Vorwärts Nr. 2, 29. Jahrgang, Juni 1996

\11H i:4+' !)@ Österreichischer Staat in tiefer Finanzkrise Der kapitalistische Staat steckt in einer tiefen Finanzkrise. Enorme Schuldendienste, die sich in Profite des Finanzkapitals verwandeln, extrem hohe Kosten der EU-Mitgliedschaft, sowie ein enges budgetäres Korsett, das aus den "Maastricht-Kriterien" zur Wirtschafts- und Währungsunion der EU resultiert - das sind die Koordinaten eines Spannungsfeldes, innerhalb dessen die Regierung einen sogenannten "Sparkurs" und eine "Modernisierung" voranzutreiben versucht. Die Regierung redet von "Notwendigkeiten" - Notwendigkeiten, die einzig und allein der Logik des Profitsystems entspringen. Sie handelt im Sinne der Durchsetzung der Strategie des Großkapitals. "Sparen" heißt aber im Sinne der Regierung: Abwälzung der Krisenfolgen und -kosten auf die breite Masse der Bevölkerung. Demon - tage sozialstaatlicher Regelungen und Einrichtungen und radikaler Abverkauf des gemeinwirtschaftlichen Eigentums. Dies alles bei gleichzeitiger steuerlicher Schonung und Begünstigung des Großkapitals. "Moderni sierung" bedeutet Rationalisierung des kapitali ti schen Systems und findet in der Deregulierung und Flexibili si rung der Arbeitszeit und der Arbeitsverhältnisse, in sogenannten "Kos t nsenkungs - prog rammen" mit der Folge von inkommensverlusten und Beseitigung b trieblicher Sozialleistungen und im Standortpoker der Großkonzerne seinen Ausd ruck. KPO Alternativen Es liegt im Selbstverständnis der KPÖ, daß sie sich entschieden gegen diesen Kurs und seine Folge stellt, an Gegenstrategien arbeitet und alles in ihren Kräften stehende tut , um im Rahmen breiterer Bewegungen , die mit der Strategie des Kapitals verknüpfte Politik zu bekämpfen. Sie stellt Forderungen, die einerseits der Verteidigung der sozialen Errungenschaften dienen und zugleich grundlegende Alternativen zur Entwicklung des Profilsystems darstellen: 1 Arbeitszeitverkürzung Voll bezahlte Kürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden als ersten und 32 Stunden als zweiten Schritt für alle in Österreich lohnabhängig Beschäftigten . Aufrechterhaltung der Beschränkung der Normalarbeitszeit auf 8 Stunden am Tag, sowie der Wochenendund Feiertagsregeln. Nachtarbeit soll generell der Ausnahmefall sein und nur in Sonderfällen bewilligt werden. Flexibilisierung nur in dem Sinne, daß den lohnabhängig Beschäftigten allein die Gestaltung des Zeitbudgets zukommt. Die öffentliche Verkehrsinfrastruktur hat voll auf die Bedürfnisse der Beschäftigten abgestimmt zu werden . Die KPÖ tritt für die volle Abdeckung des Bedarfs an Kinderbetreuungseinrichtungen ein, um arbeitenden Frauen nicht von vornherein die Chancen auf Beschäftigung zu beschneiden oder zu nehmen . Gemeinwirtschaft Die Privatisierungswelle ist sofort zu stoppen. Die KPÖ sieht in den gemeinwirtschaftlichen Einrichtungen und Betrieben , im besonderen im Eigentum der Gemeinden ein volkswirtschaftliches Rückgrat. Industriebetriebe, Banken, Gesundheitseinrichtungen, kommunale Dienstleistungen, Bildungsstätten , Verkehrtsinfrastruktur sowie Post und Telekom dürfen nicht mehr weiter in die Hand rücksi chtsloser Profitmacher gelangen. Es wäre viel mehr notwendig, bereits getätigte Privati sierungen rückgängig zu machen und den Gemeinwirtschaftsbereich auszudehnen - also ein Mehr statt ein Weniger an Staatseigentum, das allerdings ei - n r wi rkungsvoll en öffentli chen Kontrolle unterstellt werden müßte. 1 Soziale Grundsicherung 1 Das Sozialsystem mit seinem Kern - den staatlichen Sozialversicherungen - ist als Selbstverwaltungssystem sicherzustellen und grundlegend zu reformieren. Die demokratische Selbstverwaltung ist der entscheidende Ansatzpunkte einer Reform, die eine aktive Mitbestimmung der Versicherten und ein stärkeres Eingehen auf die Bedürfnisse bringen muß - sie sind die "Besitzer" der Sozialversicherungen . Die Eingriffsrechte der Regierung sind ebenso zu beschneiden, wie die Möglichkeiten der Regierung, die Kassen der So7ialversicherung zu plündern , gänzlich zu beseitigen sind. (Gesundheitswesen) : Wir lehnen jede weitere Belastung der Kranken ab, wie Erhöhung der Medikamentengebühr, keinen weiteren Selbstbehalt insbesondere bei krankheitsbedingten Kuraufenthalten und Rehabilitationsmaßnahmen. (Pensionen): Wenn auch von der Regierung versprochen wurde, keine Pensionskürzungen durchzuführen, bedeuten die vorgesehenen Belastungen durch das sogen. Sparpaket, sowie keine Pensionserhöhung für 1997 eine indirekte Pensionskürzung. Außerdem sind Einschränkungen durch die Banken geplant. Wir verlangen daher für alle Pensionisten einen Socke lbetrag (Mindestbetrag) für 1997 als Inflationsabgeltung. Gleichberechtigung Sämtliche die Frau diskriminierende oder der Diskriminierung Vorschub leistende Bestimmungen in Gesetzen oder Verträgen sind zu beseitigen und die Diskriminierungspraxis zu bekämpfen. Hier ist es notwendig, daß von Frauen selbstverwaltete und dirigierte Kontrollinstanzen auf allen Ebenen der Gesellschaft geschaffen und mit Durchgriffsrechten ausgestattet werden . Ziel der KPÖ ist die völlige Gleichberechtigung in Bestimmung und Praxis aller in Österreich lebenden Menschen . ~S,FRANz ~ F~UT M~ E/11:~ FINAIIZKAPITAL ~ 1 Umverteilung 1 1 1 Ein wirkungsvolles Sozialsystem und eine menschenwürdige Existenzsicherung setzen eine andere Vertei lungspolitik, eine Umverteilung von oben nach unten unabdingbar voraus. Die Verteilungspolitik ist der Kristallisationspunkt der Klassenunterschiede und wird im Zuge der aufgezeigten Entwicklung zum wichtigsten Auseinandersetzungsfeld zwischen Arbeiterbewegung und allen sozial Bewegten einerseits und dem Kapital andererseits. Die KPÖ tritt für eine soziale Steuerreform mit dem Zieleinesdeutlich erhöhten Zugriffs auf Kapitalerträge und Vermögen sowie der Schließung der Steuerschlupflöcher fürs Kapital bei gleichzeitiger nachhaltiger Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen ein. Aktive KPÖ-Politik Diese grundlegenden Forderungen und Vorstellungen der KPÖ sind Gegenstand ihrer aktiven Politik und werden von ihr in Bündnisse eingebracht, die sich zum Ziel setzen, eine Gegenkraft zur Politik des Kapitals zu entwickeln.

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