Wallfahrtskirche Christkindl

12 Wie eine offene Baunaht und zwei Türausnehmungen an der Außenwand der Hochaltarapsis zeigen, dürfte Carlone eine Sakristei in der Südwestecke mit einem die Westapsis einfassenden Umgang geplant haben, die aber wegen des schwierigen Geländes nicht zur Ausführung kam. Prandtauer errichtete die Sakristei dann in einfacherer Form an der Südwestecke der Kirche mit einem aus ihrem Obergeschoß in das Superioratshaus führenden gewölbten Übergang. Die Stuckausstattung des Kircheninneren stammt wohl von dem am Garstener Stiftsbau tätigen Francesco oder Thoma Ferrata. Sie ist von Prandtauer bewußt auf die architektonische Strenge des Raumes abgestimmt, somit von auffallender Schlichtheit, und steht damit im Gegensatz zur oft überreichen Dekoration der CarloneBauten. Die nackten Wände waren für die vielen Opfergaben und Votivtafeln bestimmt, die unter der Einwirkung der Aufklärung und Silberablieferung verschwanden. Wir wissen nicht, wie Carlone die Fassade geplant hatte. Prandtauer setzte jedenfalls vor die Ostapsis sehr eng gestellte, kleine Zwillingstürme, deren Spitzen nur schwach über den Traufenrand der Kuppel ragen sollten. Damit ergab sich von den Seitenapsiden über die Turmhelme bis zur Scheinlaterne der Kuppel ein treppenförmiger Anstieg. Da die Türme unvollendet blieben, wurde diese von Prandtauer beabsichtigte Wirkung durch die 1880 nach den Plänen Otto Schirmers durchgeführte Erhöhung der Turmobergeschosse sowie der Turmhelme stark beeinträchtigt. Das Portal mit Attika samt Christkind zeigt einen lateinischen Spruch aus der Josephsgeschichte: ,,Nolite peccare in puerum" (,,Versündigt euch nicht an dem Kind!", Gen 42,22).

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