Werkruf - Jahrgang 2 - Folge 9/10 - 1939

Zwei und Rei des beiriessarfniasen dienstes. Don Dr. med. Otto Wieden. (Werk Graz). Behandlungszimmer in der Unfallstation Werk Graz Mit 1. Oktober habe ich die haupt¬ amtliche Bebriebsarztstelle im Werke Graz übernommen und bin gleich¬ zeitig als Vertrauens= (Chef) Arzt bei der Landesversicherungs=Anstalt (Kran¬ kenkasse) ausgeschieden. Aus diesem Anlasse möchte ich einige Worte an unsere Gefolgschaftsmitglieder richten. Vor der Machtübernahme durch die nsdap. galt die Arbeitskraft des einzelnen Menschen ebenso als Han¬ delsware, wie etwa ein Fahrrad oder eine Uhr. Die natürliche Folge hievon war, daß ein Dolksgenosse, der nicht mehr über die gewünschte Leistungs¬ fähigkeit verfügte, als minderwertig betrachtet wurde und vielfach über¬ haupt keinen Arbeitsplatz mehr be¬ kommen konnte. Vom Führer haben wir nunmehr gelernt, die Schaffens¬ kraft des einzelnen als ein Droblem zu betrachten, an dem das ganze Dolk interessiert ist und deren Erhal¬ tung unsere erste Sorge gelten muß. Wir haben uns also von einer rein sachlichen auf die ideelle Anschauung umgestellt, ganz abgesehen davon, daß die Gesunderhaltung aller Er¬ werbstätigen auch von größter wirtschaftlicher Bedeu¬ tung ist. Wir sind ein armes Land — arm an Raum und Rohstoffen — umso wertvoller muß für uns das Gut der Arbeitskraft sein. Es muß also getrachtet werden, mit allen Mitteln diese Arbeitskraft des einzelnen möglichst lange zu erhalten. Hiezu ist festzustellen, daß jeder Arbeitende auf den richtigen Arbeitsplatz gestellt wird, d. h. weder auf den ihm genehmen noch auf den gerade zur Verfü¬ gung stehenden. Beides wäre grundfalsch; jeder Dolks¬ genosse muß auf jenem Arbeitsplatz eingestellt werden, auf dem er geeignet ist — körperlich und geistig. Es wäre z. B. ein grober Unfug, einen körperlich schwäch¬ lichen Mann auf einen Posten zu stellen, der schwere körperliche Arbeit verlangt; es wäre aber umgekehrt ebenso unverantwortlich im Sinne der Erfordernisse der Allgemeinheit, einen kräftigen Mann in den besten Jahren auf einen Platz zu stellen, den ein körperlich weniger leistungsfähiger ebenso gut auszufüllen in der Lage ist. Es muß hiebei immer wieder hervor¬ gehoben werden, daß nur das Interesse des ganzen Volkes maßgebend sein kann, getreu dem Grundsatz: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Entscheidend darf also niemals sein, ob dem einzelnen die zugewiesene Arbeit paßt oder ob gerade nur bei einer bestimmten Arbeit ein Platz frei ist, entscheidend darf bei der Zuweisung eines Arbeitsplatzes einzig und allein die Tatsache sein, ob der Einzusetzende für diese Tätigkeit sowohl körperlich als auch geistig geeignet ist oder nicht. Um nun hier immer das Richtige zu treffen, wird es nötig sein, daß Hausarzt und Betriebsarzt ver¬ trauensvoll zusammenarbeiten. Ich komme da auf den guten, alten Hausarzt zu sprechen, der die Familie seit Jahrzehnten kennt und von ihren Sorgen und Leiden genau Bescheid weiß. In jeder Familie sollte ein Hausarzt sein, der alle Mitglieder in gesunden und kranken Tagen betreut. Denn auch hier ist es leichter, vorzubeugen und eine Krankheit zu verhindern, als die bereits ausgebrochene Krankheit dann zu heilen. Und gerade der Hausarzt, der mit allen Verhältnissen bestens vertraut ist und die Anlagen jedes einzelnen Gliedes der Sippe kennt, ist der berufenste Mann den im Betriebe für die Gesunderhaltung der Gefolgschafts¬ mitglieder verantwortlichen Betriebsarzt auf dies und jeneshinzuweisen. Aus den angeführten Gründen ist daher die dringende Forderung nach dem Hausarzt zu stellen, eine Einrichtung, die leider in der Nachkriegszeit viel¬ fach in Vergessenheit geraten ist. Auch auf eine negative Seite des betriebsärztlichen Dienstes möchte ich kurz hinweisen. Es ist nicht Auf¬ gabe des Betriebsarztes, Gefolgschaftsmitglieder gesund zu schreiben, um der Krankenkasse und dem Betriebe Rosten zu sparen. Wohl aber muß auch der Betriebs¬ arzt dafür sorgen, daß bereits wieder arbeitsfähig gewordene Arbeiter ihre Schaffenskraft nicht auf Rosten der Allgemeinheit brach liegen lassen. Der Betriebs¬ arzt ist der getreuliche Berater aller Arbeitenden in gesunden und in kranken Tagen; er wird den wirklich Kranken ein Freund und Helfer sein und, in gemein¬ samer Arbeit mit dem Hausarzt, das Bestreben haben, die Krankheit möglichst abzukürzen und dem Erkrank¬ ten wieder voll und ganz die Gesundheit zurückzuge¬ ben helfen. Aber auch dem Gesunden wird er helfend und beratend zur Seite stehen und ihn auf diese oder jene Schädlichkeit aufmerksam machen, die seiner Gesund¬ heit schadet und deren Vermeidung oft lange Krank¬ heit, Siechtum und schlaflose Nächte ihm selbst und seiner amilie ersparen kann. Jedes Gefolgschaftsmitglied soll sich betrauensvoll an den Betriebsarzt wenden; er ist helfend und beratend neben dem Hausarzt um das Wohl¬ ergehen der ihm Anvertrauten besorgt und ist jederzeit be¬ reit, gerechfertigte Wünsche an entsprechender Stelle zum Wohle der Hilfesuchenden, wärmstens zu befürworten. Wenn also die Beteiligten — die Betriebsführung, die Gefogschaftsmitglieder, der Haus= und Betriebsarzt — mit gutem Willen zusammenarbeiten, dann werden wir auch das uns gesteckte Siel erreichen! Ich schließe mit einem Worte des Führers: „Dieses Dolk muß gesund bleiben! Mit seiner Ge¬ sundheit steht und fällt auch unser eigenes Dasein“. 17

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