Vorwärts Nr. 3, 30. Jahrgang, August 1997

E Q) i= 0 ö u. NUMMER 3 30. JAHRGANG FrkdterWind Ins lallKWus KPÖ \Nieder in den Gen,einderat Bei der Gemeinderatswahl am 5. Oktober 1997 wird in der Stadt Steyr auch die KPÖ wieder kand idieren . Spitzenkandidat ist der kaufmänn ischeAngestellte Siegmund Preßlmair (50), gefolgt vom Postbeamten Hel - mut Neuhuber (56) und KPÖ-Bezirksvorsitzenden Siegfried Vratny (58) . Linke Alternative Die KPÖ will als linke Alternative zu den etablierten Rathaus-Parteien mit ihrer linken Kandidatur allen , die eine 9.rundsä~_zlich~ Gegenposit ion zu OVP, SPO, FPO, Grünen und Liberalen suchen und dem Filz von Politik, Wirtschaft und Medien den Kampf ansagen wollen , eine Plattform bieten. Ziel der KPÖ ist der Wiedereinzug in den Gemeinderat, in dem die KPÖ bis 1991 mit einem Mandat vertreten war. Bei der Gemeinderatswahl 1991 erreichte die KPÖ in Steyr 375 Stimmen bzw. 1,69 Prozent. Die KPÖ tritt gegen die kapitalistische Profitwirtschaft auf und will ausschl ießlich die Interessen der arbeitenden Bevölkerung , der Hausfrauen und Pensionistlnnen sowie der jungen Menschen vertreten. Außerdem wird die KPÖ das Doppeltkassieren der Gemeindepolitiker bekämpfen und für die gänz1 ich e Abschaffung der Parteienfinanzierung sowie für die Halbierung der Funktionsbezüge eintreten , so Spitzenkandidat Preßlmair. - 1 - An einen Haushalt! P.b.b. EINE GUTE NACHRICHT! Die KPÖ kandidiert bei der Gemeinderatswahl der Stadt Steyr. Für harte Zeiten braucht Steyr mutige Gemeindepolitiker. STADT STEYR BRAUCHT KOMMUNISTEN Kämpft mit uns für Erhaltung der sozialen Rechte - gegen die Ausbeutung! Für eine schönere Zukunft! Hilf mit! Diesmal KPÖ Auf Kommunisten ist Verlaß KPO

\J I i n'ct+' n w Ge111ei ilrer schlafea1 gut! Die bereits durch erhöhten Verkehrslärm geplagte Bevölkerung im Wohngebiet Steinfeld, entlang der Sierningerund Steinfeldstraße, ist einer zusätzlichen Lärmbelastung ausgesetzt. Die Nachtruhe wird durch ein eingeschaltetesAbluftgerät eines Fleischereibetriebes gestört. Die Fachabtei lung für Gewerbe- und Betriebsanlagenrecht im Rathaus überhört offenbar diese Lärmbelastung. Sie macht nichts dagegen. Im Interesse der betroffenen Bewohner verlangt die KPÖ-Steyr von den Gemeindepolitikerinnen die sofortige Beseitigung dieser erhöhten Lärmbelästigung . GEGEN PENSIONSRAUB Aufbaugeneration soll EURO bezahlen! Unter dem Titel Harmonisierung der Pensionssysteme ab 1.1.1998 unternimmt die Bundesregierung einen neuen Anschlag auf unser derzeit geltendes Pensionssystem. Denn parallel mit dieser geplanten Harmonisierung wird auch die Ausdehnung des Bemessungszeitraumes auf 20 Jahre diskutiert, was zu schweren Einbußen, sowohl für die Beamten, als auch für die künftigen ASVG-Pensionisten, vor allem der Frauen, führt. Damit zahlen die Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Beamten einen hohen Preis für die Mitgliedschaft in der EU, für die Einführung des EURO und für die bereits in vollem Gange befindliche NATO-Anpassung des österreichischen Bundesheeres. Die KPÖ protestiert entschieden gegen diese räuberische Form der Budgetsanierung und fordert alle Pensionistinnen und Pensionisten auf Widerstand zu leisten. Macht den Wahltag zum llhttagf Impressum: Medieninhaber (Verleger) , Hersteller: KPÖ Steyr, Johannesgasse 16, 4400 Steyr, Tel. 07252/53179. Redaktion: Siegfried Vratny, Verlags - und Herstellungsort: Steyr. Fleischereibetrieb Steinfeld DANK Wir danken den mutigen Frauen und Männern unserer Stadt, die mit ihrer Unterschrift in aller Öffentlichkeit im Rathaus, die Kandidatur der KPÖ für den Gemeinderat der Stadt Steyr, unterstützten. Mit freundlichen Grüßen fo//lU#<,,l<fill'~ Siegmund Preßlmair :JII~ ~ Helmut Neuhube_JY"', Ober 8.000 Arbeitslose Im Zentralraum Linz sind derzeit 8.040 Personen arbeitslos gemeldet. Davon sind mehr als 1.000 Frauen und Männer langzeitarbeitslos, also mehr als 6 Monate ohne Beschäftigung. 2 KPÖ-Kandidatur bei der Oö. Landtagswahl 1997 Aktuelle Landesthemen im Zusammenhang mit EU-Thematik Anders als im Jahre 1991 wird die KPÖ bei der diesjährigen Landtagswahl am 5. Oktober 1997 wieder kandidieren und auf auch für Nichtmitglieder „offenen Listen" Kandidatinnen in allen fünf Wahlkreisen aufstellen . Spitzenkandidaten sind Landesvorsitzender Leo Mikesch (Hausruckviertel), der Dreher Siegfried Pötscher (Linz-Umgebung), der Spengler Siegfried Vratny (Traunviertel), der Student David Lechner (lnnviertel) und der Eisenbahner Josef Fehrerberger (Mühlviertel). oa. Gemeinderatswahlen Gleichzeitig wird die KPÖ in einer Reihe wichtiger Gemeinden wie Linz, Wels, Steyr, Braunau, Attnang-Puchheim, Wolfsegg, Gallneukirchen und anderen kandidieren bzw. örtliche linke Listen in Gemeinden unterstützen. Die KPÖ sieht die aktuellen landesspezifischen Themen - wie etwa steigende Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, Wohnungspolitik , Verkehrspolitik - bei der Landtagswahl in einem untrennbaren Zusammenhang mit übergeordneten Fragen auf Bundes- sowie auf EU-Ebene: Etwa die Maastricht-Sanierung für die Währungsunion als radikale Umverteilung zu Kapital und Vermögen, das Bestreben, die österreichische Neutralität zu beseitigen, die realen Auswirkungen des EUBeitrittes im Gegensatz zu den überzogenen Versprechungen vor der Volksabstimmung, die ständige Arbeitsplatzvernichtung, Kapitalflucht in Niedriglohnländer und Ausverkauf der Wirtschaft an Auslandskonzerne, Privatisierung und Deregulierung sowie forcierte Rechtsentwicklung. Unter dem Motto „Wir bringen es auf den Punkt!" will die KPÖ daher die Hintergründe und Zusammenhänge aufzeigen, die zu Arbeitsplatzvernichtung, Sozialabbau, Privatisierung, Mietwucher, Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Privilegiensumpf usw. geführt haben und weiter führen. Zentrale Themen für die KPÖ im Landtags- und Gemeinderatswahlkampf sind daher auch der Kampf für mehr und sichereArbeitsplätze, für soziale Mindestsicherungen und erschwingliche Wohnungen. Damit versteht sich die KPÖ als ein „soziales Gewissen". Und sie erteilt auch bewußt den verlogenen „Sparparolen" von Kapital und Koalition eine klare Absage, weil diese sozialen Ansprüche sehr wohl finanzierbar sind, wenn eine entsprechende Umverteilung auf Kosten von Kapital und Vermögen erfolgt.

\:ilIH\:Q !j@ 1 Steinbruchweg endlich asphaltiert!· Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat den Ausbau der Radwege verschlafen. Vor der Gemeinderatswahl kommt es zum Erwachen. Ein Konzept für Radwege soll erstellt und der Steinbruchweg noch schnell asphaltiert werden, beschloß der GemeinALLES BESTENS? N ach der Wahlwerbung der Rathaus-Parteien ist in Steyr alles BESTENS. Die 2.500 Frauen und Männer, die in unserer Region als Arbeitslose gemeldet sind, werden dabei gerne vergessen. Bekanntlich hat sich die Zahl gegenüber Juli 1996 um nur 0,2 Prozent verringert und damit liegt die Arbeitslosenquote in Steyr bei 6,2 Prozent. Das Arbeitsmarkt-ServiceSteyr registriert derzeit nur 250 offene Stellen. wird nicht aus Steuergeldern, sondern durch Spenden bezahlt derat und gibt dafür 530.000 Schilling aus. Es ist schon einige Jahre her, als ein KPSprecher die Instandhaltung und Asphaltierung des Geh- und Radweges Steinbruchweg von der Stadtgemeinde verlangte. Wie die Fotos ze igen, haben wir die Belagsarbeiten Ende Juli verfolgt. Nun freuen sich die Radfahrerinnen samt Kindern- und Enkelkindern, daß sie diesen Radweg nach Unterhimmel benützen können. Geburtenbelhllfe wlecler einfahren! Die Wiedereinführung der Geburtenbeihilfe fordern die Steyrer KPÖ-Kandidaten für die Gemeinderatswahl , Siegmund Preßlmair, Helmut Neuhuber und Siegfried Vratny. Anlaß diese Forderung ist der dramatische Rückgang der Mutter-KindPaß-Untersuchungen nach der Abschaffung der Geburtenbeihilfe und im Zuge des Belastungspaketes. Der Rückgang beträgt in Oberösterreich 12 Prozent. Die Kommunisten haben diese Entwicklung vorausgesagt. Jetzt stellt sich heraus, daß die Folgekosten wegen zu Spät behandelter Krankheiten die Budgeteinsparungen weit überschreiten werden, ganz zu schweigen vom Schaden für die Kinder und ihre Eltern. Früher hat man Österreich um die Geburtenbeihilfe und das vorbildliche System des Mutter-Kind-Passes beneidet. Alle diese Vorteile hat man dem Belastungspaket geopfert. FOR EINE SCHÖNE ZUKUNFT! Die KPÖ-Steyr appelliert an alle politischen Entscheidungsträger, die Initiative für die Wiedereinführung der Geburtenbeihilfe zu unterstützen. Gerade bei Kindern sollte nicht gespart werden. 2250 iunge Oberösterreicherinnen suchen eine Lehrstelle In Oberösterreich suchen über 2500 Schulentlassene einen Lehrplatz. Aber es gibt nur 384 offene Lehrstellen. Von Unternehmern in Oberösterreich werden kaum Lehrlinge aufgenommen, obwohl sie zusätzliche Förderungsgelder von der Bundes3 und Landesregierung bekommen . Der Steyrer Albert Hinterreitner, Landesjugendsekretär der SJ, fordert von Landeshauptmann Josef Püh - ringer, die von ihm versprochenen Schul- und Ausbildungsplätze zu schaffen . E Ql t= (/) 0 0 LL

Erich Hackl, sein Doppelgänger und die Stevrer Sozialdemokratie III _, zwar uberaus freundlich„ alM!r ziemlich feige"' E rich Hackls Erzählungen sind nicht bescheiden . Sie möchten den Käfig der Gegenwart sprengen , um die Mauer der Vergangenheit niederzureißen ." Als das Karl-Renner-Institut und die Bildungsorganisation der SPÖ diese Worte von Ruth Klüger als Aufputz für die Einladung zur Verleihung des ,,Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch" verwendete, war den Veranstaltern deren Brisanz woh l nicht so recht bewußt. Anders als bei früheren Auszeichnungen entschied sich der Schriftsteller Erich Hackl nämlich diesmal, den Preis anzunehmen , ihn jedoch nicht für sich selbst zu verwenden, sondern die 30.000 Schilling dem seit 1994 bestehenden und von öffentlichen Stellen finanziell kurz gehaltenen Integrationsproj ekt Paraplü für In- und Ausländerinnen in seiner Geburtsstadt Steyr zur Verfügung zu stellen . Eine „Rede vor dem Buffet11 D as wäre noch nichts besonderes gewesen, hätte nicht Hackl in sei - ner „Rede vor dem Buffet" anläßlich der Preisverleihung am 26. Mai 1997 in der Kreisky-Villa in der Wiener Armbrustergasse in burl esker Till -EulenspiegelManier sich als sein eigener Doppelgänger ausgegeben und wäre er nicht in pointierter Schärfe mit dem gestörten Verhältnis der Sozialdemokratie zum Antifaschismus und Auswirkungen ihres Handelns oder besser Nichthandelns für von ihm literarisch dargestellte Personen ins Gericht gegangen. E s ist ja kein Ge~eimnis, daß die Spitzen der SPO in ihren Sonntagsreden immer dann den Antifaschismus entdecken, wenn er möglichst unverbindlich ist und dazu dient, sich von der als Ausgeburt des Bösen dargestellten Haider-FPÖ abzugrenzen - um sich dann bei den Alltagshandlungen als getreue Erfüller der Forderungen der FPÖ - nicht nur bei der Asylgesetzgebung - zu erweisen. Auch in seinem jüngsten Buch , fü r das er heuer ausgezeichnet wurde, zeigt Hackl wieder Beispiele dieses gestörten Verhältn isses auf. ,, In fester Umarmung", erschienen 1996 im Diogenes-Verlag, ist ein Sammelband über Außenseiter, über Menschen, die vom Establishment an den Rand gedrängt wurden und manchmal daran sogar zugrunde gegangen sind . DER FALL SIDONIE Sidonie Adlersburg 1933 - 1943 S chon mit seinem später von der viel zu früh verstorbenen Fi lmemacherin Karin Brandauer zu einem eindrucksvollen Fernsehfilm verarbeiteten Erstlingswerk, der Erzählung „Abschied von Sidonie" (Diogenes, 1989) hatte sich Hackl einen Namen gemacht. Hackl schuf mit der literarischen Aufarbeitung des erschütternden „Falles" des RomaMädchens Sidonie Ad lersburg, das nach seiner Verschickung ins KZAuschwitz zugrundegegangen ist, eine bleibende Erinnerung und demaskierte das Steyrer Kleinbürgertum und seine Unterwürfigkeit unter der NS-Herrschaft auf sehr anschauliche Weise. 4 Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr. Nach dem Studium der Germanistik und Hispanistik Lehrer und Lehrbeau[tragter an der Universität in Madrid und Wien . Lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Wien . D ie 1933 geborene Sidonie Adlersburg war als Findelkind in der Steyrer Nachbargemeinde Sierning von der Familie Josefa und Hans Breirather liebevoll aufgenommen und gemeinsam mit dem eigenen Sohn Manfred aufgezogen worden . Es hätte alle Chancen gehabt , der Vernichtungsmaschinerie der Nazis - als „Zigeunerkind" stand Sidonie auf der Nazi-Liste minderwertiger Rassen - entgehen zu können. Denn die Familie des bekannten Arbeiterfunktionärs und Februarkämpfers Breirather wandte alle Mühe auf, um dem Mädchen auch in der schwierigen Kriegszeit eine freundliche Kindheit zu ermöglichen. Mit „nordischer List" Aber Sidonie wurde der Familie Breirather durch eine „nordische List" entrissen. Vom Jugendamt Steyr wurde nämlich der Familie erklärt, daß die Mutter des Mädchens aufgefunden werden konnte und das Kind daher „zur Mutter gehöre". Hans Breirather glaubte, der Mutter ihr Kind nicht vorenthalten zu können und mußte mitansehen, wie das Mädchen von der Fürsorgerin weggebracht wurde. Die Fürsorgerin, wie auch andere Verantwortliche des Magistrats, waren auch nach 1945 hochgeachtete Personen im Sinne bester „Wendehälsigkeit" und konnten sich wie später Kurt Waldheim an nichts mehr erinnern.

Von einer „Familienzusammenführung" konnte allerdings keine Rede sein . Denn in Hopfgarten in Tirol erwartete Sidonie nicht etwa die ersehnte leibliche Mutter, sondern eine stinkige, überfüllte Baracke. Das Kind wurde ganz einfach einem Transport von Zigeunern zugeteilt, der nach Auschwitz ging. Dort wurde Sidonie - sie war gut ernährt und kräftig - in eine Sonderabteilung gesteckt. Die Verbrecher im Ärztekittel - SS-Ärzte - probierten an ihr neue Medikamente aus. Der kleine Körper wurde mitTyphusbazillen verseucht , bis das Mädchen immer schwächer wurde. Als Sidonie für weitere Versuche nicht mehr kräftig genug war, wurde sie 1943 von der Nazi-Vernichtungsmaschinerie vergast. \11] n:aJ n w GEDENKENaber politisch opportun Wie sehr die Auseinandersetzung der Sozialdemokratie mit der Vergangenheit im Widerspruch zu den Sonntagsreden steht, machte Hackl in seiner von der großbürgerlichen „Presse" dokumentierten „Rede vor dem Buffet" deutlich: Nachdem er das Schicksal von Sidonie dem Vergessen entrissen hatte, bemühte er sich um eine Rehabili tierung in der SPÖ-dominierten Gemeinde Sierning. Alle Versuche der Familie Breirather, Sidonie etwa mit einer Tafel zu gedenken, waren fruchtlos geblieben , die Vertröstungen durch die verschiedenen Bürgermeister sind zahlreich. Hans Brei rather Josefa Breirather Als jedoch Hackl für sein Buch mit einem internationalen Pre is ausgezeichnet wu rde und di e „Steyrer Zeitung" groß berichtete, kam man unter Zugzwang. Freilich nur halbherzig , denn man begnügte sich mit der „di - plomatischen Lösung", eine Gedenktafel am selbst für ortskundige schwer zu findenden Jugendheim der Sozialistischen Jugend anzubringen. So macht man es allen recht , die Rechten D er Fall Sidonie, des „Mädchens mit den schwarzen Augen", ist auch ein Beweis für die Mögl ichkeit menschlicher Größe und Standhaft igkeit in der Zeit des Faschismus. Der nach den Februarereignissen des Jahres 1934 zur KPÖ gekommene Hans Breirather (1 899 bis 1980) - er war vom Mai bis Dezember 1945 KPÖ-Bürgermeister von Sierning und in der Folge mehrere Perioden Gemeinderat sowie Ortsparteiobmann der KPÖ-Sierning - und seine Frau Josefa (1902 bis 1989) bemühten sich mit allen Kräften um das Schicksal ihrer Ziehtochter. Kommunistische Publikationen - so etwa eine Dokumentation zur Geschichte der Steyrer KPÖ aus Anlaß des 60-jährigen Bestehens der KPÖ im Jahre 1978 - sind mehrfach auf diesen tragischen Fall eingegangen. Noch heute erinnern sich in der Ortschaft Letten viele ältere Menschen an das ,,Mädchen mit den schwarzen Augen", für das in Österreich kein Platz war, weil sie nicht in die Pläne der Nazis von „Rassereinheit" paßte und deswegen sterben mußte. hatten keinen direkten Angriffspunkt auf die Gemeindeobrigkeit, und den Linken konnte man sagen, es sei ohnehin eine Tafel angebracht worden. Doch hat der Fall eine Fortsetzung , denn nachdem Sidonies Stiefbruder Manfred Breirather nicht locker ließ , versprachen die sozialdemokratischen Gemeindeväter in einer schwachen Stunde, einen neuen Kindergarten nach SidonieAdlersburg zu benennen. Freilich sind im Oktober 1997Wahlen und vor diesen ist ein solcher Akt politisch gar nicht opportun, das könnte doch Stimmen kosten . Eine Haltung, die Fred Breirather frappant an das ständige Zurückweichen und Nachgeben der Sozialdemokratie in den dreiß iger Jahren erinnert. Die Begegnung mit Fred Breirather - der für ihn den „Gehörten gleich doppelt verkörpert, nämlich als Polizist und Kommunist" - war für Hackl geradezu schicksalhaft. Er ordnet sie doch dem ,,Unterabschnitt Sozialdemokratie und Antikommunismus" ein, der insbesondere im Steyrer Raum heftig geblüht hat, und das weit über den Oktoberstreik 1950 hinaus. Schon als Kind hat sich Hackl nach den Worten seines Doppelgängers das „Mißverhältnis von antikommunistischer Inbrunst und kommunistischer Absenz" seinen eigenen Reim gemacht. 5 Handschlag über den Gräbern der Februarkämpfer Die traditionelle Industriestadt Steyr ist dabei in besonderer Weise ein Spiegelbild für das ambivalente Spannungsfeld zwischen Sozialdemokratie und Faschismus. War doch nicht nur der ehemalige SP-Bürgermeister Sichelrader, sondern auch nicht wenige von der Parteiführung enttäuschte Arbeiter nach 1934 mit fl iegenden Fahnen zu den Nazis übergewechselt, hatten, wie Hackl schreibt, den Nazis über die Gräber der Februaropfer hinweg die Hände gereicht. U mgekehrt wurden die Hochburgen der NSDAP - etwa der aus dem Boden gestampfte Stadtteil Münichholz - nach 1945 zu den absoluten Hochburgen der Sozialdemokratie wie die Historikerin Brigitte Kepplinger in einer Untersuchung über das Verhältnis der Arbeiterschaft zum NS-Faschismus konstatierte. Und mit demAufstieg der FPÖ nach 1986 ist wiederum der Gegentrend festzustellen , denn schon 1991 wurde die Haider-Bewegung in der drittgrößten Stadt Oberösterreichs zweitstärkste Partei , was freilich die SPÖ nicht hinderte, dem FP-Vizebürgermeister Leopold Pfeil ausgerechnet das sensible Kulturressort zu überlassen. U nd so streute Hackl auch der trotz nur mehr relativer Mehrheit immer noch dominanten SPÖ der Stadt Steyr Salz in die Wunden : Schon in seinem jüngsten Buch findet sich die Geschichte des örtlichen Vereins Mauthausen Aktiv, der an die Stadt mit dem Vorsch lag herantrat als Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung anläßlich des 55. Jahrestages der „Reichskristallnacht" im Jahre 1993 die wenigen noch lebenden Jüdinnen und Juden aus Steyr in die Stadt ihrer Vertreibung durch den Faschismus einzuladen. Das Vorhaben scheiterte daran, daß die Stadt kein Geld für die Reiseund Unterbringungskosten aufbringen konnte, wohl deswegen , weil man dem schwereichen BMW-Konzern für die Errichtung dessen Steyrer Werkes gemeinsam mit Bund und Land satte Millionen Förderungen zuteil werden lassen mußte. Höchstens einen Empfang mit Augenbad und einem Glaserl Wein wäre man bereit gewesen zu finanzieren.

Heimkehr-Begriff war schon besetzt... Wie der 1954 in Steyr geborene Hackl lapidar anmerkt, war freilich der Begriff des Heimkehrens von der Steyrer Stadtobrigkeit schon besetzt, nämlich durch Kriegerdenkmal, Feldmesse und Festansprache: Denn zur selben Zeit war Bürgermeister Hermann Leithenmayr Ehrengast bei einem mi litärischen Rummel des Heimkehrerverbandes. Wer eingeladen wird und wer nicht wird offensichtlich nach dem Rezept der Stimmenmaximierung entschieden. H atte doch ein sozialdemokratischer Stadtrat den Vertreterinnen von ,,Mauthausen Aktiv" unverblümt erklärt : „Glaubst, daß von den Steyrern mehr als ein Prozent mit den Juden noch was anfangen kann?" Ähnlich ablehnend waren auch Reaktionen von Banken und angesprochener Bevölkerung, was Hackl zum bitteren Schluß bewog, daß die Bewohner dieser Stadt „zwar überaus freundlich, aber ziemlich feige" seien. Leo Furtlehner mrrr4'!j@ Redaktion gratuliert Erich HACKL Anläßlich der Überreichung des „Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch" hielt der bekannte, gesellschaftlich engagierte Steyrer Schriftsteller eine vielbeachtete Rede. Klar und unnachgiebig - und nicht wie bei solchen Anlässen opportunistisch gefärbt - kritisierte er den „sozialdemokratischen Antifaschismus", das „Handeln oder Nichthandeln österreichischer Sozialdemokraten" in Sachen Demokratie, Solidarität und lntregrationspolitik. Die offenen Worte gerade vor diesem Auditorium und die Übergabe des Preisgeldes, in Höhe von 30.000 Schilling, an das Integrationsprojekt PARAPLÜ in Steyr zeigen ein weiteres Mal, daß bei Erich Hackl Wort und Haltung eins sind. Von Erich Hackl sind weiters erschienen: Abschied von Sidonie, Erzählung. Auroras Anlaß, Erzählung. König Wamba, Ein Märchen. Sara und Simon, Eine endlose Geschichte. BRIEFE AN DIE REDAKTION Ein nicht befriedigendes Gespräch Der Steyrer Schriftsteller Erich Hackl erhielt am 26. Mai d.J . den Bruno Kreisky-Preis für das politische Buch . Der Preis wurde durch Prof. Dr. Ewald Nowotny und den EU Parlamentarier Dr. Hannes Swoboda überreicht. Meine Anwesenheit bei dieser Veranstaltung ergab die Gelegenheit mit den genannten Politikern ins Gespräch zu kommen , wobei ich meine Befürchtung äußerte,. zum zweiten Male den Niedergang der einst so mächtigen Sozialdemokratie erleben zu müssen. Das erste Mal war es 1934 Dollfuß , der diese Bewegung li - quidierte, wogegen jetzt eigentlich die Prinzipienlosigkeit der SPÖ den Grund hiefür darstellt. Beide Politiker konnten mi r naturgemäß nicht zustimmen, meinten aber, daß alles zu geschehen habe, um dies zu verhindern. Meine Frage, wie dies denn zu bewerkstelligen sei, wenn die Sozialdemokratische Bewegung zusieht, wie in traditionellen Bezirken die Die Ölmultis nehmen den DollarAnstieg zum Anlaß für eine weitere Benzinpreiserhöhung. Am 6. August wurde der bisher höchste Benzinpreis in Österreich, mit 13,1 O Schilling für Super plus, erreicht. Nur bei der BP-Tankstelle, im Eigentum der Fa. Bruckmüller, in Sierning, zahlt man für Diesel 8, 79, Normalbenzin 11 ,09, Eurosuper 11,29 und Super plus 12,09 Schilling mit Bedienung. Bei den von Ölmultis gebauten 6 Manfred Breirather Mitglieder scharenweise davon und zu r FPÖ überlaufen oder wie man zusah, wie der einst so mächtige Konsum und die Arbe iterzeitung einfach verschwunden sind , konnte von beiden nicht ausreichend beantwortet werden. Als ich sch l ieß lich noch Prof. Dr. Ewald Nowotny die Frage stellte, ob es nicht besser gewesen wäre, in Opposition zu gehen, meinte er nach kurzem Zögern, daß man ja eine Koalition eingegangen sei.Alles in allem, ein nicht sehr befriedigendes Gespräch. Tankstellen müssen sich die Tankstellen-Pächter nach den vorgeschriebenen Diesel- und Benzinpreisen halten. Allerdings wurden bei der ersten Benzinpreiserhöhung am 30. Juli bei der Tankstelle ESSOEnnserstraße und bei der Tankstelle „Tabor" die Preise bereits am Vortag um 19.30 Uhr erhöht. Kundenwerbung ist eine solche Vorgangsweise sicher nicht. Auguste Brandstätter

Sparhaushalt BuclgelpolltlkaufMaastncht-Kuas dient im wesentlichen der Begrenzung des weiteren Verfalls des österreichischen Bildungswesens im Rahmen der Standortkonkurrenz mit anderen EUStaaten. An Besonderheiten hat sich der Finanzminister für die kommenden zwei Jahre die Erhöhung der Stempelgebühren um 50 Prozent (!), die weitere Sistierung der Freibetragsbescheide, die neuerliche Reduzierung der Bausparprämien (was natürlich nur die kleinen Sparer betrifft) und die faktische Abschaffung der zollfreien Einfuhr von Tabakwaren einfallen lassen. Repression statt Sozial- und Vollbeschäftigungspolitik? Die österreichische Regierung hat ein Maastricht-konformes Doppelbudget beschlossen, das die Belastungspolitik der vergangenen Jahre fortschreibt. N och aufreizender ist aber das geplante Ausräumen der Arbeitslosenversicherung zugunsten der Pensionsversicherung, obwohl der Bundeszuschuß zum ASVG der Arbeiter und Angestellten nur minimal ist. Die Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage zur Pensionsversicherung würde nur Sinn machen, würden die daraus folgenden Ansprüche nach oben begrenzt. D ie Regierung hat das Doppelbudget 98/99 beschlossen und weist damit zumindest auf dem Papier ihre Maastricht- bzw. Euro-Tauglichkeit aus. All es spricht von den Buchungstricks, die die Einhaltung der ominösen maximalen Verschu ldungsgrenze von jeweils drei Prozent pro Jahr ermöglichen. Viel bemerkenswerter ist allerdings der politische Trick mit den Doppelbudgets. Er reduziert die öffentliche Debatte über die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der EU-Mitgliedschaft im Allgemeinen und die Steuerund Budgetpolitik im Hinblick auf den Euro im Besonderen . Und das nicht nur angesichts der nun vorliegenden Budgets mit ihren zusätzlichen Belastungen von jeweils ca. 15. Milliarden Schilling (ohne Ausgabenkürzungen), sondern auch angesichts der anhaltenden Belastungen der vorhergegangenen Budgets von an die 100 Mrd. Schilling jährlich - mit steigender Tendenz. Allein im Bereich der Lohnsteuer beträgt der ,,Quantensprung" zusätzl iche 30 Mrd. Schilling jährlich gegenüber den „VorEuro"-Budgets, ohne daß sich die Beschäftigung oder dieArbeitseinkommen erhöht hätten. Jedes Jahr Fortschreibung dieser Art von Budgets beinhaltet automatisch ein Belastungspaket Nr. 3, 4, 5 usw. Bemerkenswert und charakteristisch ist auch die Gesamttendenz der österreichischen Maastricht- bzw. EuroBudgets unter einem anderen Gesichtspunkt. Abgesehen von der weiter wachsenden Staatsschuld und Zinsen - belastung des Staatshaushalts (die Einhaltung der Konvergenzkriterien zur Einführung des Euro dient ja nicht zur Vermeidung weiterer Verschuldung, sondern der Rücknahme des „Sozialstaates") wachsen dieAusgaben für die Repressionsorgane des Staates, während die Sozialausgaben zurückgehen. Im Vergleich zu den Ausgaben 1996 sollen die Ausgaben für Justiz, Inneres und Militär um drei Mrd. Schill ing steigen, die Ausgaben für Soziales, Sozi - alversicherung und Gesundheit um 7,8 Mrd. Schilling sinken, d.h. absolut sinken und nicht nur in ihrem Wachstum begrenzt. Das Wachstum der Posten Wissenschaft, Forschung und Unterricht von 2 ,9 Mrd. Schilling ist keine besonders soziale Leistung , sondern Ansonsten hofft der Finanzminister auf eine gute Konjunktur - die aber leider nicht so sicher zu erwarten ist wie der Regen - und auf die weiteren Sparpakete der Länder und Gemeinden. Vom ,,Hauptziel" der Regierung wieder „Vollbeschäftigung" zu erreichen - erst kürzlich wieder im Wirtschaftsbericht der Regierung vollmundig verkündet -, ist in den Euro-Budgets nichts zu finden. Mag. Michael Graber olksslimme abonnieren 1H R V.O RT E I L Sie lesen die einzige linke Zeitung r--------------------------, Ich bestelle die „Volksstimme": □ 4 Nummern gratis zum Kennenlernen [I) Abonnement mit jährlicher Zahlung/lnnland mit Postzusendung öSO,- öS400,- Das Abo verlängert sich, wenn es nicht einen Monat vor Ablauf gekündigt wird, um ein weiteres Jahr. Kupon ausschneiden und an: Volksstimme, Kaiserstraße 67/1/DG, 1070 Wien schicken. Name __________________________ Adresse, PLZ, Ort ______________________ Telefon _____ _____________________ Unterschrift ___ ______________ ______ _ L--------------------------J 7

~!)@ Offener Brief an die Bundesregierung Nein zu NATO und WEU! Für Frieden und Neutralität! NATO und WEU si,nct 'Y/tlditä1,,ßfiklk. Sie, 1.üäe/1//ü/// ~ o/J1J1wi1ieinsäl,,w,. c)ie, V-e11/ü-9,en/ ül,,e11/ die 1n eis t.e11 ( /{ 1o 11 11 ru1 fle n . 'Yftlifj,/ii~cluv f,ü/Jvw.n, uv 9,l,v.;i.c/uvvAw, .Eltu-ftii,s lt1,n9 11,nr/ ~K'l.i<y ' /tl e11t udi täl rla9e9en/ i61,,die- 91~/, s.iclva,11/ keinen•,/ ~K11,ie9/ Z II/ ßeteifi9e11 1111(I sie/\ i11fe'lna tional / r'i/1/ 'J--,;,ede.n, u.n.d &II. fuü.slufUj/ zu/ eru;ta r,fie'l.e,n,. CWiJl/~dalwv oont dRA/ ~ Cf!J~: ■ Scllf11ß 1111/ r/1,1 sc· ll111/11w1s1, 11 <J:>1, 1111111/11:11' rln ' / l l'11twfitiil. ',Kein/ Cf!>e ii,,U:/./,, ::,1uN !\ TO 11-nd \)(/13 {/ ! ■ S top11 r/<'11 iis il''l'll'icl\1 sl' ll,,11 :ll.11('111s l1111 '.l -'/1fii11 ,•11 ! ■ ' 1 l/1, lh(/(l('/;1,11 so~101'1, Sii./\1,1'\,,it I ■ ' l l 1 i1 /iu111l'l\1' 11 lf'ill(• 11 1· 111•11 ,•/l.tifo11:1iti'.t1'1 , '. !'1111 : 1•1 1111d '1l\oll't1,11 ! ■ 'il-M", ·/; i1,·,1111i1 o/11'n 'i:1 ,•s t·,~• /i ,111'.f' '" r/1< , ',':' II 111 1•1111· 11 ' ll!ifitii1/il11cl~::.11 11<'111,a,ulef,.,,f ■ :Al ti, ,1, '}rn,tl1•11 s 111/fl ' lil'lltrn/11/iits1111/'it,I;·, rli,• : 11 ,isl'/;1•11 ',K11 11 fl'1l t1u11 /ei1' 11 11ern1iUeh1u-id s11 ·/\ f,h :Alh,i st1111 '.I· .•/l./i/11111 ol'f, ., :ll.11,111 1< •0((/'II 1111(/ ' (ill1,, 11 ,111d1111111011 ' lllif1tii 1fifäcl.e11 s /(I d~ 111(/ r/l t I lr/JU~- (_ -~4~ Siegmund Preß'l~air ~~ed~ ko~~ Karl Riener Helmut Neuhuber ~~ t ({Lc- ~.Jt~.~ ., 74 % cleri Ol,erislNl8icheli1111811 ... NA10 ........,. Die SPÖ stellt die Themen NATOBeitritt und Wahrung der Neutral ität verstärkt in den Mittelpunkt des OÖ. Wahlkampfes. Damit finden sie eine breite Unterstützung, etwa bei den Grünen und den Kommunisten. Die merken jedoch kr itisch an: „SPÖ-Vorsitzender Fritz Hochmair muß auch bei der Parteiführung in Wien Klarstellung verlangen. BeMilitärblöcke spalten, kanntl ich hat sich~Ex-Bundesgeschaftsführer Joset Cap ,!Klar für ei - nen NATO-Beitritt ausgesprochen und hat sich der SPÖ-Fraktionsvorsitzende im Europa-Parlament, Hannes Swoboda, in diese Richtung positioniert." Derzeit sind bereits 74 Prozent der Oberösterreicherinnen gegen den Mi litärpakt und für die Beibehaltung der Neutralität Österreichs. Neutralität verbindet! 8 ~HE WANTS YOU 1 ' 1 JOIN THE ARIWfY a Siegmund Preßlmair: „Nicht die österreichische Neutralität ist überholt, die NATO ist überholt." Helmut Neuhuber: ,,Von außen betrachtet wirkt die WEU/ NATO selbst als die größte Bedrohung." ' Sieglried Vratny: „Die KPÖ lehnt einen Beitritt zu einem Mi litärbündnis ab."

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