Vorwärts Nr. 1, 22. Jahrgang, Jänner 1989

Die große Herausforderung KPÖ-Vorschläge für 1989 Dr. Walter Silbermayr Sekretär d. Zentralkomitees der KPÖ Wenn es nach der Regierung geht , dann sind die Weichen für das noch junge Jahr schon gestellt: Die Züge fahren weiter in Richtung Sozialabbau , Flexibilisierung der Arbeitszeit , Verschlechterung der Pensionen, Privatisierung und eine neue, unsoziale Etappe der Steuerreform . Und noch ein Ereignis wirft seine Schatten voraus : Das Beitrittsansuchen zur EG . Österreich hatte im vergangenen Jahr eine gute Wirtschaftskonjunktur. Diese Konjunktur warf ein mildes Licht auf manche harte Maßnahme, ließ die Arbeitslosigkeit leicht zurückgehen und gab der Regierung eine Aufschubfrist und die Möglichkeit, bei der Budgeterstellung Kosmetik zu betreiben. Dennoch sind die harten Brocken greifbar: So macht man heuer ganze 11 Milliarden Schilling durch die Verschleuderung staatlichen Eigentums locker. Verschleudert werden aber genau jene Bereiche, die Gewinne bringen. Was für jedes Unternehmen tödlich ist, betreibt der Staat als Grundlinie seiner Haushaltspolitik : Um eines kurzen finanziellen Vorteiles willen verkauft er ausgerechnet jene Wirtschaftsbereiche, die ihm langfristig Einnahmen sichern könnten . Dafür wird in der Sozialpolitik gestrichen, bei der Bildung gespart und weiter auf Kosten der Bevölkerung umverteil!. Österreich und die „Europareife" Österreich wird „europareif " gemacht, um Mock & Co den Einstieg in die EG zu er leichtern . Was heißt aber „Europareife" nach den Vorstellungen ihrer konservativen Konstrukteure, von denen auch Vranitzky nicht fre i ist? Sicher hat man nicht die Interessen der Arbeiter, Angestellten und öffentl ich Bed iensteten im Auge, wenn Österreich „angepaßt " werden soll. Welche Richtung diese Anpassung nimmt, kann man an den Befürchtungen der Gewerkschaften in den EG-Ländern ablesen : Vernichtung von Industriearbeitsplätzen, Ausschaltung der Gewerkschaften aus den ohneh in spärlichen Mitbestimmungsmöglichkei ten , Wegfall von Schutzbestimmungen und Sozialrechten . Diese Richtung hat eine innere Logik : Das Binnenmarktkonzept stammt von den westdeutschen Großkonzernen - und ihnen geht es um ein „freies" Schalten und Walten . In einem solchen Konzept haben Arbeitnehmerinteressen keinen Platz! Österreich hat seinen Platz als neutrales Land gut ausgefüllt und konnte die Neutralität auch wirtschaftlich nutzen . Soll das alles nicht mehr gelten? Freilich bedarf es einer weltoffenen Haltung nach allen Seiten - auch in Richtung EG. Die internationale Arbeitsteilung ist eine objektive Tendenz.. Ihr kann sich auch Österreich nicht entziehen. Die Frage ist nur, wie sich qualitativ neue Beziehungen gestalten. Nach unserer Auffassung müssen sie sich auf den Boden der nationalen Unabhängigkeit und der gleichberechtigten Zusammenarbeit gestalten. Es kann und darf nicht so sein , daß sich kleinere Länder - noch dazu neutrale - zum Anhängsel der Großkonzerne machen . Das wäre nicht gut für Österreich , nicht gut für die Arbeitenden und auch nicht gut für Europa, das sich ja bekanntlich nicht in den Grenzen der EG erschöpft. Eine zeitgerechte lnteressenspolitik Wir stehen als Gewerkschafter vor einer großen Herausforderung, der wir nicht durch schöne Worte und durch nicht ernstgemeinte Vorbehalte gerecht werden können. Das sollte auch bei der Arbeiterkammerwahl berücksichtigt werden . E.iner zeitgerechten lnteressenspolitik ist ni ;iedient, wenn wir resignieren und den „l.:iroßen" unser Schicksal ausliefern . Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich der GLB dieser Wahl. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger , als im Interesse einer sozialen und auf ö:=:•~rreich bedachten Pol itik handeln. Je größ jie Unterstützung der Wählerinnen und Wähler ist , desto besser werden wir diesen Anspruch erfüllen können . Ausgehend von der grundsätzlichen Einschätzung und Schlußfolgerung zum Voranschlag 1989 wurden von der KPÖ-Fraktion bereits im Sommer konkrete Vorschläge zur Erstellung des Budgets unterbreitet. e Wir Kommunisten sehen nach wie vor als Hauptproblem in unserer Stadt die Wohnungsfrage. An die 2.000 Familien bewerben sich oft seit vielen Jahren um eine GWG-Wohnung der Stadt Steyr, natürl ich mit einer erschwinglichen Miete. Aus diesem Grund sind w ir für einen verstärkten Wohnungsbau . Neben den geringer werdenden Förderungsmitteln des Landes Oberösterreich soll die Stadt Steyr den finanziellen Zuschuß für den Wohnungsbau wesentlich im Budget erhöhen. Leider, muß dazu festgestellt werden , findet dieser Vorschlag keinen Niederschlag im Budget 1989. e Weiters wurde von der KPÖ-Fraktion vorgeschlagen, das gemeindeeigene, freie Grundstück zwischen den Liegenschaften Haratzmüllerstraße 33 und 37 mit einer Wohnanlage zu verbauen und dort Zweiund Dreizimmerwohnungen mit sozialen Mieten zu errichten. e Fortgesetzt werden sollen auch die Instandhaltungs- bzw. Renovierungsarbei - ten bei den gemeindeeigenen Althäusern, im besonderen in der Wehrgrabengasse, ohne eine Belastung der Mieter. Dieser Aufgabe hat sich die Mehrheit des Gemeinderates durch den Verkauf der zwei in Gemeindeeigentum befindlichen Wohnhäuser entzogen. e Die KPÖ ist weiters der Auffassung, daß die Elendsquartiere in der Steinfeldstraße aufgrund des miesen Zustandes entweder saniert oder beseitigt werden. Im Falle einer Abtragung sollte jedoch vorgesorgt werden , Ersatzwohnungen in einem Neubau mit Sozialmieten zu errichten . Außerdem wurde eine Reihe von Vorschlägen , neben der aMesprochenen Wohnungsfrage als Sch punkt , auch zum Sozialbereich , zur Umwelt und Verkehr unterbreitet. e So wurde die Bereitstellung derGehaltskosten von S 300.000,- für einen Notfallssanitäter verlangt, um f ' •ich auch in Steyr einen Notarztwage,, einsetzen zu können . eBereits im Vorjahr regte die KPÖ d ie Einführung eines Familienpasses an , der Familien mit 2 Kindern 50 Prozent Ermäßi - gung bei der Autobusgebühr ermöglichen soll. eAußerdem ist die KPÖ-Fraktion der Auffassung, daß der Seniorenpaß der Stadt Steyr für alle Pens ionistinnen und Pension isten unabhängig vom Alter gewährt werden soll. e Der bereits im Jahre 1986 gefaßte Beschluß zur Errichtung eines Naturlehrpfades ' am Steinbruch.weg zwischen Schwimmschulstraße und der Unterhimmler Au soll endlich realisiert werden . e Der provisorisch angelegte Parkplatz beim Pensionistenwohnheim Steinfeldstraße soll asphaltiert und mit Bodenmarkierungen versehen werden . estärker als bisher soll auch die Stadtverwaltung bei Bund und Land die Errichtung einer unbedingt notwendigen vierten Ennsbrücke verlangen . e Wir haben auch bei unseren Vorschlägen neuerlich die Schaffung einer leistungsfähigen Straßenverb indung von Steyr zur Westbahn bzw. in den oberösterreichischen Zentralraum urgiert. ezum wiederholten Male hat die KPÖ im Gemeinderat auf die Umweltbelästigung durch den Fahrzeugverkehr im Wohngebiet Resthof - Tabor hingewiesen. Unsere Fraktion hat auch dazu konkrete Verkehrsmaßnahmen vorgeschlagen , um die Umweltbelastung in diesem dicht verbauten Wohngebiet zu mildern. Aber durch eine bestimmte Laxheit werden offenbar Erledigungen so.Ich.er wichtiger Probleme für die Bevölkerung verhindert. Um diese wichtigen Vorschläge und Wünsche im Interesse großer Teile der Bevölkerung erfüllen zu können, bedarf es auch bei uns im Gemeinderat eines Umdenkens. Denn die dafür notwendigen Finanzmittel können nur dadurch gesichert werden, wenn die Stadt in Zukunft keine Finanzzuschüsse und Begünstigungen in Millionenhöhe für Großunternehmer gewährt. KPÖ-Steyr lehnt Privatisierung der Stadtwerke ab Grüne Ratschläge Strafgelder für Verkehrsbetriebe Die im Dezember im Gemeinderat behandelte Jahresbilanz der Steyrer Stadtwerke für 1987 weist einen Umsatz von 107,8 Millionen Schilling - um 2,9 Prozent weniger als 1986 - auf. Verlusten von 13,7 Millionen in den Teilbetrieben Verkehr, Bestattung , Krematorium, Leichenhalle, Stadtbad und Kunsteisbahn stehen Gewinne von 14,3 Millionen in den Teilbetrieben Gaswerk und Wasserwerk gegenüber. Bäder und Kunsteisbahn verzeichneten mit 156.000 Besucher um 40.000 weniger als ein Jahr zuvor. Der Verlust betrug 6,6 Millionen. Beim Verkehrsbetrieb erhöhte sich der Verlust um 23,5 Prozent auf 6,7 Millionen Schilling. Bei den Gewinnen ist auch die Bildung einer Gasversorgungsförderungsrücklage von 10 Millionen Schilling beinhaltet. Investitionen wurden im Ausmaß von 28,6 Millionen getätigt. Die Stadtwerke haben derzeit 120 Beschäftigte, was einen Pro-Kopf~ Umsatz von 898.000 Schilling bedeutet. KPÖ-Gemeinderat Otto Treml würdigte die Bedeutung der Leistungen der Stadtbetriebe für die Bevölkerung und schlug zwei konkrete Maßnahmen für die weitere Verbesserung deren Tätigkeit vor. Die Strafgelder von Verkehrssündern (1987: 12 Millionen, davon 8 Millionen an die Stadtkasse abgeführt) sollten für die Verlustabdeckung sowie Investitionen des städtischen Verkehrsbetriebes zweckgebunden verwendet werden. Außerdem sollte, so Treml, verstärkt für die Stadtbetriebe durch Werbeeinschaltungen im Amtsblatt und in den Wochenzeitungen mit einem Faltprospekt geworben werden, um insbesondere die Besucherzahl in den Bädern und der Kunsteisbahn zu steigern. Abgelehnt wurde von der KPÖ eine Teilprivatisierung der Stadtwerke, wie dies von der FP-Fraktion gefordert wurde. Die FP möchte die Stadtwerke in eine Aktiengesellschaft umwandeln . Da für eine Privatisierung nur die lukrativen Bereiche interessant wären, würden die defizitären weiterhin der öffentlichen Hand verbleiben, stellte Treml dazu fest. Dadurch würde die Stadt Deckungsbeiträge für die verbleibenden Aufgaben verlieren, was letztlich zu Belastungen und Tariferhöhungen führen würde. Verbrennungsanlage gefährdet Gesundheit Bereits vor mehr als 3 Jahren machte der Sprecher der KPÖ den Gemeinderat aufmerksam, daß es durch die Verbrennungsanlage des Landeskrankenhauses Steyr zu einer penetranten Geruchs- und Umweltbelästigung der umliegenden Bewohner kommt. Aber lange Zeit wurde dies in Abrede gestellt. Ja man erklärte sogar der Öffentlichkeit, die Anlage sei technisch so umgerüstet, daß es zu ke iner Umwelt- bzw. Geruchsbelästigung kommen kann. Es blieb aber die Tatsache , daß laufend unkontrolliert Giftstoffe in die Luft geblasen werden , die die Gesundheit der Menschen angreifen . Die zuständige Landesbehörde ist in voller Kenntnis dieser Sachlage und hat bis heute nichts unternommen. Ja im Gegenteil: Sie erklärt dazu, daß die Verbrennungsanlage weiterh in zumindest bis Ende 1989 in Betrieb bleiben wird . Gegen diese Umweltbelastung und Gefährdung der Gesundheit der Steyrer Bevölkerung protestiert die KPÖ auf das schärfste und verlangt die sofortige Einstellung der Verbrennung von gesundheitsgefährlichem Krankenhausmüll. Gemeinderat Pragerstorfer meint zum Budget 1989, daß ein Fastenjahr ohne jegliche Investitionen und eine Verwaltungsreform mit Personalumschichtung die einzi ge Rettung für die Finanzen der Stadt Steyr wäre . Konkret sollten alle Investitionen nach seiner Auffassung um ein Jahr verschoben werden und kein Ersatz für ausscheidendes Personal und keine neuen Schuldenaufnahmen gemacht werden . Nach seiner Meinung sollte die Stadt Steyr, das ist immerhin ein 800 Millionen-Betrieb, wie er meint , wie ein kapitalistisches Unternehmen geführt werden. Das hieße im Klartext, beim Personal kräftig abbauen und verstärkt rationalisieren . Diese politische Weisheit, führt aber zwangsläufig dazu, daß man im Personal den Sündenbock für die Finanzprobleme einer Stadt zu suchen hat und nicht in der Benachteiligung der Stadt Steyr durch Land und Bund . IMPRESSUM: .. vorwärts" - Medieninhaber (Verleger). Herausgeber, Hersteller. KPO-Steyr. Johannesgasse 16 . 4400 Steyr. Te lefon (0 72 52) 23 1 79; Redaktion : Siegfried Vratny; Verlags- und Herstellungsort . Steyr Offenlegung laut Mediengesetz: Laut § 25. Absatz 2: Medieninhaber(Verleger) ist die Kommun1st1sche Partei Osterreichs (KPO) . Die KPO ist eine pol itische Partei. Parteivorsitzender ist Franz Muhri . Lau t § 25. Absatz 3: Die KPÖ ist Allei neigentümer der Globus-Druck- und Verlagsanstalt GmbH . Wien Lau t § 25. Absatz 4: Die Blattl inie entspri cht der pol11ischen L1n1e der KPÖ entsprechend dem 1983 beschlossenen Parte iprogramm.

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