Vorwärts Nr. 3, 32. Jahrgang, Dezember 1999

Karl Punzer Josef Bloderer Franz Draber FLUCHT AUS DER TODESZELLE lNur Z\Nei kamen durch••• Am 5. Dezember 1944 waren die Tage des deutschen Faschismus bereits gezählt. Aber im Zuchthaus Stadlheim bei München herrschte Hochbetrieb. Um 9 Uhrvormittag betrat eine Rotte SS-Männer den Gang, der zur Todeszelle führte, Schlüssel rasselten. Eine Zellentür öffnete sich. Die Gefangenen starrten die Häscher an. Wem galt der Besuch? Der Wachkommandant deutete auf einen der Gefangenen. "Karl Punze r, mitkommen ... " Karl Punzer, ein 32-jähriger Arbeiter aus Steyr, hatte keine Wahl. Er mußte mitkommen . Er wußte genau, das war sein vorletzter Gang. Tausende waren schon vor ihm diesen Weg gegangen. Es waren nur ein paar Schritte , von der Todeszelle in die Armesünderzelle . Von dort führte nur mehr ein Weg weiter, zu einem kleinen Hof. Dort stand ein Schafott. Dort war die Endstation für viele aufrechte Kämpfer. ÖSTERREICH WIRD WIEDERERSTEHEN Im März 1938, als die faschistischen Truppen Österreich überfielen, gab die illegale Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) als einzige Partei die Parole aus: "Österreich wird wieder frei! Österreich ist ein selbständiger Staat! Alle Kräfte müssen zum Kampf gegen Hitler, für ein freies , demokrat isches Österreich mobilisiert werden! " Wie tausende andere Kommunist i nnen und Antifaschistinnen folgte auch Karl Punzer dem Aufruf der KPÖ. Als Vorsitzender der illegalen KPÖ in Steyr organisierte Punzer die Widerstandsbewegung. Durch seine überzeugende Kraft, mit der er für den Marxismus eintrat, mit der Begeisterungsfähigkeit der Jugend gewann er mutige und aufrechte Arbeiter und schulte sie zu standhaften Kämpfern gegen die fasch istische Gewaltherrschaft. DER WEG EINES ARBEITERS Schon als junger Arbeiter hatte Punzer die Errungenschaften des Ständestaates am eigenen Leib kennengelernt: Arbeitslosigkeit, Hunger und Not , das war das Los des jungen Österreichers der dreißiger Jahre. Se it se inem 14. Lebensjahr stand Kar l Punzer in der soziali sti schen Arbeiterjugend (SAJ) und trat im Jahre 1932 zum Kommunisti schen Jugendverband (KJV) über. Das Jahr 1934, die Februarkämpfe, sahen ihn mit der Waffe in der Hand auf der Ennsleite. Aktiv kämpfte er gegen die Heimwehr, für die Republik. Punzer erlebte den Zusammenbruch der Republik: Verhaftung , Gefängnis, Entlassung und ständige Bespitzelung . Im März 1938 kapitul ierten jene, die bei der Unterdrückung der Arbeiterbewegung und des eigenen Volkes so "tapfer" gewesen waren . DAS ZIEL SCHIEN IN WEITER FERNE Die Gestapo hielt schon in den ersten Tagen eine grausige Ernte. Alle bekannten Antifaschisten wurden eingekerkert. Aber langsam und vorerst noch zögernd begann sich der Widerstand zu organisieren . Bescheiden waren die Anfänge des Freiheitskampfes. Mit Fahrrädern machten die wen igen Aufrechten Ausflüge, sie trafen sich in versteckten Almhütten des Enns- und des Steyrtales. Sie tarnten sich als Wassersportler, kletterten in ihre Faltboote , in unzugänglichen Auen des - Steyrflusses, an einsamen Stellen kamen sie zusammen. Eine neue Organisation entstand. Das Ziel war klar: Ein neues, freies, wirk l ich demokratisches Österreich zu schaffen. Zwischen den österreichischen Antifaschisten und der Verwirk- - 4 - lichung dieses Zieles aber stand eine ganze Welt. 1939: Hitlerdeutschland überfiel Polen, es begann der zweite Weltkrieg. Hitler brauchte jedoch nicht nur Soldaten, er brauchte auch Arbeiter in seiner Rüstungsindustrie. Unter den zum Rüstungsd ienst zurückgeschickten befand sich auch Karl Punzer. Nach wenigen Tagen hatte er wieder die Verbindung zu seinen Genossen aufgenommen. Eine neue Organisation entstand, stärker und schlagkräftiger als vorher. 1942 WURDEN SIE VERHAFTET Im Hochsommer 1942 ging eine Verhaftungswel le über ganz Österre ich. Am 3 . September wurde Karl Punzer verhaftet , wenige Tage später die Leute seiner Gruppe. In Linz wurden Punzer und seine Genossen in der Langgasse in der GestapoZentrale vernommen. Unter "Vernehmung" verstand die Gestapo allerdings etwas anderes: Es wurde wenig gefragt, dafür mehr geschlagen. Neumüller, ein berüchtigter Gestapo-Schläger, tobte seine Kräfte an den wehrlosen Gefangenen aus. Aber trotz Schlägen und Folterungen blieben die eingekerkerten Kommunisten ungebrochen . Karl Punzer und seine Gruppe waren für ihn eine Endstation. Die Wege, die von Steyr nach Amstetten und Wien führten , hat Hitlers Geheimpolizei in diesem Fall nicht erfahren, die "Steyrer Gruppe" , Ka r l Punzer, Josef Bloderer, Franz Draber, Maximilian Petek , Adalbert Schwarz, Franz Stingl und Genossen bleiben hart. WARTEN AUF DEN TOD Aber die "Beweise" der Gestapo gingen ja nicht zu einem normalen Gericht. Sie gingen zu Hitlers "Volksgerichtshof". Das Urteil stand schon vor der Urteilsverkündung fest: Karl Punzer, Franz Draber und Josef

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