Vorwärts Nr. 1, 31. Jahrgang, März 1998

März 1938: 1 n der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938 erfolgte unter der Tarnbezeichnung Unternehmen „Otto" der Einmarsch der Hitlertruppen nach Österreich und die gewaltsame Besetzung des österreichischen Staatsgebietes. Am 12. März 1938 marschierten auch in Steyr deutsche Truppen ein. An der Spitze der Stadt wurde Hans Ransmayr (NSDAP) aus den Steyr-Werken als kommissarischer Bürgermeister eingesetzt. Die Niederlage der Arbeiterbewegung und der Demokratie im Februar 1934 durch den Austrofaschismus erleichterte dem Hitler-Faschismus die Besetzung Österreichs. Damit senkte sich die siebenjährige Zwingherrschaft über unser Land. Steyr - Stadtplatz am 12. März 1938 um 8 Uhr früh. Als unmittelbare Abwehrreaktion darauf gab die damals illegale Kommunistische Partei Osterreichs noch in der selben Nacht einen Aufruf heraus, in dem es unter anderem heißt: ,,Volk von Österreich! Wehre Dich! Mach die Losung zur Tat: Rotweißrot bis in den Tod! Das österreichische Volk wird nie und nimmer die Fremdherrschaft , aufgerichtet unter den Bajonetten und dem Terror, anerkennen." 1 n den Märztagen des Jahres 1938 wurden rund 76.000 Österreicherinnen und Österreicher verhaftet. Bereits am 1. Apri l 1938 ging der erste Transport, darunter Christlichsoziale, Sozialdemokraten und Kommunisten, in das Konzentrationslager Dachau. Als die systematische Propaganda und der gezielte Terror gegen Andersdenkende einsetzte, gelang es den Nationalsozialisten, in einer manipulierten Volksabstimmung die Mehrheit für den Anschluß zu gewinnen. Diesem Druck beugten sich auch viele Österreicher, die Hitlers Ziele nicht durchschauten. Zu jener Zeit gab es in Österreich 800.000Arbeitslose und viele arbeitslose Österreicher erhofften sich durch den Anschluß an Deutschland Arbeit. Während immer 4 mehr Österreicher ins KZ Dachau verschleppt wurden und sich die ersten illegalen Widerstandsgruppen bildeten, entfaltete sich der Antisemitismus auf der Straße. Der rassistische Antisemitismus führte zunächst dazu, daß in der sogenannten Reichskristallnacht, am 9. November 1938, Synagogen und Bethäuser in Brand gesteckt und zerstört, später dann Zehntausende jüdische Mitbürger unseres Landes in Massentransporten in Konzentrationslager gebracht und die meisten von ihnen schließlich im Zuge der „Endlösung der Judenfrage" in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern gemartert und ermordet wurden. 1 n Steyr begann bereits 1938 der organisierte Widerstandskampf. Eines der ersten Volks - gerichtsverfahren gegen österreichische Antifaschisten dürfte das gegen die Steyrer Widerstandsgruppe der KPÖ unter der Leitung der Funktionäre Alois Kisely, Ludwig Scheich! und Josef Blumenschein gewesen sein . Diese Gruppe wurde zur Last gelegt, daß sie sich ständig in einer Wohnung in der Waldrandsiedlung getroffen hätten, um die Sender Straßburg und Moskau abzuhören und über die Nachrichten zu diskutieren . Obwohl die meisten der Beschuldigten nicht einmal nachzuweisen war, daß sie die Informationen auch weiterverbreiten, wurden sie wegen „Vorbereitung zum Hochverrat" zu Gefängnisstrafen verurteilt. Diese erste Organisation war jedoch erst der Beginn des Widerstandskampfes. Da Steyr in der Rüstungsindustrie Hitlerdeutschlands eine große Rolle spielte, wu rden zahlreiche Arbeiter aus dem Militärdienst zurückgeholt, weil man sie angesichts der tausenden ausländi - schen Zwangsarbeiter dringend für die Rüstungsindustrie benötigte. Dieses Foto aus dem Jahr 1942 zeigt Steyrer Wassersport/er vor dem Bootshaus der Steyr-Werke, dem heutigen ATSV-Bootshaus. Widerstandskämpfer marschieren, durch das Hakenkreuz-Leiber/ getarnt, am Ufer der Enns.

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