während er am Wegrande bei San Giuliano saß und an einem Grashalme kaute. „Eine Schlacht ist verloren. Es ist aber erst zwei Uhr. Liefern wir eine zweite, sobald Desaix da ist!“ Er pie den Grashalm aus, riß einen zweiten ab und fing wieder an zu kauen. Er war ganz ruhig. Er wußte, daß er siegen werde. Er „erinnerte sich' — so schrieb sein treuester Freund, der Comte Las Cases in seinen Remoiren — „irgendwie', daß General De¬ Geserven kommen müsse. Und Desaix ). Tief atmend erhob sich Na¬ nig sich aufs Pferd und stürmte ht: „Soldaten, ich brauche euer hr müßt es mir opfern!“ Desaix der mutige und tüchtige öster¬ veral Melas das letzte Opfer dieses Entscheidungskampfes. Die öster¬ reichische Armee wurde geschlagen. Von aber¬ gläubischem Entsetzen erfaßt, flüsterte Melas, als er in das blitzende Angesicht Napoleons schaute: „Der Mann des Schicksals. Das Schicksal Italiens und Oesterreichs, das Schicksal Frankreichs, das Schicksal ganz Europas war entschieden. Auf Marengo folgte Hohenlinden. Unaufhaltsam rückte die Re¬ volutionsarmee unter General Moreau gegen Oesterreich vor, drang in Oberöster¬ reich ein und am 19. Dezember 1800 hörte man in Steyr bereits den Kanonendonner des Gefechtes bei Traun. Am 21. Dezember mittags, nach verlore¬ ner Schlacht, reitet Erzherzog Karl mit seinem Stab durch Steyr; er räumt den Franzosen das Feld bis an die Enns. Fliehende Truppen folgen nach, und als die letzten österreichischen Kämpfer über die Ennsbrücke gerückt sind, wird sie zerstört, um den Rücken zu sichern. Um sieben Uhr abends teht General Richepanse mit der Vorhut am Kopf der Steyrbrücke. Festbeleuchtung befiehlt er den Steyrern zu seinem Empfang. Um elf Uhr nachts zieht er bei Fackelschein in die Stadt ein und nimmt im Schloß Quartier. Zahllose Wachfeuer brennen auf den An¬ höhen, am Tabor, im Aichet, gegen Neuzeug bis Sierning. Steyr wird in dieser eisig kalten, schaurigen Thomasnacht geplündert und gebrandschatzt. Grouchy, Montrichard, Decaen und schließlich Moreau selbst, der Général en chef, und mit ihnen 36.000 Mann Fußvolk kommen nach, fordern Quartier und Lebensmittel. Die verarmten Bürger können sie nicht beschaffen. Bäcker, Fleisch¬ hauer und Gastwirte müssen sie gegen magistratische Anweisung vorstrecken. Den Kaufleuten wird das Tuch, den Lederern das Leder abgenommen. Die Handwerker arbeiten Tag und Nacht für die feindliche Armee, die von den Hammerwerken, von den Messer= und Armaturenschmieden Besitz er¬ greift, um ihre Waffen ausbessern oder neue erzeugen zu lassen. Kontributionen und Re¬ quisitionen von über 70.000 Gulden — un¬ gerechnet die täglichen Verpflegskosten von 500 Gulden für die unersättliche Generalität bringen die Stadt zum Weißbluten. 19
Draußen im Steyrdorf, in einem stattlichen Bürgerhaus beim „Roten Brunnen', logiert der General¬ quartiermeister Desolles. Gegen¬ über, im alten Lebzelterhaus, beim Haller, hat ein junger Unteroffizier Unterkunft gefunden. Er ist Elsässer. Der plätschernde Brunnen mit dem massigen Steinkranter, die hoch¬ giebeligen Häuser mit den Putzen¬ scheiben= und Verkaufsfenstern auf den heimeligen Platz hinaus, das kleine Guckerl, die Pfefferkuchen¬ herzen, die Lebzeltenmanderl und sweiberl erinnern ihn an seine Vaterstadt, in der, nach deutscher Sitte, auch Weihnacht gefeiert Die Puppenstube aus dem Jahre 1800 im Lebzelterhaus tausendjährigen, so oft und schwer geprüften Stadt ausatmen, haben nicht nur das Herz des jungen Unteroffiziers beruhigt, sie haben auch das Gemüt des harten und rücksichtslosen Moreau ergriffen. Am 25. Dezember läßt er durch seinen Generaladjutanten Lahori die Verhandlungen mit dem Gene¬ raladsutanten des Erzherzogs Karl, Graf Grüne, aufnehmen und schon am 27. Dezember wird im Hause der Löwen=Apotheke in Zwischen¬ brücken der langersehnte Waffen¬ stillstand unterzeichnet. Steyr — seit eh und je an das Weltgeschehen durch unerforschliche Winkel im Lebzelterbaus wird. Und so lehrt er, der nach Heimat und Frieden sich sehnt, den Enkeln des Lebzelters elsässische Weihnachtslieder und richtet ihnen eine putzige Puppenstube mit zier¬ lichen Figürchen als Weihnachts¬ gabe zurecht. Die Ruhe und der tiefe Frieden, den die stillen Winkel und die alt¬ ehrwürdigen Bürgerhäuser dieser Alte Leuchte im Lebzelterbaus Zusammenhänge gebunden — er¬ füllte zur Weihnacht 1800 durch sein Opfer die Vorbedingungen für den Frieden von Lunéville. Die zehnjährigen Kriege der Französischen Revolution wurden in Steyr beendet. Eine neue Zeit schien anzubrechen — und es war, als bringe sie der Welt den Frieden. Lichtbilder: Seite 3: Schaffazik, Steyrwerke. — Seite 9: Fina, Steyrwerke. — Seite 20: Seids, Steyrwerke, derzeitim Felde. — Alleübrigen Lichtbilderausder Lichtbildstelle Steyrwerke. — Zeichnungen: Seite 18 und 19: Ringl, Steyrwerke. Nachdruck nur mit Zustimmung der Schriftwaltung. — Herausgegeben im Einvernehmen mit der Hauptabteilung Werkzeitschrifte der DAF. Berlin W 35, von der Steyr-Daimler-Puch Aktiengesellschaft, Steyr. — Schriftwalter: Hans Doppler, Schriftleiter R. Druck: Buch- u. Steindruckerei J. Wimmer, Linz, Promenade 23.- S 6349 43 Handgeschnitzter Lebkuchenmodl
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