Werkruf - Jahrgang 2 - Folge 5 - 1939

Der zwingenden Notwendigkeit eines zivilen Luft¬ schutzes im allgemeinen braucht heute nicht mehr das Wort geredet zu werden. Die Erkenntnis hierüber hat in weiten Kreisen unseres Vaterlandes schon Eingang ge¬ funden und gewinnt täglich weiter an Boden. Um so mehr werden sich die zuständigen Stellen der industriellen und gewerblichen Betriebe der ernsten Verantwortung, die ihnen erwächst, bewußt sein. Den feindlichen Luftangriffen werden diejenigen Anlagen besondes ausgesetzt sein, deren Betrieb die Grundlage des Dolks=und Wirtschafts¬ lebens des angegriffenen Landes bildet. Dem Lufischutz aller dieser Werke dem „Werkluftschutz“ muß daher besondere Beachtung geschenkt werden. Sofern der Werkluftschutz noch von der Befürchtung beeinflußt wird, daß mit diesem nicht unerhebliche Kosten verknüpft sind, die der deutschen Wirtschaft nicht zuge¬ mutet werden können, sei hier ausdrücklich betont, daß sich ein großer Teil wichtiger Luftschutzmaßnahmen ohne oder doch mit so geringen Mitteln durchführen läßt, daß die Rosten im Vergleich zum Wert der Maßnahmen völlig in den Hintergrund treten. Der Luftschutz in den industriellen und gewerblichen Betrieben wird nach den Weisungen des Reichsluftfahrt¬ ministeriums von der Reichsgruppe Industrie vorbereitet und durchgeführt. Dies geschieht insbesondere durch so¬ genannte Arbeitspläne. In den Arbeitsplänen wird Seit und Umfang der jeweils durchzuführenden Werkluft¬ schutzmaßnahmen festgelegt.Auf Grund der Arbeitspläne stellen die Dienststellen der Reichsgruppe Industrie an die zum Werkluftschutz gehörenden Betriebe Anforde¬ rungen, und die Betriebe stellen Werkluftschutzpläne auf. Die Leitung der Durchführung des Werkluftschutzes ist zwecks einheitlicher Gestaltung der Berufsorgani¬ sation der Industrie nach Selbstverwaltungsgrundsätzen übertragen. Dieser seit Jahren bewährte Grundsatz wurde in der Ersten Durchführungsverordnung zum Luftschutz¬ gesetz gesetzlich verankert. Es heißt dort, daß es Auf¬ gabe des Luftschutzes sei, das deutsche Dolk und das Reichsgebiet vor den Folgen von Luftangriffen zu schützen, insbesondere Maßnahmen zu treffen, um industrielle und gewerbliche Betriebe und die in diesen tätigen Personen zur Aufrechterhaltung eines ungestörten Gan¬ ges des Betriebes zu schützen. Damit wurde gleichzeitig die Verpflichtung, den Werkluftschutz durchzuführen, gesetzlich klargestellt. Bei der Dorbereitung des Werkluftschutzes muß der Grundsatz vorherrschen, daß der Werkluftschutz der gut organisierte Selbstschutz der Betriebe sein muß. Dann gewinnt man bei allen Fragen, die seine Durchführung betreffen, auch die richtige Einstellung Demnach hat sich der Werkluftschutz nicht nur auf die Gefolgschaft, die bei ihrer Arbeit von einem Luftangriff überrascht wird, sondern auch auf die Werkanlagen, daß nach Möglichkeit der Arbeitsgang ohne größere Störungen fortgeführt werden kann, zu erstrecken. Für den Werkluftschutz verantwortlich, so daß Gefolgschaft, Betrieb und Arbeitsgang bei Luftangriffen den denk¬ 12 bar geringsten Schaden erleiden, kann nur der Betriebs¬ führer sein. Er ist der verantwortliche Leiter seines Be¬ triebes, der allein die Bedeutung seines Betriebes zu beurteilen vermag. Er muß die Kenntnisse und das Wissen haben, die ihn mit der hohen Verantwortung für die Führung seines Betriebes zu allen Seiten aus¬ zeichnen. So ist der Betriebsführer auch der erste Mann im Werkluftschutz seines Betriebes. Ihm zur Seite steht der mit der Leitung und Durch¬ führung dieser wichtigen Maßnahme besonders beauf¬ tragte Werkluftschutzleiter. Im allgemeinen werden im Rahmen der Luftgefähr¬ dung und Empfindlichkeit, Eigenart, Größe und Be¬ deutung des zu schützenden Objekts ausschlaggebend sein. Zu den Maßnahmen, die im Werkluftschutz durch¬ zuführen sind, gehören dann vor allem Maßnahmen auf dem Gebiete des Luftschutzraumbaues, der Ent¬ rümpelung, Derdunkelung und Gerätebeschaffung. Als besonders wichtig aber ist die Ausbildung der erforder¬ lichen Einsatzkräfte anzusehen. Darüber hinaus aber muß es das Bemühen jedes Werkluftschutzleiters sein, die gesamte Gefolgschaft mit dem Wesen des Werk¬ luftschutzes vertraut zu machen. Näheres über die Durch¬ führung des Werkluftschutzes enthalten die von der Reichsgruppe Industrie herausgegebenen Merkblätter. Wird den Weisungen nicht entsprochen, so können von den Dolizeibehörden Zwangsmittel angewandt werden. Der örtliche Luftschutzleiter hat innerhalb des Luft¬ schutzortes die Führung und ist für das einheitliche Zu¬ sammenwirken des Werkluftschutzes mit dem Sicherheits¬ und Hilfsdienst, dem Selbstschutz und erweiterten Selbst¬ schutz verantwortlich. Daher ist ihm von den zuständigen Stellen der Reichsgruppe Industrie über alle Fragen des Werkluftschutzes Auskunft zu erteilen. Er trifft auch die Entscheidung darüber, welche öffentlichen und privaten Dienststellen und gewerblichen und industriellen Betriebe zum Werkluftschutz gehören. Die Ortpolizeibehörde hat die für den Werkluftschutz notwendigen Kräfte aus dem Kreis der nach dem Luftschutzgesetz luftschutzpflichtigen Person heranzuziehen. m Werkluftschutz erstreckt sich die polizeiliche Heran¬ ziehung auf die Werkluftschutz= und Betriebsluftschutz¬ leiter, die übrige Gefolgschaft wird durch diese heran¬ gezogen. Die Heranziehung verpflichtet zur gewissenhaften Erfüllung aller Dienstobliegenheiten, insbesondere zur Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen und Ubun¬ gen. Letztere können vom Betriebsführer und Werk¬ luftschutzleiter angeordnet werden, von den Werkluft¬ schutzvertrauensstellen der Reichsgruppe Industrie und alle dem Werkluftschutz übergeordneten Dienststellen. Angehörige des Werkluftschutzes können, soweit ihre Aufgaben es erfordern, zu Hilfspolizeibeamten bestellt werden. Dies alles kennzeichnet im Hinblick auf die über¬ ragende Wichtigkeit der Industrie im Kriege die besondere große Bedeutung des Werkluftschutzes. Im übrigen muß der Soldat der Arbeit sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß er an der Drehbank eine ebenso wichtige Aufgabe zu erfüllen hat wie der Soldat an der Front.

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