WALLFAHRTSKIRCHE .. CJHRISTKINDL
2 Herausgeber: Röm.-kath. Pfarramt Steyr-Christkindl 4400 Steyr, Christkindlweg 69 Literatur: Josef Perndl, 250 Jahre Christkindl, Jahresbericht des Kollegiums Petrinum, Linz 1958 Ambras Freudenpichl, Wunderwürckender Lebens-Baum, Steyr, 1712 Josef Lenzenweger, Entwicklung des Pfarrnetzes der Benediktinerabtei Garsten, Dissertation Wien 1939 Foto-Kunst-Verlag Schmitsberger, Steyr
DIE WALLFAHRT „ZUM GNADENREICHEN CHRISTKINDL IM BAUM UNTERM HIMMEL" entstand aus der frommen Tat eines einfachen Mannes und durch die Förderung eines der bedeutendsten Äbte von Garsten, ANSELM ANGERER (1683-1715). FERDINAND SERTL (t 1731 im Alter von 80 Jahren), war von 1691 bis 1725 Thurnermeister von Steyr, das heißt Kapellmeister der Stadtmusik und Betreuer der Feuerwache auf dem Stadtpfarrturm. Er hatte früher in gleicher Eigenschaft in Melk gedient. Da er an Fallsucht (Epilepsie) litt, suchte er gerne die Einsamkeit auf. Er fand sie in einem kleinen Wald am Rande der felsigen Hochterrasse des Steyrufers in der Ortschaft Unterhimmel (erstmals erwähnt 1577 als „Unnderm Himl"). Dort befestigte er an einem Fichtenstamm ein Bild der Heiligen Familie, vor dem er, wie er es schon zuvor in Melk getan hatte, oftmals seine Privatandacht verrichtete. 1695 oder 1696 kaufte er um 30 Kreuzer von der Ausgehschwester der Cölestinerinnen in Steyr ein kleines, aus Wachs geformtes Christkindl und barg es im gleichen Baum in einer dafür ausgestemmten Höhlung. ,,HEILIGER WANDEL", volkstümliches Bild, die hl. Familie mit Mutter Anna darstellend. Das CHISTKINDL in der Aushöhlung des Fichtenstammes, der sich noch heute (konserviere und nur teilweise sichtbar) in der Mitte des Hochaltares befindet. 3
4 DIE GNADENFIGUR: Dieses nur 10 cm große „Christkindl" ist die Nachbildung eines Figürchens, das im Kapitelsaal der Cölestinerinnen verehrt wurde, und das auf die Elfenbeinstatuette des „Loretokindls" in Salzburg zurückgeht. Es hält in der erhobenen Linken das Kreuz, in der halb gesenkten Rechten die Dornenkrone. Damit wird eine Grundwahrheit des Christentums verdeutlicht: Die Menschwerdung des Sohnes Gottes und unsere Erlösung durch seinen Tod am Kreuz. Sen! pilgerte nun mehrmals wöchentlich zu seinem Baum und ließ sich, wenn er verhindert war, durch seine Frau Elisabeth vertreten. Da er bald keine epileptischen Anfälle mehr hatte, schrieb er dies seiner Andacht zu. Obwohl er alles geheimhalten wollte, fand die Stätte bald einen solchen Zulauf, daß man 1699 um den Baum eine hölzerne Kapelle errichtete. ABT ANSELM von Garsten berichtete am 24. Juni 1699 über diese neu entstehende Wallfahrt an den Bischof von Passau und bat um eine Untersuchung der angeblich zahlreich erfolgten Heilungen. Da aber nach dem Besuch einer Kommission im September 1699 die amtliche Erledigung ausblieb, begann Abt Anselm im Jahr 1702 den Bau der heutigen Kirche. Aber erst am 5. März 1703 ersuchte er um den dafür nötigen bischöflichen Konsens. In Passau zeigte man sich darüber sehr erstaunt und erließ am 10. Mai 1703 an den Abt den strengen Befehl: ,,das angefangen gebeu widerumben einzustellen und ersagt Wäxernes Christkindl in Einer eurem gnädigst anvertrauten Stüfft und Closter incorporierten c;:_apellen zu übersetzen". Das eine war schon geschehen, zur Ubertragung des Christkinds in eine andere Kirche konnte sich jedoch Abt Anselm wegen der immer noch wachsenden Zahl der Pilger nicht entschließen. Außerdem machte der bayrisch-österreichische Krieg vorerst weitere Bemühungen unmöglich.
Das CHRISTKINDL in einer vergoldeten ovalen Silberkapsel von 1760. 5
6 Auf einem in nächster Nähe des Gnadenbaumes aufragenden Felsen, der durch eine Brücke zugänglich gemacht worden war, wurde schon 1701 mit bischöflicher Bewilligung eine aus Holz erbaute Einsiedelei zur Bewachung der Gnadenstätte errichtet. Die folgenden Auseinandersetzungen um Christkindl zwischen dem BenediktinerstiftGarsten und dem Bischöflichen Ordinariat Passau fanden ihren Niederschlag in einem umfangreichen Schriftverkehr, der fast vollständig erhalten ist. Erst am 16. April 1708 bekam Anselm die langersehnte Bewilligung: ,,Also möget ihr anjezo mit dem weiteren Gepeu mehrbesagter Christ Kündl-Capellen ungehündert fortfahren und dasselbe völlig zu Endt bringen." Damit war nun endgültig der Verbleib der Wallfahrt an ihrem Ursprungsort gesichert. Die Arbeiten an der Kirche wurden sofort in Angriff genommen, am 31. Mai 1708 erfolgte in feierlicher Weise die Grundsteinlegung. ANSELM ANGERER, Abt von Garsten (1683-1715), der Gründer von Christkindl. Eine Inschrift auf seinem Sarkophag in der Gruft der Stiftskirche Garsten lautet: ,,Er bat dem Christkind einen Tempel erbauet, und es ist, als hätte er, der so oft diese Gnadenstätte fromm besuchte, seine Habe und sein Herz dafor als Grundstein gegeben".
Dieser Grundstein, der heute noch unterhalb der Kanzel zu sehen ist, trägt die Inschrift: PRINCEPS LAPIS HIC POSITUS AB ANSELMO ABBATE GARSTENSI XXXI. MAY MDCCVIII Obwohl die Kuppel noch nicht vollendet und das Innere nur provisorisch eingerichtet war, nahm Abt Anselm am 29. September 1709 in Anwesenheit von drei Stiftsäbten die Segnung der Kirche vor und feierte den ersten Gottesdienst. Die Festpredigt, die wegen der unübersehbaren Volksmenge im Freien stattfand, hielt der zum ersten Superior von Christkindl ernannte P. AMBROSIUS FREUDENPICHL über das Wort aus der Geschichte von der Jakobsleiter: ,,Und wahrhafftig, Gott ist in disem Orth". AMBROSIUS FREUDENPICHL, erster Superior in Christkindl (1709 -1715) und Nachfolger Anselm Angerers als Abt von Garsten (1715-1729). 7
8 Freudenpichl gab 1712 ein Gnadenbüchlein mit dem Titel ,,Wunderwürckender Lebensbaum" in Druck. Er berichtet ausführlich über 86 Gebetserhörungen und Heilungen, geordnet in folgende zwölf Gruppen: Augenleiden; Krumme und Lahme; unstillbares Bluten; Aussatz, Geschwülste und Brüche; Kopfleiden und Schwindelanfälle; Gehörlose; Steckenbleiben von Gegenständen in Hals, Ohr oder Nase; weibliche Zustände; Epilepsie und Fraisen; verschiedene gefährliche Krankheiten und Nöte; Gefahren zu Wasser und zu Lande; Hilfe für die armen Seelen. Neben Aussagen und Votivbeschriftungen stand ihm auch das bei der Wallfahrt geführte Protokollbuch als Quelle zur Verfügung. Besonders wertvoll ist, daß im Gnadenbuch auch der Name des ersten Baumeisters überliefert wird: Johann Carlon (ab 1702), dem dann ab 1708 Jakob Prandtauer folgte. Bis 1712 wurden gegen400 silberne Votivgaben und etliche tausend Votivbilder gestiftet, von Oktober 1709 bis August 1712 für die Wallfahrer 3676 Messen gelesen. Nach dem Tode Anselrn Angerers folgte Ambros Freudenpichl diesem bedeutenden Mann als Abt von Garsten (1715-1729). Erst am 26. Juli 1725 konnte er den krönenden Abschluß seiner Bemühungen um Christkindl erleben: die feierliche Einweihung der Kirche und die Konsekration der drei Altäre durch den Bischof von Passau, Josef Dominik Graf von Lamberg.
1'unbmt,utdrnbtt·· &be� :;f!aum J snath�i -u�erfefene e;nabm� e;e� f ct;ict;ten / f o ba� 2!Uergu"bertrd, d)ifle.let@>U��.ffinbl tu bem�aum1 imter t,en fo ae.nannten .pimmd/ unroeit� t>et foot,tf: �rflL �taDt <5tevr/ burct; feineunenblid)e�it&eunD Q>aml$ f)tt1igfeit mon Anno 1698. biy 1712.• be, , uen�rmfeeltgen.strancftunb �reff� . • �afften ®tnfd)en emiefen. • :8efd,ribt!n unb tuf4mben getr.igen '.t)urd) P. AMBROSIUM FREYDENPICHL Ord. S. BenedilH,Monafterij Garftenfis.Profeifum, utriusqueJuris Doltorem. �od)furftf. �af l;burgif d)en �atb r unb berma�lenAdminiftratorem bep bem 3�f utt �stin�f Cttm F.c,ttlt.ct,fiperiorum. 9
10 DIE BAUGESCHICHTE Den Bauplatz bildet ein langer, aber verhältnismäßig schmaler Absatz der Hochterrasse des Steyrufers, der nur vom Osten her eine Zufahrt bat. Die Kirche ist daher gewestet. Sie ist ein regelmäßiger Zentralbau mit kreisrundem Hauptraum und kreuzförmig angeordneten, mehr als einen Halbkreis umfassenden Nebenräumen. Ein Blick auf den Grundriß zeigt, daß es sich um eine nüchtern überlegte Konstruktion handelt, die aber dem Bau trotz seiner geringen Abmessungen zu einer großartigen Wirkung verhilft. Da die Bauakten bei der Aufhebung des Stiftes Garsten völlig verlorengingen, ist das im Jahr 1712 von P. Ambrosius Freudenpichl geschriebene Gnadenbüchlein ,Wunderwürckender Lebensbaum" die einzige in die Bauzeit zurückreichende Quelle, in der der Name des ersten Baumeisters aufscheint: Johann Carlon. Es kann damit nur GIOVANNI BATTISTA CARLONE gemeint sein, der ab 1682 als Prinzipal der Stukkateure in der 1677 von seinem Vater Pietro Francesco begonnenen und ab 1679 von seinem Bruder Aus dem GRUNDRISS DER KIRCHE ist das geradezu zirkelmäßige Konzept ersichtlich.
Carlo Antonio fortgeführten Stiftskirche in Garsten tätig war. Sein Wirken als Baumeister ist daher eher ungewöhnlich. Nach dem Wunsch des Abtes Anselm sollte die Kirche in Christkindl nach dem Vorbild des Pantheons in Rom (Santa Maria Rotonda) erbaut werden. Carlone hat aber _im Gegensatz zu anderen Nachahmungen der Rotonda auch im Außeren den Vierpaß des Grundrisses klar hervortreten lassen. Das Todesjahr Giovanni Battista Carlones ist unbekannt. Er erscheint zuletzt 1702-1707 als Stukkateur in der Wallfahrtskirche Mariahilf zu Amberg. Abt Anselm sicherte sich sofort den bekannten Barockbaumeister JAKOB PRANDTAUER (1660-1726), der auch in Garsten den Stiftsbau weiterführte, als Nachfolger. In Christkindl waren bis zur Baueinstellung imJahr 1703 die Mauern bis zur Höhe des Gewölbeansatzes gediehen. Prandtauer übernahm damit ein vorgegebenes Programm, es verblieb ihm die Vollendung der Gewölbe, Trommel und Kuppel, die Innenausstattung und die Gestaltung der Fassade. Fotografie derKirche vor dem Ausbau der Türme im Jahr 1880. Links neben der Kirche der vonJakob Prandtauerzwischen 1710 und 1715 erbaute Pfarrhof. Das geräumige Haus wurde anfangs von mehreren Patres des Stiftes Garsten bewohnt, die den vielen Wallfahrern als Beichtväter zur Verfügung standen. Rechts vor derKirche birgt eine Buockkapellevon ca. 1740 die künstlerisch gute Steinfigur des hl. Johannes Nepomuk. 11
12 Wie eine offene Baunaht und zwei Türausnehmungen an der Außenwand der Hochaltarapsis zeigen, dürfte Carlone eine Sakristei in der Südwestecke mit einem die Westapsis einfassenden Umgang geplant haben, die aber wegen des schwierigen Geländes nicht zur Ausführung kam. Prandtauer errichtete die Sakristei dann in einfacherer Form an der Südwestecke der Kirche mit einem aus ihrem Obergeschoß in das Superioratshaus führenden gewölbten Übergang. Die Stuckausstattung des Kircheninneren stammt wohl von dem am Garstener Stiftsbau tätigen Francesco oder Thoma Ferrata. Sie ist von Prandtauer bewußt auf die architektonische Strenge des Raumes abgestimmt, somit von auffallender Schlichtheit, und steht damit im Gegensatz zur oft überreichen Dekoration der CarloneBauten. Die nackten Wände waren für die vielen Opfergaben und Votivtafeln bestimmt, die unter der Einwirkung der Aufklärung und Silberablieferung verschwanden. Wir wissen nicht, wie Carlone die Fassade geplant hatte. Prandtauer setzte jedenfalls vor die Ostapsis sehr eng gestellte, kleine Zwillingstürme, deren Spitzen nur schwach über den Traufenrand der Kuppel ragen sollten. Damit ergab sich von den Seitenapsiden über die Turmhelme bis zur Scheinlaterne der Kuppel ein treppenförmiger Anstieg. Da die Türme unvollendet blieben, wurde diese von Prandtauer beabsichtigte Wirkung durch die 1880 nach den Plänen Otto Schirmers durchgeführte Erhöhung der Turmobergeschosse sowie der Turmhelme stark beeinträchtigt. Das Portal mit Attika samt Christkind zeigt einen lateinischen Spruch aus der Josephsgeschichte: ,,Nolite peccare in puerum" (,,Versündigt euch nicht an dem Kind!", Gen 42,22).
13
14 DER HOCHALTAR Der Steyrer Goldschmied Johann Josef Carl Hueber umgab zum Dank für eine 1703 erfolgte Heilung das Gnadenbild mit einem Strahlenschein und silbernem Laubwerk, das Emailmedaillons mit Szenen aus der KindheitsgeschichteJesu trug. Die Kirche war so errichtet worden, daß der Fichtenstamm mit dem Gnadenbild an seiner ursprünglichen Stelle verblieb. An der Rückseite des vor ihm aufgestellten einfachen Altares waren das von Sertl aus Melk mitgebrachte Bild "Heiliger Wandel" und eine 1703 von Anna Susanna Schemereggerin, Goldschmiedin in Steyr, als Votiv gespendete geschnitzte Marienstatue angebracht. Um 1720 erhielt der Gnadenaltar einen hochragenden Aufbau von vergoldetem Schnitzwerk, das wohl dem um diese Zeit auch sonst für Garsten tätigen Leonhard Sattler aus St. Florian zugeschrieben werden kann. Mit quellendem Gewölk senkt sich in bewegter Spirale eine große Engelsglorie (35 Putten und Cherubsköpfchen) um den konservierten Stamm des „Christbaums", in dem Sertl einst sein Gnadenbild barg. Der Entwurf dazu dürfte noch von Jakob Prandtauer stammen. Die Vermutung ist naheliegend, daß ihn dazu das aus seiner Tiroler Heimat kommende Weihnachtslied „Es hat sich heut eröffnet das himmlische Tor" inspiriert hat. Der Hochaltar wurde freistehend vor dem Apsishintergrund errichtet. Da er zudem auf alle Architektur verzichtet, kann er mit Recht als einzigartiges Werk des österreichischen Barock bezeichnet werden. Um 1760 erhielt die Gnadenfigur eine neue Fassung mit einer vergoldeten, ovalen Silberkapsel. Die Emailmedaillons (ca. 1715) wurden an der Leuchterbank zwischen den in Vertiefungen befindlichen Reliquien von römischen Märtyrern (Prudentia, Perpetua und Donatus) angebracht. Den herzförmigen Tabernakel ersetzte eine in Kupfer getriebene und vergoldete Weltkugel, ein Werk von Josef Hieber, Kupferschmied in Unterhimmel. Darüber dient das Buch mit den sieben Siegeln als Aussetzungsthron.
1 , / '·. , f, ·' Der Hochaltar, davor das eisengeschmiedeteKommuniongitter von ca. 1760. 15
Die KANZEL von 1751 zeigt reiches Rokokoschnitzwerk, Putten mit Symbolen göttlicher Gesetzgebung und auf dem Schalldeckel den Erzengel Michael.
In den HALBKUPPELN Sekkomalerei von Prof. H. M. Berger, Linz (1985), unter Einbeziehung einer älteren Ausmalung mit Purren und Schriftbändern.
18 Der Hochaltar, von Leonhard Sattler um 1720 geschaffen, hebt jeweils in einem Strahlenkranz die drei göttlichen Personen hervor: linke Seite: Gott Vater und Gott Heiliger Geist rechte Seite: ► Gott Sohn (in Gestalt des Kindes). Darunter dient auf dem als Weltkugel geformten Tabernakel (ca. 1760) das Buch mit den sieben Siegeln als Aussetzungsthron für das Allerheiligste.
19
1 MARIENALTAR: Alcarbild „Geburt Christi mit Anbetung der Hirten" vom Garstner Stiftsmaler Johann Carl von Reslfeld (1711). Ein Ausschnitt dieses Bildes dient als Motiv für die österreichische Weihnachtsmarke 1989. Begleitfiguren: Joachim und Anna mit Maria.
1 KREUZALTAR: Altarbild „KREUZIGUNG" vonKarl Loth. Abt Anselm erwarb dieses Bild imJahr 1710 vomKloster Tegernsee. Begleitfiguren Petrus und Veronika. Das schwere Akanthusgerank der Altarumrahmungen, das den schon 1712 angebrachten Bildern erst später beigegeben wurde, stammt aus der Werkstatt des Garstner Laienbruders Marian Rittinger (t 1712). 21
Detail des Marienaltarbildes von Johann Carl von Reslfeld. 22
Rokokoschrein ( 1763) am Marienaltar mit einer älteren, möglicherweise der um 1703 als Votivgabe gestiftetc11 Marienstatlle. 23
24 DAS KUPPELFRESKO „Maria Himmelfahrt" vom Garstner Stiftsmaler Johann Carl von Reslfeld, um 1710 entstanden. Obwohl nur selten in der Freskomalerei tätig, schafft dieser ein großartiges Werk in illusionistischer Art. Eine gemalte Bal'ustrade, von Putten belebt, überbrückt die Zone oberhalb des Kranzgesimses. Fünf lebendige Gruppenszenen zeigen das Opfer Abrahams, König David mit großem Engelchor, Verkündigung Gabriels an Zacharias, Elisabeth mit dem kleinen Johannes und Maria mit dem Jesuskind. Über dieser Erdenzone Maria in Erwartung ihrer Krönung, von Engeln und Putten umgeben. Die Restaurierung imJahr 1984 durch Prof. H. M. Berger, Linz, hat dem Fresko seine ursprüngliche Farb�npracht wiedergegeben.
' .,., ' ·"' .,, ;tl, . r . (( ' ; / 25
spätbarocker Nepomuk Pestpatron Rochus (um 1520) 26 Taufstein mit Statue Johannes des Täufers Sebastian (um 1640)
'1 Die ORGEL wurde imJahr 1975 von der Fa. Eisenbarth in Passau gebaut und bei der Kirchenrestaurierung 1985 von I I auf 17 Register erweitert. Das Gehäuse stammt noch von der vorhergehenden Orgel aus dem Jahr 1908. Das ABSCHLUSSGITTER stammt von einem unbekannten Meister aus dem Jahr 1761. 27
28 DIE WEITERE GESCHICHTE Die Wallfahrt nahm eine ständige Aufwärtsentwicklung, bis sie jäh durch das Wallfahrtsverbot Josephs II. unterbrochen wurde. Das Stift Garsten, das sich einst um die Approbation der Wallfahrt durch Passau so sehr bemüht hatte, war es auch, das die Kirche vor dem drohenden Abbruch rettete: Abt Maurus Gordon setzte im Jahr 1785 die Errichtung einer Lokalkaplanei durch, die aus den Ortschaften Christkindl, Unterhimmel, Rosenegg und Tinsting gebildet wurde. Damit blieb Christkindl bestehen. Die Weihe des neuen Friedhofes folgte 1786. Mit der Aufhebung des Stiftes Garsten im Jahr 1787 mußte Christkindl auf eigenen Füßen stehen. Daher gilt nach der örtlichen Tradition dieses Jahr als Gründungsdatum der Pfarre, obwohl die offizielle Erhebung zusammen mit vielen anderen ehemaligen Lokalkaplaneien erst später erfolgte. Die neu entstandene Pfarre war nicht sehr groß, und man entzog ihr durch den Verkauf der Besitzungen alle Unterhaltsmöglichkeiten. So klagen die ersten drei Ffarrer von Christkindl, die noch Patres aus Garsten waren, daß es durch das Kirchen- und Pfarrhofdach regne ( 1793 ), daß er Pfarrer „vom Pferd auf einen Esel avanciert" sei ( 1794), und daß sogar die Obstbäume verheizt werden mußten. In den Jahren 1800, 1805 und 1809 forderten die Franzosendurchzüge ihren Tribut. Kirche und Pfarrhof wurden geplündert und dem Pfarrer übel mitgespielt. Auch die eigene Regierung forderte Silberablieferungen (1807, 1810) zur Deckung der in den napoleonischen Kriegen entstandenen Schulden. Die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts wird in der Chronik etwas stiefmütterlich behandelt. Mit dem Aufschwung der Werndlschen Betriebe erstarkte die Wirtschaft, sodaß die Kirche ausgebessert werden konnte: 1880 wurden die Türme vom Linzer Dombaumeister Otto Schirmer erhöht, 1876 die Loreto-Kapelle neu gebaut und 1922 das elektrische Licht eingeleitet. Von Kriegsschäden wurden Kirche und Pfarrhof verschont, obwohl bei den großen Fliegerangriffen im
Februar 1944 zwei Bomben „auf Christkindler Pfarrgebiet" fielen. Nach dem Krieg begannen trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage sofort Renovierungsarbeiten an der Kirche, und im Jahr 1954 kam unter Pfarrer Alois Hartl die bewegliche Krippe von Karl Klauda nach Christkindl, die sich bis heute als ein Besuchermagnet ersten Ranges erweist. In jüngster Zeit griffen auch außerkirchliche Stellen den Namen „Christkindl" auf. So wurde im Jahr 1950 zum ersten Mal das WEIHNACHTSPOSTAMT eingerichtet, das seither jeweils von Adventbeginn bis zum 6. Jänner seine Fforten öffnet. Damals war es nur eine Postbedienstete, die die ca. 40.000 Sendungen mit dem Sonderstempel versah. Im Winter 1987/88 haben die nun schon mehr als 20 Bediensteten erstmals mehr als 2 Millionen Abstempelungen vorgenommen. Auch die Medien machten Christkindl vielen Menschen in aller Welt bekannt. Seit 1976 leitet Prof. Alois Dinböck als Pfarradministrator die Geschicke der Ffarre. Voll Tatkraft nahm er die schwierige Aufgabe der gründlichen Renovierung von Pfarrhof und Kirche in Angriff. 1979 wurde die Außenrestaurierung der Kirche abgeschlossen, 1985 die bisher umfassendste Innenrenovierung. Viele Probleme scheinen nun gelöst, z. B. die in der Chronik immer wieder beklagte Kälte des Kirchenraumes (bis -13° C). Der sanierte Pfarrhof ist Zentrum vieler Aktivitäten. Manche Anliegen der Ffarre sind in all den Jahren gleich geblieben, vor allem die stete Sorge um die würdige Erhaltung des Gotteshauses, andere sind dazugekommen. Der Ansturm der Besucher in der Advent- und Weihnachtszeit nimmt ständig zu. Den vielen Menschen die religiöse Bedeutung von Christkindl aufzuzeigen, ist eine wichtige Aufgabe der Pfarre. 29
30 DIE MECHANISCHE KRIPPE Eine einzigartige Ergänzung für Christkindl stellt die nicht nur bei den Kindern beliebte MECHANISCHE KRIPPE dar, die seit 1954 im ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Pfarrhofes zu besichtigen ist. KARL KLAUDA (1855-1939) schuf dieses Werk, das die Beweglichkeit der meisten Figuren auf Fahrradketten ermöglicht, und das damit in seiner Art wohl einmalig ist. Fast 300 Figuren schnitzte er in 40jähriger Arbeit, dazu den kunstvollen Rahmen, den der berühmte Steyrer Stahlschnittmeister Michael Blümelhuber entwarf. Die Figuren wandern durch eine reiche biblische Landschaft, dazu ertönt getragene Musik von einer Walzenorgel. Im Zentrum steht die Heilige Familie mit Hirten. Eine heilsgeschichtliche Reihe, beginnend mit Adam und Eva, Gestalten aus
dem Alten Testament, gefolgt von Jesus mit seinen Jüngern und historischen Figuren als Abschluß ziehen unterhalb der Krippe dahin. Die HeiJigen Drei Könige sind ebenso dargestellt wie die Flucht nach Agypten. Musizierende Engel und originelle Szenen aus dem heimischen und orientalischen Leben bilden den unteren Abschluß der Krippe. DIE PÖTTMESSER-KRIPPE Im Besitz der rfarre befindet sich auch ein_e Großkrippe des Innsbrucker Krippenbauers FERDINAND POTTMESSER \1895 bis 1977). Fast 800 geschnitzte Figuren sind auf einer 36 m- großen Landschaft zu sehen. Erstmalig wurde sie zu Weihnachten 1988 im Schloß Lamberg in Steyr ausgestellt. 31
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2