Vorwärts Nr. 4, 17. Jahrgang, Juli 1984

Sowjetunion: Steyr-Werke im Blickpunkt :Die „Selchostechnika" ist eine gewaltige Schau auf dem Gebiet aller E·rru::igenschaften des Landwi rtschaftsmaschinenbaues . Wer i nternational Rang und Namen hat auf diesem Sektor, bemüht sich, seine Produkte auf dieser sowjetischen Fachausstellung in den Vordergrund zu rücken. Wegen der gewalbigen Teilnehmerdichte auf zwei räumI,ich we.it getrennten Ausstellungsgeländen ist das gar nicht leicht. Die Ausstellung des Jahres 1984 bekommt dadurch erhöhtes Ge• wichT, --daß die- Sowjetunion.T m Begriff dst, ein anspruchsvolles Nahrungsmittelprogramm durch• zuziehen. Und dabei spielt die Er• höhung der · landwdrtschaf.tlichen ,Erträge bei einem effekti-veren -Ei':lSatz der Produktionsmittel sowde deren Modernisierung eine Schlüsselrolle. -Das unterstr.ich auch einer unserer Gesprächspartner aus dem sowjetischen Außenhandelsministerjum. Er hob hervor, daß die Sowjetunion am wei,teren Ausbau der Wirtschaftsbe2'liehungen mit österreich sehr dnteressiert ist. Beide Momente sind eine gute Voraussetzung für den Steyr• Da·imler~Puch-->Konzern, verlorenes Terradn aufzuholen. Vdel zu lange verschlief das größte öster• reichische iPrivatunternehmen, das dem Wirtschaftsimper,ium der verstaatlichten CA angehört, die BedeU'tung des ·riesigen sowjeti• sehen Marktes. iDaß der .Betrieb - auf Gru:-td der Anstrengung sei• ner Techniker und ,Facharbeiter - durcl)aus etwas zu bieten hat, wurde nun auf der Selchostech• nika .in Moskau groß herausge• stellt. Im Rahmen der ,Länderausstel• lungen dn einer Großhalle bean• spruchte Steyr--Daimler- ,Puch allein · 40 Prozent der österreichi• sehen Ausstellungsfläche. Gustostückerl der .Präsentation waren der Kombinationsdieselmotor des Werkes, der zum iEihbau in Lkw und Traktoren geeignet ,ist und sich durch einfache Wartung auszeichnet, sowie ein sogenanntes Trägerfahrzeug, das die Technik der -Bearbeitu::ig von Landw.ir t• schaftsflächen revolutioniieren könnte. Es unterscheidet sich von konventionellen Traktoren daldurch, daß die Kiraft nlclht iüiber die Räder und das angehängte Zuggerät eingebracht wird. - Die gleiche Energ,ie w.ird bei der neuen Technik von dem um zwei Drittel leicht.eren Träger fahrzeug durch einen Antrieb auf das Bearbeitungsgerät di_rekt übertragen. Mit dem Effekt, daß der zerstörer,ische Bodendruck der Traktoren wegfällt, eine viel• fältige Einsatzmöglichkeit rund ums Landwirtschaftsjahr erzielt w,ird und di e Anschaffung kost• s,pielliger Spezia,lse~bstralrurgeräte nicht mehr erforderlich ist. IDie A'::lStrengungen der Steyr• ,Daimler--.Puch-'Leute bei ihrem ersten Großauftr-itt in der So• wjettinion, der allerdings durch gründliche Vorarbeit edeichter-t wurde, haben dhre Wirkung offenkundig IJJicht verfehlt. Bereits am Eröffnungstag der Messe wu·rde der Stand in der aktuellen Informationssendung des Sowjetfernsehens gezeigt. Am zweiten Tag tauchte Politbiilro~tgl'ied Gorbatschow, verantwortLich für Landwirtschaftsfragen, bei I·Ja.id und Steyr auf. In seiner !Begleitung befand sich auch der Minister für Traktoren-- und Landmaschinenbau, Jeschewskiij, der am nächste::i.. Tag gleich nochma1s kam, um sich von SDP-Vorstands-- dlirektor Dolenz ausführlich über das Steyr-'Progrnmm informieren zu lassen. Was die Mindsterebene der Sowjetundon und Sowjet-- irepubl:iken betrlifft, war er einer von vdelen Interessenten. ~ wäre noch verfrüht, um über konkrete Ergebnisse zu berichten. Bekannt wurde jeden-- faUs, daß die sowjetische Seite -in den Juligesprächen der „Ge-- mischten Kommission" mrit Oster-- Parteivorsitzender Franz Muhrl hat während seines jüngsten Aufenthaltes tn Oberösterreich unter anderem die Firma Plasser & Theurer besucht. In seiner Begleitung befanden sich Landesobmann Otto Tfeml, der Landessekretär des GLB, Manflre d Groß, und Pressereferent Siegfried Gugeneder. Muhri, der selbst In seiner Jugend Oberbauarbeiter war, äußerte sich Im Verlaufe der Betrieb.sbes,ichtigung sehr positiv über die bedeutenden technologischen Fortschritte auf dem Sektor der Oberbau-, der G4!1eiserepan.tur- und -enieueru ngsairbeiten, wodurch bei vielen Arbel18gängen früher schwerer physischer Arbeitseinsatz durch Maschinen ersetzt werden konnte. Wer hat der Betrieb zweifellos große Pionierarbeit gelel.det. ·reich auch Fragen der Zusammenarbeit mit Steyr-Daimler-- Puch ventilier,en will. Wer zahlt die Krise im Sozialstaat? Wir erinnern uns noch sehr gut an die Jahre der florierenden Wirtschaft, als Arbeitern, Angestellten, Beamten und auch den Pensionisten ihr Anteil vom steigenden Sozialprodukt zugeteilt wurde - zwar nicht gerade der sogenannte „Löwenanteil", aber immerhin doch einige Brosamen. Damals war auch das Schlagwort vom ,,freien Unternehmer" sehr in Mode und jede noch so kleine Einmischung des Staates in die Kapitalgeschäfte wurde geradezu als Verbrechen gewertet. Heute sieht die Lage allerdings schon etwas anders aus: Aus einer florierenden Wirtschaft ist eine Krisenwirtschaft geworden und der ,.freie Unternehmer'' schreit nach Staatshilfe, die nun auch großzügig gewährt wird. Wer wird gerupft? Die zusätzlichen Gelder, die den Unternehmern zuflie/~en, müssen aber schliet~lich irgendwo hereingebracht werden. Da hat man nach kurze r Ber_a tung sofort den bequemsten Weg getunden: Erhöhung aller Massensteuern und Reduzierung der Realeinkommen haben schöne Summen gebracht, jedoch noch immer ni cht genug. Um nun nicht der Einfallslosigkeit bezichtigt zu werden, haben unsere Sozialpartner kurzerhand neue Aktivitäten gesetzt, um auch dort neue Geldquellen zu erschließen, wo es kranke und alte Menschen betrifft: Aufstockung der Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge bei gleichzeitigem Abbau der Sozialleistungen. Ein wirklich würdiges Programm des herrschenden kapitalistischen Systems!

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