Vorwärts Nr. 1, 28. Jahrgang, März 1995

vorwärts Koalitionsregierung will Schröpfung im breiten Stil: Wem nützt das Belastungspaket? Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP haben nach der Nationalratswahl 1994 als Regierungsprogramm ein Maßnahmenpaket vereinbart, mit dem bis 1998 rund 250 Milliarden Schilling zur Sanierung des Budgetdefizits eingespart werden sollen. Das sind rund 8.000 Schilling pro Kopf und Jahr. Das Programm sieht die Kürzung oder Streichung zahlreicher Sozialleistungen vor. Zur Kasse gebeten werden Arbeitnehmerinnen , Familien , Schülerlnnen und Studierende , Pensionistlnnen , Beschäftigte des öffentlichen Dienstes , Arbeitslose USW . Die Koal ition argumentiert , dieses Belastungspaket sei notwendig, um den Sozialstaat auch für die Zukunft zu sichern . Tatsächlich bedeutet das Programm aber den dramatischen Abbau gewachsener Leistungen in der Sozial- und Gesundheitspolitik. Im Gleichklang behaupten Regierung und Medien , die Österreicherinnen hätten über ihre Verhältnisse gelebt. Die wirklichen Gründe für die Explosion des Budgetdefizits sind jedoch die rapid steigenden Zinsen für die Verschuldung des Staates , die zurückbleibenden Steuereinnahmen und die außerordentliche Belastung durch die EUBeitrittskosten . Dieses Belastungspaket ist unsozial und trifft gerade gesellschaftlich schwache Gruppen (Alleinerzieherl nnen , Ausländerlnnen , kinderreiLacinas Sparschwein zum Fürchten... (Karikatur: Kurier) ehe Familien , Sozialhilfeempfängerinnen , Obdachlose.. .) besonders hart und grenzt sie weiter aus . Der Klassencharakter des Programms wird daraus ersichtlich, daß die Maßnahmen für Unselbständige sehr konkret formuliert wurden, die wenigen Maßnahmen im Regierungsprogramm für Großverdiener und Unternehmer hingegen sehr vage gehalten sind . Das "Paket" ist aber auch wirtschaftlich bedenklich , weil es eine geringere Kaufkraft für die sozial Schwachen zur Folge hat. WIFOChef Kramer verwies jetzt auf geringeres Wirtschaftswachstum und höhere Arbeitslosigkeit durch das "Paket". Dies wiederum bedeutet weniger Einnahmen für das Budget, also noch weniger Spielraum für Sozialausgaben. • Das Belastungspaket ist somit eine gewaltige Umverteilung von den Lohnabhängigen zu Kapital und Vermögen. Jetzt liegt es an den Betroffenen ob sie diese "Krot" der Regierung schlucken oder ob sie sich zusammenschließen und die Umsetzung dieses Programms verhindern! Seite 3 Julius Böhm gestorben Im 88. Lebensjahr ist nach schwerer Krankheit in Steyr am 22. Februar 1995 Julius Böhm gestorben. Eine große Trauergemeinde erwies ihm bei der Verabschiedung in der Feuerhalle am 3. März die letzte Ehre. In Reden würdigten Betriebsrat Trausner (Voest) und Gemeinderat a.D. Otto Treml Leben und Verdienste des Verstorbenen. Julius Böhm wurde am 21. Mai 1907 als Sohn rheinländischer Eltern geboren. Sein Vater Josef Böhm war Gründer der Kugellagerproduktion in den Steyr-Werken. Julius Böhm erlernte den Beruf eines Modelltischlers und arbeitete bis zur Wirtschaftskrise in den Steyr-Werken, wanderte dann nach Kanada und in die USA aus und kehrte 1937 nach Steyr zurück, wo er seine 7986 verstorbene Gattin Martha heiratete. Neben seinem Beruf und seiner sportlichen Betätigung war Böhm stets auch politisch engagiert, seit 1921 in der Arbeiterbewegung, in der SAJ und seit 1945 als Mitglied der KPÖ. Sein offenes, ruhiges und geradliniges Auftreten brachte ihm auch bei politisch Andersdenkenden Achtung und Anerkennung. Böhm war in der Widerstandsbewegung gegen den Hitlerfaschismus tätig, engste Freunde von ihm wurden zum Tode verurteilt. Nach der LM'reiung im Jahre 1945 gehörte Böhm zu den Männern der ersten Stunde, die den Grundstein für eine demokratische Gemeindeverwaltung in Steyr-Ost legten. Als Leiter der in der zerbombten Brauerei eingerichteten provisorischen Molkerei in der Pachergasse erwarb er sich große Verdienste für die Versorgung von Steyr-Ost. Julius Böhm nützte auch seine exzellenten Englisch-Kenntnisse und verhandelte 1945 mit der US-Besatzungsmacht über die Weiterführung der Kugellagerproduktion, ein Engagement, das später auch Zentraldirektor Walther Glöckel würdigte. Böhm war zu dieser Zeit Vorarbeiter der Modelltischlerei im Hauptwerk, als aktiver Kajak-Sportler Mitbegründer des ÖTSV-Steyr und Funktionär bei "Forelle " Steyr. 1950 war Böhm auch aktiv in der großen Streikbewegung gegen die Lohn- und Preispakte der Regierung tätig und wurde, so wie insgesamt rund 400 Arbeiter und Angestellte, politisch gemaßregelt. Er verlor seinen Arbeitsplatz im Steyr-Werk und arbeitete daraufhin in der Modelltischlerei und als Ausbildungsleiter in der Voest in Unz. Wir werden Julius Böhm stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere besondere Anteilnahme gilt seiner Nichte und deren Gatten als Angehörige. • KPÖ-Landesvorstand Oberösterreich • KPÖ-Bezirksvorstand Steyr

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