Vorwärts Nr. 2, 22. Jahrgang, April 1989

•• KEINE ERFULLUNGSGEHILFEN 1.MAl '89 Erinnern wir uns: DER REGIERUNG Warum feiern wir den 1. Mai? Die Einbindung von ÖGB und Arbeiterkammem in die Regierungspolitik muß überwunden werden Es begann in Chicago Schon im vorigen Jahrhundert war es wichtiger Haupthandelsplatz der USA für Vieh , Fleisch und Getreide. Viele Eisenbahnl inien . viele Straßen und Wasserwege führten hier zusammen . Und es zog viele Menschen hierher, die anderswo keine Arbeit fanden . Der Arbeitstag in den Sch lachthöfen und in den Häfen war lang , unerträglich lang. Um sich besser dagegen wehren zu können. schlossen sich die Arbeiter in Gewerkschaften zusammen. 600.000 Arbeiter beteiligten sich 1886 in den USA an Streiks. Von OTHMAR GRÜNN, GLB-Arbeiterkammerrat in Oberösterreich Immer wieder ist in Österreich davon die Rede , daß die Regi~rung unter den Einfluß des 0GB komme . Zuletzt war dies aufs Tapet gebracht worden , als zwei Vorsitzende von Fachgewerkschaften hohe Staatsfunktionen erhielten - Kollege Pöder von den Gemeindebediensteten wurde Nationalratspräsident und Kollege Ettl von der Gewerkschaft Textil-Bekleidung-Leder Beamten- und Gesundheit smi nister. Da malte die ÖVP bereits das Gespenst einer einschneidenden Machtverschiebung zugunsten des 0GB an die Wand . Dazu ist zu sagen: Es handelt sich keineswegs um eine Machtzunahme der Gewerkschaften, die der Durchsetzung gewerkschaftlicher Ziele dient. Die Besetzung dieser Staatsämter durch Gewerkschaftsfunktionäre dient vielmehr dazu , den ÖGB noch mehr in die Politik der großen Koalition einzubinden. Damit sollen Arbeitergruppen, die von der Regierungspolitik abgestoßen wurden, wieder angesprochen werden. Vor allem aber soll eine entsprechende Schützenhilfe des 0GB und der AK in der Frage des EG-Anschlusses erreicht werden . EuropaStellungnahmen helfen der Regierung Ein sprechender Ausdruck dieser Schützenhilfe sind die E:uropa-Stellungnahmen von 0GB und Arbeiterkammertag . Dort werden zwar viele möglichen Einwän,de gegen einen EG-Beitritt Osterreichs angesprochen. Dennoch __ wird aber die Einbindung Osterreichs in die EG als die einzig mögliche Perspektive dargestellt, und damit werden natürlich alle sonstigen Vorbehalte gegenstandslos und reine Verzierung. Auf diese Weise geben die leitenden Gremien von ÖGB und Arbeiterkammertag der Koali tionsregierung Flankenschutz für ihren .. Brief nach Brüssel " . Am Rande sei vermerkt, daß diese Stellungnahmen die Positionen der beiden Regierungsfraktionen FSG und OAAB (und der FPÖler) wiedergaben, wäh - rend die Auffassungen .. der EG-kritischen Kräfte in 0GB und ÖAKT nicht in diese Stellungnahmen einflossen. Erinnern wir uns ... Erinnern wir uns an die Vorgänge der letzten Jahre . Bei der Bildung der großen Koalition haben auch Gewerkschafts- und Arbeiterkammerfunktionäre wesentlich mitgewirkt. Sie haben damit auch die Mitverantwortung für die Zielsetzungen und Maßnahmen dieser Regierung übernommen . Was hat nun diese Regierung den arbeitenden Menschen gebracht? Eine Reihe von harten Schlägen vor allem, die wenige Jahre zuvor noch unmöglich erschienen. .. So haben die Spitzen von 0GB und AK die Zerschl agung der verstaatlichten Industrie mitgetragen . Was haben sie denn unternommen , als die verstaatlichte Industrie an den .Pranger gestellt wurde, als die gewachsenen Unternehmensstrukturen zerschnitten und tausende Arbeitsplätze zerstört wurden ? Statt dieser Politik den äußerst möglichen Widerstand entgegenzusetzen , haben sie all die Regierungsmaßnahmen in Kauf genommen und sogar mitgetragen. Nur als blanker Zynismus kann es doch verstanden werden, wenn die sozialistischen Gewerkschafter heute in ihrer Plattform zur AK-Wahl von einer Starkung der verstaatlichten Industrie als ihre Zielsetzung sprechen. Was hat denn die FSG in den vergange - nen Jahren für eine solche ..Stärkung'· getan? Ähnliches läßt sich in Bezug auf all die Belastungsmaßnahmen sagen. die in den letzten Jahren von seiten der Koalitionsregierung in reichlichem Maß der Bevölkerung auferlegt wurden ,. Wo haben die Spitzen von 0GB und AK ihre Machtmittel eingesetzt. um solche Belastungen ernst haft zu verhindern ? Uberall haben sich die Spitzen der beiden Re - gierungsfraktionen dem Koalitionspakt mehr verpflichtet gezeigt als dem der Interessen der Arbeiter. Angestellten und öffentlich Bedienstete n. Regierungsunabhängigkeit ist notwendig Im Interesse der arbeitenden Menschen Österreichs w,äre es notwendig , daß sich 0GB und AK stärker von der Bevormundung der Regierung lösen und einen eigenständigen Kurs steuern. Auf diese Weise können die Hilfsmittel von ÖGB und AK voll dem Widerstand gegen Belast ungspolitik und Sozialabbau , gegen Verstaatlichtenzerstörung und EG-Unterwerfung fruchtbar gemacht werden. Eine Stärkung des Gewerkschaftlichen Linksblocks wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung . Kundgebung Steyr, Stadtplatz Beginn: 10.30 Uhr Für den Achtstundentag Die Chicagoer Arbeiter gingen am 1. Mai 1886 für den Achtstundentag auf die Straße . Es war eine geordnete Demonstration - bis die Polizei über sie herfiel. Vier Arbeiter blieben tot zurück, erschlagen wie das Schlachtvieh. Wenige Tage später wurden die Führer der Chicagoer Gewerkschaften verhaftet. Vier von ihnen wurden zum Tode verurteilt und im November 1887 hingerichtet. Damit , so glaubten Fabrikanten und Staatsmacht , sei die Kamplkraft der Arbeiter für lange Zeit geschwächt . In den USA selbst und in vielen anderen Ländern antworteten die Arbeiter mit Protest- und Solidaritätsaktionen . Die Streikbewegung nahm zu , neue Gewerkschaften und neue politische Organisationen der Arbeiter entstanden . Nun war es notwendig geworden , daß die Arbeiter vieler Länder gemeinsam kämpften . 100 Jahre nach Beginn der Französischen Revolution ... Am 14. Juli 1889 war es soweit : Auf den Tag genau 100 Jahre nach dem Sturm auf das ver· haßte Pariser Staatsgefängnis. dem Beginn der Französischen Revolution. trat in Paris der internationale Sozialistenkongreß zusammen. Mehr als 400 Arbeitervertreter aus 22 Ländern hatten sich dort unter der Losung „ Proletarier aller Länder, vereinigt euchl " versammelt. Die Delegierten handelten danach. Sie gründeten eine internationale revolutionäre Organisation von Arbeiterparteien vieler Länder , genannt die II. Internationale. Und zum Gedenken an die Chicagoer Ereignisse von 1886 rief der Kongreß die Arbeiter aller Länder auf, am 1. Mai 1890 für den Achtstundentag und die internationale Solidarität zu demonstrieren . Mit diesem Beschluß wurde der große Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse geboren. ... heute für die 35-Stunden-Woche Ein Tag, an dem bis heute die Werktätigen in aller Welt für ihre gemeinsamen Forderungen demonstrieren. Mitunter noch unter schwierigsten Bed ingungen und mit Knüppeln bekämpft. Der 1. Mai ist und bleibt ein Kampftag für gerechte Lebens- und Arbeitsbedingungen , gegen Not und Unterdrückung , gegen Militarismus und Krieg - auch wenn ihn manche zum Jubeltag umfunktionieren möchten . Gerade heuer ist dieser Tag besonders wichtig , weil mit den Wahlen in die Arbeiterkammern eine Vertretung bestimmt wird , von deren Tätigkeit gar nicht so wenig für die arbeitenden Menschen abhängt. Der GLB und die KPÖ rufen daher auf, dem 1. Mai den wirklichen Sinn als Kampf- und Demonstrationstag wiederzugeben und bei den AK-Wahlen im Juni als deutlichen Ausdruck gegen Ausbeutung, Unterdrückung und gegen EG-Anschluß den GLB zu stärken . Gemeinsam auftreten für : Neutralität , Arbeit und Friedenl Es spricht Manfred Groß (ZK der KPÖ) Gemeinsam auftreten für: Bei jeder Witterung Neutralität, Arbeit, Frieden! HTV-Anlage für Steyr im Gespräch KPÖ: Kriterien sind Standorfrage, Dauer des Probebetriebs und Betrieb durch öffentliche Hand Das Pilotprojekt der Hochtemperatur-Vergasungsanlage (HTV) des Voest-Alpine-lndustrieanlagenbaus (VAi) besichtigten Mitglieder des Steyrer Gemeinderates im Zusammenhang mit dem seit zwei Jahren bestehenden Plan, in Steyr-Münichholz auf dem Gelände des ehemaligen Gußwerkes II eine Müllverbrennungsanlage zu errichten. Die privaten Betreiber des Steyrer Projekts-Architekt Dipl.Ing. Eberhard Neudeck und Helmut Gebeshuber • versuchten vor zwei Jahren in einer Nachtund Nebelaktion eine herkömmliche Anlage zu errichten . Dies wurde aber durch massiven Protest der betroffenen Bevölkerung vereitelt. Nun sind die beiden Unternehmer am H1V-Projekt interessiert. Eine für Steyr geplante H1V-Anlage hätte mit einer Kapazität von 10.000 Tonnen pro Jahr die doppelte Kapazität der Pilotanlage im Voest-Werksgelände. Die Errichtungskosten würden sich auf etwa 150 Millionen Schilling belaufen. tretung aller relevanten Gruppierungen. Die Steyrer Abordnung wurde vom Projektleiter der HTV-Anlage, Dipl.Ing.Dr. Freimann, eingehend informiert. Bei der Besichtigung der Anlage kam auch ein Sondermüll-Mix des Steyrer Entsorgungsunternehmens Bachleitner zur Vergasung. Dabei lagen die Meßwerte der Emmissionen weit unter den Richtwerten, lediglich die Schwefeldioxidwerte lagen etwas darüber. Im Anschluß an die Besichtigung erklärte der Steyrer Bürgermeister Heinrich Schwarz, daß er sich zur Lösung des Sondermüllproblems und zur Beseitigung des Mülltourismus bei einem positiven Ergebnis der H1V-Anlage vorstellen könne, daß auch in Steyr eine derartige Anlage errichtet wird. unternehmen betrieben werden soll . Nach Meinung der KPÖ dürfe dies zur Sicherung der politischen Kontrolle und Einflußnahme der Bevölkerung nur durch die öffentliche Hand erfolgen. Treml verwies dabei auf Linz, wo geplant ist eine HTV-Anlage bei einem positiven Ergebnis der Versuche mit der Pilotanlage durch eine öffentliche Gesellschaft in der die ÖIAG und die Stadtbetriebe Linz (SBL) vertreten sind zu betreiben. Stadtplatz autofrei Ganz im Sinne der Wirtschaft verlangte ÖVP-Stadtrat Schloßgangl bei einer "Aktuellen Stunde" der letzten Steyrer Gemeinde- · ratssitzung mehr Parkplätze am Stadtplatz einzurichten. Für die KPÖ stellte dazu Gemeinderat Otto Treml fest, daß der historische Stadtplatz zur Fußgängerzone erklärt werden sollte. Lediglich eine Durchfahrtsmöglichkeit von PKWs zu den Kurzparkflächen am Ennskai und die An- und Abfahrt von Bussen und Taxis über den Grünmarkt sollte sichergestellt werden. Steyr richtet Gestaltungsbeirat ein Die Pilotanlage in der Voest ist seit November 1988 im Probebetrieb. Nach einem ersten Probelauf mit Hausmüll begann im März der Probelauf mit Sondermüll, der vorausichtlich bis Ende April dauern soll. Bis zum Sommer soll dann von den beurteilenden Experten ein Gutachten über d ie Eignung der Anlage vorgelegt werden . Für den Linzer Probebetrieb existiert auch eine Bürgerbeteiligung durch einen eigenen HTV-Beirat mit breiter Zusammensetzung und VerKPÖ-Gemeinderat Otto Treml vertrat dazu die Auffassung, daß die Frage des Standortes entscheidend ist und er sich eine H1V-Anlage im Stadtteil Münichholz nicht vorstellen könne. Auch sei ein fünfwöchiger Probebetrieb mit Sondermüll zu kurz. Vor allem aber lehnte Treml entschieden ab, daß eine Sondermüllvergasungsanlage von einem PrivatIm Sinne der Bevölkerung und auch eines großen Teiles der Geschäftswelt der Stadt Steyr sowie der vielen Gäste die den schönen Stadtplatz besuchen, soll nach Auffassung der KPÖ der Stadtplatz weitgehend vorn Autoverkehr freigehalten werden. Der spürbare Druck der Steyrer Bevölkerung nach mehr Mitbestimmung hat nun endlich auch bei der SPÖ-Stadtverwaltung Gehör gefunden. Bei der letzten Gemeinderatssitzung im März gab Bürgermeister Heinrich Schwarz bekannt, daß ein städtischer Beirat für Stadtgestaltung gegründet wird. Aktuelle Anlässe für das Umdenken der Stadtverwaltung waren Proteste nach städteplanerischen Alleingängen : Als kürzlich die Umplanung des Taborknotens bei einer Bürgerversammlung vorgestellt wurde, kam es zu Protesten gegen die SPÖ-Mehrheit und zur Ablehnung dieser Umgestaltung. Ähnliche Proteste gab es auch, als bekannt wurde, daß die Gsangbrücke im Wohngebiet Wehrgraben ohne vorherige Information der Bevölkerung vom Gemeinderat beschlossen wurde. Bürgermeister Schwarz erklärte im Gemeinderat weiter: "Wir werden ein Gremium, einen Gestaltungsbeirat für die Anliegen der Bürger schaffen, das ohne Beschlußfunktion Projekte beraten wird. Die personelle Zusammensetzung erfolgt wie beim Umwelt- oder Verkehrsbeirat, soll also neben Mitgliedern des Gemeinderates auch Fachleute ohne politisches Mandat umfassen." Der Steyrer Gestaltungsbeirat soll noch vor dem Sommer gegründet werden, wobei natürlich noch eine Reihe von fraktionellen Vorgesprächen notwendig sind. Die Gemeinderatsfraktionen wurden von Bürgermeister Schwarz aufgefordert, mögliche Mitglieder aus ihrem Bekanntenkreis namhaft zu machen. Bei Großprojekten und bei Entscheidungen mii großer Tragweite sollen darüber hinaus öfter Infonnationssitzungen des Gemeinderates stattfinden. So sollen bereits im Pl anungsstadium die Projekte diskutiert werden, um zusätzliche Anregungen und Vorschläge rechtzeitig berücksichtigen zu können . Kontrollberichte für alle Fraktionen Auf Grund eines gemeinsamen Antrages von KPÖ, GAL und FP beschloß der Steyrer Gemeinderat bei seiner letzten Sitzung, daß künftig allen Fraktionen die schriftlichen Berichte des Kontrollamtes über die quartalsmäßige Prüfungstätigkeit zur Verfügung gestellt und damit deren Kontrolltätigkeit erleichtert wird.Für die KPÖ-Fraktion begrüßte Gemeinderat Otto Trernl. diesen Beschluß. Gleichzeitig betonte Treml jedoch, daß die Bereitstellung der Kontrollberichte sowie auch der Amtsberichte für alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen verpflichtend im Statut der Stadt Steyr verankert werden müsse und nicht nur von einem Gemeinderatsbeschluß abhängig sein dürfe, der unter Umständen nach Gutdünken der Mehrheitsfraktion wieder aufgehoben werden könne. IMPRESSUM .. vorwärts,. Medieninhaber (Verleger) . Herausgeber, Herstel• ·Ier: KPO-Steyr, Johannesgasse 16. 4400 Steyr, Telefon (0 72 52) 23 1 79: Redakt ion : Siegfried Vratny: Verlags, und Herstellungsort : Steyr.

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