Vorwärts Nr. 5, 19. Jahrgang, Oktober 1986

■■ KPD gegen Packelei, Korruption und Privilegien! Dr. Walter Silbermayr: Was sagt die KPÖ zur Verstaatlichten? Verstaatlichte: Doppelspiel der ÖVP Die ÖVP-Führung treibt in der Verstaatlichtenfrage ein Doppelspiel: Auf der einen Seite spricht sie von einer »Katastrophe« und gibt sich als Anwalt der »Gekündigten« aus. Auf der anderen Seite hat sie den rechtzeitigen Vorstoß der Verstaatlichten in die Finalproduktion verhindert, im Parlament stets gegen die Mittelzuführung an die Verstaatlichte gestimmt und ist jetzt der eifrigste Befürworter der Privatisierung verstaatlichter Betriebe. Man sagt öfter: Ihr Kommunisten habt ständig was zu kritisieren, sagt aber nie, wie · man es besser machen könnte. • Zum Ersten: Es stimmt, daß wir vieles zu kritisieren haben. In vielem hat uns aber die Wirklichkeit recht gegeben. Gerade was die Verstaatlichte betrifft. Als wir uns gegen das Bayou-Abenteuer der Voest und die kapitalistischen Spekulationsgeschäfte ausgesprochen haben, meinte man, wir hätten kein Verständnis für betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten. Heute wollen die Verantwortlichen in Regierung und Manegement nichts mehr davon wissen. Während sie sich die Hände in Unschuld waschen, sollen die Arbeiter und Angestellten , die weder etwas dafür konnten noch etwas mitzureden hatten, die Suppe auslöffeln. Dr. Walter SILBERMAYR Sekretär des Zentral!(omitees der KPÖ, Spitzenkandidat im Wahlkreis 4 • Oberösterreich • Jetzt unterstellt man uns wieder, wir . hätten für die Probleme der Voest-Alpine kein Verständnis , weil wir als einzige Partei das Konzept »Voest-Alpine neu« ablehnen. Wir haben tatsächlich kein Verständnis dafür, daß das Versagen von Regierung und Management auf dem Rücken der Arbeitenden ausgetragen werden soll. Ausländische Manager als Arbeitsplatzvernichter Zum zweiten: Was könnten wir schon besser machen? Wir würden keine hochbezahlten Manager aus der Bundesrepublik mit einem Stundenlohn von 2.500 Schilling nach Österreich holen, um uns von diesen belehren zu lassen, daß die Voest-Alpine zertrümmert und tausende . Arbeitsplätze vernichtet werden müßten. • Eigentlich sollten diese hochbezahlten Herren neue Produkte entwickeln, zu; mindest sollten sie das erhalten, was schon da ist. Das würde bedeuten, die gewaltigen Positionsverluste der Verstaatlichten auf dem Inlandsmarkt aufholen zu können. Dazu nur einige Beispiele: Auf dem zukunftsträchtigen Gebiet der MaschinenStahl-Eisenbauindustrie ist der Anteil österreichischer Produkte am Inlandsmarkt von 27,8 Prozent im Jahre 1980 auf sage und schreibe 5 Prozent zurückgegangen (Länderbank-Report 1986). • Dasselbe auf anderem Gebiet: Im Jahre 1980 importierte Österreich noch 15,8 Prozent Baustahl aus dem Ausland im Jahre 1985 waren es schon 34 Pro'. zent... Aushungerung der Verstaatlichten... Es ist wohl einmalig, daß der Anteil der nationalen LKW-Produktion am lnlandsm.?rkt nur 8 Prozent beträgt , wie das in Osterreich der Fall ist. Da spricht man bei Steyr-Daimler-Puch von geringen Marktchancen. Und jetzt hört man schon, daß in der Voest die Schienenproduktion aufgelassen werden soll. • Gleichzeitig kündigt aber die ÖBB den Ausbau von Hochleistungsstrecken an, was Millionen von Tonnen neuer Schienen erforderlich machen würde. Das alles kann kein Zufall sein. Dahinter steckt eine antiösterreichische Politik der Aushungerung der Verstaatlichten, zum Zwecke des Ausverkaufs an das Auslandskapital und der Privatisierung. • Heute ist es die Verstaatlichte, morgen geht es schon um die Privatisierung von profitablen Teilen der _Post, Bahn, Krankenanstalten usw. und übermorgen trifft es alle anderen, auch die Beschäftigten der Privatindustrie. Am Ende steht der Verlust der wirtschaftlichen Unabhängigkeit unseres Landes und damit die Untergrabung der Neutralität. Anhängsel der EG? Soll all das, was in Österreich mühsam erreicht wurde, wieder verloren gehen? Ich sage es ganz offen: Es besteht der dringende Verdacht, daß die SPÖSpitze mit den Managern aus der Bundesrepublik Leute in die Verstaatlichte holte, die sich mehr den ausländischen Multis verpflichtet fühlen als der österreichischen Verstaatlichten . .. Die Regier_\.Jng (und hier sind sich SPÖ, OVP und FPO mit ihren Spitzenpolitikern einig) nimmt mehr Rücksicht auf die ausländischen Interessen der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der USA als auf die nationalen Interessen unseres Landes. • Wie sonst ist es zu erklären, daß entgegen aller betriebswirtschaftlichen Logik eine mit Milliardenbeträgen aufgebaute Finalproduktion zertrümmert und privatisiert und eine hochmoderne Hütte auf ein Maß zusammengeschrumpft werAuf Kosten der Steuerzahler: , Das lamiert Vranitzky! • 3 Millionen Schilling Abfertigung für 40 Dienstmonate als Generaldirektor der verstaatlichten Länderbank. In seinem Dienstvertrag ließ er sich Vordienstzeiten bis •1961 anrechnen und den Abfertigungsanspruch auch bei Selbstkündigung zusichern. • 800.000 Schilling Abfertigung für 5 Dienstjahre bei der staatlichen CA. Diese 5 Jahre liegen im selben Zeitraum für den er von der Länderbank schon eine Abfertigung bezog. Er bekam also eine Doppelabfertigung. • Arbeitsplatzgarantie: Für den Fall eines Ausscheidens aus der Regie-. rung ließ sich Vranitzky vertraglich zusichern, daß er wieder in die Länderbank zurückkehren kann. Ebenso ließ sich Verstaatlichtenminister Streicher seine Rüc~kehr zu Steyr-Daimler-Puch zusagen. • Als Bundeskanzler kassiert Vranitzky 14mal im Jahr 182.442 Schilling Monatsbezug. Schon nach sechs Monaten erwirbt er einen neuerlichen Abfertigungsanspruch. Und diese Herren bedrohen Tausende mit Arbeitsplatzverlust, verlangen von den Normalverdienern »Opfer« und reden von der Beseitigung des »sozialen Mißbrauchs«... • Ist das ehrliche Politik? den soll, das gerade ausreicht, um Zulieferungen für die westdeutsche Autoindustrie zu tätigen. • Wie sonst ist es zu erklären , daß sich die österreichische Regierung gegenüber den USA bereit erklärt hat, die Exporte der österreichischen Eisen- und Stahlindustrie zu drosseln und für bestimmte Bereiche, wie die in Kindberg erzeugten Erdölfeldrohre, überhaupt auszusetzen. Widerstand tut not! Und wenn man nun sagt: Was könnt ihr schon an dieser Entwicklung ändern? Es ist klar, daß wir alleine nicht viel ändern können. Wobei es schon gut wäre, wenn ein oder zwei kommunistische Abgeordnete im Parlament die Zusammenhänge offen darlegen und etwas »umrühren« könnten. • Entscheidend aber ist , daß die Kommunisten von Anfang an zum Widerstand gegen die Zerschlagungspläne aufgerufen haben. Zum aktiven Widerstand der Betroffenen gibt es keine Alternative, weil letztlich nur dieser Druck bewirken kann, daß die Zusperrer und Privatisierer nicht durchkommen. Gegen »Zusperrer und Aussackler« Es gibt viele Menschen in unserem Land, die mit dieser Politik unzufrieden sind. Die große Kundgebung am Linzer Hauptplatz am 16. Jänner mit 40.000 Teilnehmern hat gezeigt, daß sich die Oberösterreicher der Bedeutung der Verstaatlichten, dem Herzstück der oberösterreichischen vyirtschaft, bewußt sind. • Die SPO-Führung und auch SPÖ-Betriebsratsmanager wie Ruhaltinger sind von ihren Versprechungen des 16. Jänner aber schof"!. läng~~ abgerückt. Jetzt wollen sich SPO und OVP bei den Nationalratswahlen den Freibrief holen, um das Programm zur Zerschlagung und Privatisierung der Verstaatlichten durchzuziehen. • Bundeskanzler Vranitzky hat schon im Kurier angekündigt, worum es bei dieser großen Koalition nach den Nationalratswahlen gehen soll: »Jeder Koalitionspartner verpflichtet sich, sozusagen bei seiner eigenen ,Kundschaft' dafür zu sorgen, daß harte Sanierungsmaßna~_men ~.urchgesetzt werden können.« SPO und OVP haben sich sowohl auf die große Koalition festgelegt als auch schon das Programm dafür in den Grundzügen ausgepackelt. • In der ÖVP-Zeitschrift »Wirtschaftsreport« sprach Mock seine Absichten klar aus: Die Verstaatlichte soll in den nächsten fünf Jahren mit staatlicher Hilfe saniert werden, damit sie »kapitalmarktfähig« wird, und dann, so Mock wörtlich »kann die Privatisierung einsetzen« . .. Auch in der Sozialpolitik ist die OVP-Führung Vorreiter des Sozialabbaus und der Belastungen der Arbeitenden. Im »Zukunftsmanifest« der ÖVP wird »mehr Bereitschaft zur Mobilität verlangt«. ÖVP-Wirtschaftssprecher Graf meinte gar, daß das Auspendeln von Beschäftigten bis zu einer täglichen Distanz von hundert Kilometer zumutbar sei. Weiters verlangt die ÖVP mehr Flexibilität bei der Lohnpolitik, der Arbeitszeit, der Ladenschlußzeit und des Pensionsalters. Es gehört zu ihrem Doppelspiel, di ese Vorschläge so zu verpacken, als ob sie im Interesse der Arbeiterschaft lägen. • Der tiefere Grund für das Doppelspi!3I liegt darin, daß die ÖVP mit der SPÖ in allen Fragen der Sozialpartnerschaft einig ist (und jetzt auch auf die große Koalition orientiert), aber in der Offentlichkeit so tut, als ob sie in Opposition zur Regierungspolitik stünde. • Jede Stimme für die ÖVP bei der Nationalratswahl wäre eine Stärkung der Absichten, durch die große Koalition die soziale Dampfwalze gegen die Arbeitenden loszutreten. Die Alternative zu SPÖ und ÖVP kann auch nicht eine Stimme für die FPÖ die ein Volksbegehren gegen die Verstaatlichte einleiten will, oder für die Grünen eines Josef Buchner, der offen die Schließung von Staatsbetrieben fordert, sein. Auch ungültig wählen oder daheimbleiben würde von den Herrschenden so aufgefaßt werden, als ob man sich mit ihrer Politik abfinden würde. • Nur eine Stimme für die KPÖ, die als einzige Linkspartei für die Verstaatlichte eintritt, tut den »Zusperrern und Aussacklern« weh! Osthandel am Beispiel der Voest-Alpine: Über 100.000 Arbeitsplätze gesichert! Hunderte Betriebe der Priva·twirtschaft und der verstaatlichten Industrie leben von Aufträgen aus dem Osten. Allein der Osthandel der Voest-Alpine sicherte in den vergangenen Jahren im eigenen Bereich und in den Zulieferbetrieben mehr als 100.000 Arbeitsplätze! · • Die von der Europäischen Gemeinschaft diktierten Einschränkungen konnten durch ein Ausweichen in die sozialistischen Länder und die Entwicklungsländer weitgehend ausgeglichen werden. Dies war möglich, weil Österreich ein neutrales Land ist. Interessant ist auch , daß die spektakulären Pleiten der VoestAlpine wie Bayou und das lntertradingDebakel zur Gänze auf den Westmärkten stattfand. Hier einige Zahlen, die für sich selbst sprechen: • Zwischen 1973 und 1984 sanken die Exporte der Voest:Alpine in den EGRaum von 44 Prozent auf 23 Prozent des Gesamtexportes. • Ganz anders verhält es sich mit den Exporten in die sozialistischen Länder. Dieser Anteil stieg im selben Zeitraum von 23 Prozent auf 42 Prozent! Mit dem Konzept »Voest-Alpine neu« soll nun auch der Handel mit den sozialistischen und Entwicklungsländern unter Kontrolle der EG kommen. Die EG-Konzerne wollen einen Teil der Voest-AlpineOstgeschäfte selbst machen. • Durch eine engere Bindung an die EG und durch die westdeutschen Manager in der Voest-Alpine sind aber die bisherigen Vorzüge unserer Neutralität im Handel mit den sozialistischen Ländern und den Entwicklungsländern in großer Gefahr! Nicht genug damit: Bundeskanzler Vranitzky hat im Parlament angekündigt, daß er eine de-facto-Mitgliedschaft Österreichs in der EG anstrebt. ÖVP und FPÖ haben ihm heftigen Applaus gespendet. Mit Hilfe der großen Koalition soll dieser Plan Wirklichkeit werden. • Welche Folgen das hat, kann am Beispiel der VEW abgelesen werden, wo im Zuge des Konzeptes »VEW 2000« der Osthandel von 29 Prozent in den siebziger Jahren auf 14,5 Prozent im Vorjahr heruntergedrückt wurde: 6.000 Arbeiter und Angestellte landeten auf der Straße! Die anderen packeln miteinander- wir nicht! KPÖ

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