General Dietl kommt auf Inspektion. Da kam eines Tages die Nachricht: General Dietl besichtigt die Abteilung, um sich persönlich vom Stande der Ausbildung der Mannschaft zu überzeugen! Wird alles klappen, wird uns keiner blamieren? Das war die bange Frage, die uns allen Herzklopfen verursachte. Dünktlich auf die Minute traf der General, hoch oben auf unserem Berggelände, ein. Sein einziger Begleiter war der Stadtkommandant von Drontheim. Da stand er nun vor uns, der beld und Bezwinger von Narvik. In seinem schlichten Kleid als Alpenjäger, ein echter Kamerad, wie wir dies später selbst erlebten. Ob¬ wohl General Dietl nur eine Stunde zugesagt hatte, war er von unserer „Steyr“=Motor=Karette so eingenommen, so daß er volle drei Stunden nicht von ihr herunterstieg. Je besser und näher er das Fahrzeug kennen lernte, je gefährlichere Sümpfe und Felsplatten befahren wurden, desto begeisterter war General Dietl. Noch deutlich entsinne ich mich seiner Worte: „Ja, wenn ich diese kleinen Teufel um einige Wochen früher gehabt hätte!“ Das ist unser General Dietl, einfach und urwüchsig in seinem Gehaben, ein Mann, der seine Berge liebt und sie deshalb auch bis zum letzten verteidigt. Mit warmen, herzlichen Worten, in denen auch sein Dank mitklang, verabschiedete sich der General. Dieser Tag bleibt uns unvergeßlich. Wir passieren den Polarkreis. Nach abgelegter Prüfung wurde die Abteilung in vier Teile geteilt, die in verschiedenen Standorten das Erlernte praktisch auszuwerten hatten. Mit einer dieser Abteilungen fuhren wir über Schweden nach Narvik, während Kamerad Bergauer mit einer anderen Abteilung nach Namsos zog. Wieder ging die Reise im Lastzug. In einem Diehwagen richteten wir uns wohnlich ein und ich muß gestehen, es ist nicht die schlechteste Fahrt, wenn man genügend Stroh hat. Hell, unsere Abfahrtstation, liegt knapp an der schwedischen Grenze, die wir denn auch bald erreichen. Um zwölf Uhr mittags passieren wir mit viel Geschrei und Glockengeläute — wir hatten einer Kuh die Glocke gestohlen — den Polarkreis. Kurze Seit später hielt der Zug und das schwedische Begleitpersonal verschloß die Türen unseres Aussichtswagens, um uns den Anblick eines großen Stauwerkes mit anschließendem Elektrizitätswerk zu entziehen, ein Anblick, der uns Ostmärkern gar nichts Neues bietet. Nun wird die Degetation immer spärlicher. Statt hoher Fichten sieht man nur mehr stark bemooste niedere Bäume und Sträucher. Einsam steht ein Elch in einer Lichtung; er läßt sich durch das Getöse des Zuges gar nicht stören. Nach weiteren neun Stunden Fahrt erreichen wir die Stadt Kiruna mit dem berühmten Erzberg. Ein Erzzug steht, vollbeladen, neben dem anderen. Weiter geht die Fahrt der norwegischen Grenze entgegen. Eine herrliche Doppelsonne verfärbt Himmel und Wolken in den zauberhaftesten Spektralfarben. Die Gegend wird immer romantischer. Entlang dem stillen, ruhigen Torneträsk schlängelt sich die Bahn der Höhe zu. Noch eine Kehre und wir sind, knapp an den schneebedeckten Bergen, in der schwedischen Grenzstation eingelangt. Die deutsche Kriegsflagge im hohen Norden. Diese Station ist eigentlich nur ein großes Wintersporthotel. In unmittelbarer Nähe, auf einem Felsgipfel, der wie eine natürliche Festung aussieht, begrüßt uns, im Winde flatternd, die deutsche Kriegsflagge. Nach kurzem Abschied vom begleitenden schwedischen Zugspersonal verschlingt uns der erste norwegische Tunnel. In vorsichtiger, langsamer Fahrt sehen wir von Seit zu Seit kleine Lichter und schon werden wir von einem deutschen Militärposten, der in diesem nassen Gemäuer brav seine Pflicht tut, mit einem kräftigen „Heil Hitler!“ willkommen geheißen. Aus allen Kehlen tönt der Gegengruß. Als wir wieder ans Tageslicht kamen, ließen Uebel und eisige Kälte uns unsere Wolljacken so rasch als nur möglich auspacken. Aber die Nebel steigen, es wird heller und vor uns breitet sich das von unseren Gebirgsjägern so tapfer ver¬ teidigte und gehaltene, von wildzerklüfteten Bergen eingeschlossene Tal aus. Hat uns durch Schweden eine elektrische Lokomotive gezogen, so ist es jetzt eine kleine leichte Dampflokomotive, die uns im Schneckentempo unserem Siele ent¬ gegenführt. Da hieß es plötzlich: alles aussteigen! Wir standen vor der, aus den Kriegsberichten wohlbekannten Nordals¬ brücke, über die wir jeden Wagen einzeln schieben mußten, weil sie trotz eifrigster Arbeit unserer Dioniere noch nicht voll tragfähig war. Rechts unten sehen wir jetzt die letzte Spitze des Ofotfjords, den tiefgrünen Rombakken,
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