Mag . Michael Graber, .. Wirtschaftlicher Sprecher der KPO Das Wahlergebnis vom 3. Oktober ist Ausdruck der Rechtsentwicklung der letzten Jahre. Wi e sollen die Arbeiter und Angestellten eine Reg ierung bewerten , die ♦ di Gebu rtenbeihilfe streicht aber auf die Einhebung der Vermögenssteuer verzichtet; ♦ die Staatseinnahmen fast ausschließli ch auf die Masseneinkommen stützt , wobei aber die Lohnquote am Volkseinkommen auf ein historisches Tief gefallen ist (die Nettolohnquote liegt seit 1996 unter 50%); ♦ die gerade in Zeiten höherer sozialer Unsicherheit und Arbeitslosigkeit die Sozialquote am Bruttoinlandsprodukt absinken läßt; ♦ die also nicht eine Politik gegen die Arbeitslosigkeit sondern gegen die Arbeitslosen betreibt; ♦ die den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) wie ein Taferl vor sich her trägt , aber aus dem man immer nur "neues Unternehmertum", "neue Selbstständigkeit", "neue Anpassungsfähigkeit" etc. herauslesen kann ; ♦ die gesetzlich einen Berechnungsmodus für Politikergehälter festschreibt , aber die Pensionisten mit einem Bettel abspeist. Das hat alles mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun und bereitet, wie das Wahlergebnis zeigt , den Boden für noch Unappetitlicheres. Neue Raubzüge Am Tag nach der Wahl verlangte die "Presse" : "sofort bräuchte es ein klei - neres Sparpaket. ... mittelfristig einen tiefgreifende Pensionsreform.....schon mITTWJ!)[p Der Kampf für soziale Gerechtigkeit ist Basis des Kampfes gegen FP-Haider im nächsten Jahr eine Antwort auf die großen sicherheitspolitischen Entschei - dungen EU-Europas ... .die Sanierung der Universitäten .. ....die Beschneidung der Wirtschafts-, Kultur- und insbesondere AMS-Subvent ionen .. ..bräuchte Österreich dringend weitere Privatisierungen bei Industrie und Medien sowie eine Beschneidung des teuren Föderalismus und im Arbeitsrecht". Diese aggressive Ansage ist aber nur Ausdruck für den Konsens über die einzuschlagende Richtung zwisc.~en allen drei Parteien inklusive der FPO vor und nach der Wahl. Dazu zählt z.B: ♦ die Senkung der Lohnnebenkosten für die Unternehmer (Wohnbauförderung , FLAF, Kommunalabgabe) im Rahmen des neu zu verhandelnden Finanzausgleichs; ♦ die Erstellung des Budget , das eine weitere Senkung des Defizites ausschließlich durch Einsparungen bringen soll. Nebenbei angemerkt: Die Entlastung im Lohnsteuerbereich , die ab 1.1.2000 wirksam werden soll entspricht nur dem Zuwachs an Lohnsteuer der letzten eineinhalb Jahre. Jetzt sucht der Finanzminister Einsparungen weit über diese Größenordnung hinaus; ♦ den Aufbau eines Berufsheeres, das nach allen Kostenschätzungen zumindest eine Verdoppelung des Militärbudgets von bisher 20 Milliarden erfordert; ♦ eine weitere (Gegen-)Reform im Pensionssystem mit der weiteren Forcierung der sogenannten Eigenvorsorge , weil das Pensionssystem angeblich nicht m.~hr finanzierbar sei. ÖVP und FPO wollen überhaupt die Abfertigungen , die ja Lohnbestandteile sind, zugunsten privater, betrieblicher Pensionsfonds kassieren. Arbeiter und Angestellte zahlen sich soziale Leistungen selber Eine weitere Entwicklung ist dabei bemerkenswert und charakteristisch . Zwischen 1980 und 1997 verringerte sich der steuerfinanzierte Anteil der Sozialabgaben von 37% auf 34,6%. In - 2 - von Mag. Michael Graber diesem Zeitraum verschoben sich auch die Finanzierungsanteile von den Sozialbeiträgen privater Unternehmen hin zu jenen der Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmerbeiträge stiegen von 19 auf 22.5%, die Sozialbeiträge privater Unternehmer sanken von 34 auf 31 ,8%. Mit anderen Worten : Staat und Unternehmer tragen immer weniger zur sozialen Sicherheit bei . Die Arbeiter und Angestellten zahlen sich das noch vorhandene soziale Netz in immer höherem Ausmaß selber. Übrigens stagniert der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung seit 1995 bei 2,2% des BIP. Von einer Überforderung der österreichischen Wirtschaft oder der öffentlichen Finanzen durch soziale Leistungen kann also keine Rede sein. Die FPÖ ist dynamischer Bestandteil des sich neu formierenden politischen Systems, das sich auch in Österreich im Rahmen des neoliberalen Herrschaftsmechanismus etabliert. Dieser verkörpert die Herrschaft der großen internationalen Konzerne , die Herrschaft der Großfinanz und die in der EU zusammengefassten kapitalistischen Regulierungsinstanzen . Sie alle betrei - ben permanenten und aggressiven Klassenkampf von oben und sie wollen keine Gegenmacht von unten. Es ist sicher positiv, daß es in den Dokumenten des ÖGB-Bundeskongresses eine Ausrichtung gegen den Neoliberalismus gibt. Aber im Arbeitspapier des Bundeskongresses zum Thema "Wirtschaft statt Herrschaft" heisst es: "Der wichtigste sozialphilosophische Unterschied zum Konzept der sozialen Marktwirtschaft besteht darin, dass der Neoliberalismus den Menschen ausschließlich als eigennütziges Individuum betrachtet, nicht aber auch als Teil von Gemeinschaften bzw. der Gesellschaft - also als soziales Wesen. Daher bleiben auch Grundkonflikte - wie etwa jene zwischen Eigennutz und Gemeinwohl oder zwischen individuellen Wohlergehen und sozialen Zusammenhalt - ausgeblendet. " Der wirkliche Grundkonflikt um den es sich aber handelt, der zwischen Arbeit und dem erstarkten und aggressiver gewordenen Kapital bleibt dabei unerwähnt.
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