Vorwärts Nr. 4, 33. Jahrgang, Dezember 2000

her (er war Funktionär des Schutzbundes, 1945 KPÖ-Funktionär und Bürgermeister und anschließend KPÖ-Gemeinderat in Sierning) zur Pflege übergeben und von diesen gleichwertig mit ihren Sohn Manfred, der seiner "Sidi" ein richtiger großer Bruder war, aufgezogen. Am 10. März 1943 wurde die zehnjährige Sidonie auf Betreiben des Jugendamtes Steyr den verzweifelten Eltern mit dem fadenscheinigen Vorwand sie der leiblichen Mutter zuzuführen entrissen und entsprechend dem berüchtigten "Zigeunererlass" des Nazi-Regimes in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie im selben Jahr ermordet wurde. "Der Name Sidonie Adlersburg ist ein Synonym für das Leid, die Unterdrükkung und die Ungerechtigkeit, die einem Kind zugefügt werden kann und er soll uns erinnern an Intoleranz und Wegschauen, Verdrängen und Vergessen. Die Gemeinde Sierning löst mit der Namengebung eine Schuld ein, eine Schuld die schon seit langem besteht. Ich kann als Bürgermeister nur hoffen, dass es nicht zu spät ist und um Verzeihung bitten, dass es mehr als 50 Jahre gedauert hat bis Von l.n.r. : Ltg.Präs. Gerda Weichsler, Pfarrerin Neubacher, Pfarrer Fröhlich und LH Dr. Josef Pühringer, dahinter Bildhauer Mag. Gerald Brandstötter und Bezirkshauptmann Zeller. die Marktgemeinde ihrer Vergangenheit in die Augen sehen konnte, erklärte Bürgermeister Manfred Kalchmair in seiner Rede und er dankte Manfred Breirather (1926-1999) posthum für seine Bemühungen zur Benennung des Kindergartens nach Sidonie Adlersburg und die Verwirklichung des Denkmals. Anschließend sprachen Bernd Dobesberger, Ltg. Präs. Gerda Weichsler, LH Dr. Josef Pühringer, eine Schülerin der Realschule Bissingen/Deutschland, Schriftsteller Erich Hackl und Pauline Breirather. Die Segnung des Kindergartens und Denkmal erfolgte durch Pfarrerin Neubacher und Pfarrer Fröhlich. PAULINE BREIRATHER ENTHÜLLT DAS DENKMAL DENKMAL ... Ich spreche ungern in aller Öffentlichkeit, und ich tue es hier auch nur aus einem Gefühl der Verantwortung und der Dankbarkeit. Vor knapp einem Jahr ist mein Mann Manfred Breirather verstorben, meine Schwiegereltern sind schon lange tot, ihr Pflegekind SIDONIE habe ich nie persönlich kennengelernt. Trotzdem ist sie mir nahe, dank der Erinnerungen und Erzählungen meines Mannes. Wie sie wissen, war es immer, und je weiter die Zeit fortschritt, umso drängender Freds Anliegen, gegen das Vergessen anzugehen, und es war ein großer Wunsch, die Eröffnung des Kindergartens, der den Namen SidonieAdlersburg trägt, mitzuerleben. Das war ihm leider nicht beschieden, und mich tröstet nur, dass er von dem Vorhaben bereits unterrichtet war. In diesen Trost mischt sich freilich auch Bitterkeit, dass es so lange gedauert hat, bis es zum öffentlichen Bekenntnis zu einem Kind dieser Gemeinde gekommen ist. Ich weiß, stünde statt meiner Fred hier, auch er würde sich freuen. Ich bin stolz auf ihn, so wie er stolz aufseine Eltern war, und ich liebe in Sidonie Adlersburg die Schwägerin, die ich nicht haben durfte, erklärte Pauline Breirather in ihrer Rede.

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