Karl Punzer - vor 40 Jahren hingerichtet Wir schreiben den 5. Dezember 1944. Damals, vor vierzig Jahren, waren die Tage des deutschen Faschismus bereits gezählt. Aber im Zuchthaus Stadlheim bei München herrscht „Hochbetrieb" : Um 9Uhr vormittag betritt eine Rotte SSMänncr den Gang, der zur Todeszelle führt. Sehrüssel rasseln. Eine Zellentür öffnet sich . Die Gefangenen starren die Häscher an. Wem gilt de•· Besuch ? Der Wachkommandant deutet auf einen drr Ge fangenen . ..Karl Punzer, mitkommen . . Karl Punzer , ein 32jähriger Arbeiter aus Steyr . hat keine Wahl. Er muß mi tkommen. Er weiß genau, das ist sei n vorletzter Gang. Tausende sind schon vor ihm gegangen. Es sind nur ei n paar Sc hrille. von der Todeszelle in die Armensünderzelle . Von dort führt nur mehr e in Weg weiter, zu einem kleinen Ho f. Do rt steht ein Scha[otl. Dort ist Endstation für viele aufrec hte Kämpfe r. Im März 1938 . a ls di e faschisti, se hen Truppen Österreich überfielen, gab d ie illegale Kommunistische P artei a ls einzige Partei die Parole a u s : Österreich wird wieder fr ei, Österreich ist ein selbständiger Staat, alle Krätte müssen zum Kampf gegen Hitler, für ein freies demokratisches Osterreich mobilisiert werden: Wie tausende andere Kommunisten und Antifaschisten, folgte auch Karl Punzer dem Aufruf der KPÖ. I Der Weg eines Arbeiters Als Vorsitzender der illegalen Kommunistischen Partei in Steyr organisierte er die Widerstandsbewegung. Durch seine überzeugende Kraft, mit der er für den MarxismusLeninismus eintrat, mit der Begeisterungsfähigkeit der Jugend gewann er mutige und a·ufrechte Ar - beiter und schulte s ie zu standhaf - ten Kämpfern gege n die fa sc hi stische Gewaltherrschaft. Schon als junger Arbeiter hat er die Errungenschaften des Ständes taats am eigenen Leib kennengelernt; Arbeit slosigkeit, Hunger und Not, das war das Los des jungen Österreichers der dre ißiger Jahre. Seit seinem 14. Lebensjahr stand Karl Punzer in der Sozialisti schen Arbeiterjugend und tr at im Jahre 1932 zur Kommunistischen Jugend über. Das Jahr 1934, die Februarkämpfe, sahen ihn mit der Waffe in der Hand auf der Ennsleite. Akt iv kämpfte er gegen die Heimwehr, für die Republik. Karl Punzer erlebte den Zusammenbruch 0 der Ersten Republik. · Verhaftung. Gefängnis, Entlassung und ständigt> Bespitzelung. Im März 1938 kapitulierten jene, . die bei der Unterdrückung des eigenen Volks so .,tapfer" gewesen waren . Das Ziel schien in weiter ferne Die Gestapo hielt ~hon in den ersten Tagen eiQe grausige Ernte. Alle bekannten Antifaschisten wurden eingekerkert. Aber langsam und vorerst noch zöternd begann sich der Widerstand zu organisieren. Bescheiden waren die Anfänge des Freiheitskampfes. Mit Fahrrädern machten die wenigen Aufrechten Austlüge, sie trafen s ich in vers teckten Almhütten des Enns- und des Steyrtales. Sie tarnten sich al s Wassersp0rtler, kletterten in ihre Faltboote. In unzugänglichen Auen des Stevrflusses. an einsamen Stellen ka~en sie zusammen. Eine neue Organisation entstand. Das Ziel wa1· klar: ein neues. freies, wirklich dPmokratisches . Österreich zu schaffen . Zwischen den österreichischen Antifaschisten und der Verwirklichung dieses Zieles aber stand eine ganze Welt. 1939 : Hitler überfiel Polen , es bega nn der zweite Weltkrieg. Hitler brauchte jedoch nicht nur Soldaten. e r brauchte auch Arbeiter in seiner Rü stung sindustrie. 1942 wurden sie verhoffet Un ter den zum Rüstungsdienst Zurückgeschickten befand sich ijuch Karl Punzer. Nach wenliten Tagen hatte er wieder die Verbindung zu seinen Genossen aufgenommen. Eine neue Organisation entstand, stärker und schlagkräftiger als vorher. Im HochSommer 1942 ging eine Verhaftungswelle über ~nz Osterreich. Am 3. September wurde Karl Punzer verhaftet, wenige 'rage später di'e Leute seiner Gruppe. In Linz wurden Karl Punzer und seine Genossen .in der Langgasse in der GestapoZentrale vernOl'llmen. Unter „Vernehmung" verstand die Gestapo allerdings etwas anderes. Es . wurde wenig gefragt, dafür viel geschlagen . Neumüller, der berüchtigte Gestapo-,Schläiter , tobte seine Kräfte an den wehrlosen Gefang~nen aus . Aber trotz Schlägen und FolteT1i1ngen blieben die eingekerkerten Genossen . ungebrochen~ . Karl Pwu:er und seine Gruppe waren eine Endstation. Die Wege, die von Steyr nach Amstetten und Wien führten, hat Hit lers Geheimpolizei in diesem Fall nicht erfahren, die „Steyrer-Gruppe·• Punzer, Draber, Bloderet, Schwatz und Genossen blieb hart. Aber die „Beweise" der Gestapo gingen ja nicht zu einem normalen Gericht. Sie gingen zu Hitlers .,Volksgericht". Das .Ur~eil stand schon vor der Urteilsverkündung fest. Karl Punzer; Franz ·Draber und Josef Bloderer wurden nach zweijähriger Untersuchungshaft_ am 23. Mai 1944 zum Tode verurteilt. Ihre schwersten Verbrechen : Sie hatten das Ziel , · ,.die Ostmark vom Reiche loszureißen" , wie es in der Anklageschrift geheißen hatte. In der Todeszelle des Stadlheimer Gefängnisses warteten die drei Steyrer auf die Hinrichtung. Die Gewalthaber ließen sich Ze it. Das Schafott hatte ja dama ls Hochbetrieb. Hitler;; Henker ste llten täglich Rekorde auf. 32 Sekunden benötigte ein geübter SS-Mann für die Hinrichtung eines Freihe itskämpfe rs. Täglich hörten di e drei · Todeskandidaten die Schritte der Leidensgenossen, di e zum letzten Gang ihre Zellen ver - ließen . Sie hörten . die letzten Schreie der Opfer, Flüche gegen Hitler und sei n Reich, Hochrufe auf die unterdrückten Länder, d ie Kommunistii;che Partei, die Rote Armee . Ein kühner Ausbruch Karl Punzer, Franz Draber und Josef Bloderer nützten die Zeit in der Todeszelle, so gut el'i ging. S'e wollten slcti nicht willenlos abschlachten Jassen, sie planten die Flucht. Bei einem Luftangriff· wurde die .Wasserleitung des GefängnisseS zerstört. Punzer, Draber und Bloderer wurden mit anderen Häftling1:m zum · Wassertragen eingeteilt. Am 30. November mußte also das Letzte ge_wnt w~den . ·Punz.er, t:5raber und Bloderer verließen -um 9 :Uhr .-die Zelle. Strepg bewacht -gingen sie bfs zum ersten Tor. Plötzlich gab Punzer das vereinbarte Zeichen. Alle drei li~ßen die Wassereimer fallen und begannen zu laufen. Sirenengehel.ll ertönte. Die drei Steyrer Kommunisten 'liefen um ihr Leben. Durch den ersten Hof zur Mauer. Dort ~ das hatte Punzer schon vorher ausgekundschaftet - war eine ·kleine Tür~ Die war vormitta-gs meist offen . Durch sie gingen die Frauen ·der Wärter _einkaufen . Draber erreichte als erster die kleine Tür. Ein Druck, sie war offen uhd damit der Weg in die Freiheit. Wie · vereinbart, liefen die ·drei nach verschiedenen Richtungen davon . Zwei kamen durch Purtzer, gesc.hwächt durch monatelange Folterung, durch die jahrelange .Haft unterernährt, konnte nicht lange durchhalten. Den s!!htitzenden Wald ·vor Augen , brach er auf einer Wiese zusammen. Er s8h noch , wie d ie Gertossen den Wald erreichten, dann holten ihn die Häscher ein . Brutal wurde er hochgerissen und in die Zelle zurückgeschleppt. Auf langen gefährlichen Wegen erreichten Franz Draber und · Sepp Bloderer die Freiheit. Sie konnten die Zerschlagung des Fa~ schismus erleben . Karl Punzer aber . der Bezirksobmann der KPÖ-Steyr, wurde vor vi erzig Jahren , am 5. Dezember 1944, um 17 Uhr enthauptet. Mit dem Hochruf auf seine unterdrückte Heimat Österreich starb er als 32.iähriger für die Freiheit seines Volkes. Die Hauptstraße im Steyrer Stadtte.ii Münichholz trägt seit 1945 zu seiner Ehru~g und immerwährenden Erinnerung seinen Namen: Karl Punzer. ••••••••••••••••
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2