Vorwärts Nr. 3, 33. Jahrgang, September 2000

Stellungnahme der Bundesregierung zu unterbrechen, und wenn diese nicht erfolgte, am 4. Oktober wieder in den Ausstand zu treten. Das gab allerdings der Bundesregierung und der Exekutive die Möglichkeit, massiv die Arbeiterschaft einzuschüchtern; Verhaftungen und Entlassungen wurden angedroht. Auch die SPÖ-Spitze übte Druck auf ihre Betriebsräte aus. So riefen dann auch schon die Spitzenfunktionäre der SPÖ in Steyr zum Streikbruch auf. Aber in Steyr wurde weiter gestreikt. In einer Vollversammlung am 2. Oktober 1950 wurde trotz der Einsch üchte ru ngsve rs uche der Werksdirektion und der Sprecher der SPÖ-Fraktion in einer Abstimmung von der Mehrheit der Belegschaft für den Streik entschieden. 3.893 Kolleginnen und Kollegen sprachen sich für den Streik, 1.705 sprachen sich gegen den Streik aus. Ordnungsdienst verhinderte Provokationen Am 4. Oktober, nach dem das Ultimatum an die Bundesregierung ergebnislos abgelaufen war, demonstrierten wir erneut geschlossen auf dem Hauptplatz in Steyr. Da war schon ein starker Ordnungsdienst notwendig, um mögliche Provokationen auszuschließen, denn am Vortag hatte der Innenminister Helmer (SPÖ) in der Nähe von Steyr Gendarmerieei nheiten zusammengezogen. Im Anschluss an die Kundgebung wurde im ganzen Stadtgebiet ein Flugblatt von der SPÖ und der Werksdirektion verteilt, in dem jeden die Entlassung angedroht wurde, der am nächsten Tag nicht die Arbeit wieder aufnehme. Der Antrag der Kommunisten, den Streik am nächsten Morgen organisiert und einheitlich mit einer Vollversammlu~g zu beenden, wurde von den SPO-Funktionären abgelehnt. Sie versprachen allerdings bei dieser Gelegenheit, dass niemand, der maßgeblich am Streik beteiligt gewesen ist, gemaßregelt würde. Noch am selben Abend wurde das Werk von Gendarmerieeinheiten mit Stahlhelm und Karabiner besetzt. Die Streikleitung hatte uns aufgefordert, die Streikpostenführung aufzugeben und das Werk zu verlassen, bevor wir verhaftet würden. - 4 - Wronlk -.,. ..... Bgm. Ing. Leopold Steinbrecher, (SPÖ), VBgm. Paulmayr (ÖVP) und VBgrn. Prof. Neumann (VdU). Mittag: Werksversammlung beschließt für Mittwoch, 4. Oktober, Demonstration und Protestkundgebung am Stadtplatz vor dem Rathaus. Mittwoch, 4. Oktober, früh: Aufstellung des Demonstrationszuges vor dem Haupttor Schönauerstraße. Demonstration (starke Ordnertruppe) über Damberggasse, Bahnhofstraße, Zwischenbrücken (US-Besatzungsmacht im Schloß Lamberg) Engegasse zum StadtSteyrer KPÖ-Funktionäre und gemaßregelte Mitglieder der Streikbewegung - Oktoberstreik 1950. v.l.n.r.: 1. Reihe: Hans Breirather, Thomas Trunk, Ing. Leopold Linsenmayer, August Moser, Franz Hofmann, Alois Hölbling, Karl Zöttl. 2. Reihe: Josef Urban, August Mascher, Otto Treml, Alois Zehetner, Hans Kittinger, Fritz Mascher, Leopold Geiblinger, Hans Kraus, Richard Baumberger. 3. Reihe: Martin Grasser, Franz Felbermaier, Karl Hübsch und Karl Stallinger (Foto 1966) platz. Kundgebung vor dem Leopoldi-Brunnen (Rathausbalkon wurde kurzfristig abgelehnt). Es spricht Angestellten-BR Ing. Leopold Linsenmayer zu 6.000 Kolleginnen. Abend: Steyr-Werk von Gendarmerieeinheit aus Tirol mit Stahlhelm und Karabiner besetzt. Otto Treml telefonisch von der Streikleitung, namentlich von Gewerkschaftssekretär Gustl Moser aufgefordert, die Streikpostenführung und damit die Sicherung des Werkes aufzugeben, das Werk zu verlassen bevor die noch anwesenden Kollegen des Streikpostens verhaftet werden. 18 Uhr: Versammlung der KPÖ-Betriebsräte und Vertrauensmänner im Gasthof Leitzinger. Donnerstag, 5. Oktober: Unter Protest wird die Arbeit aufgenommen. Die Werkstore und das Werk von Gendarmerieeinheiten (Stahlhelm und Karabiner) besetzt.

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