Vorwärts Nr. 1, 17. Jahrgang, Jänner 1984

Steyr-Werker weiter von Kündigung bedroht Bis zu 400 Arbeiter sollen abgebaut werden - nur kämpferische Aktionen bieten Perspektive Hoffnungen der SP-Beh'iebsratsmehrheit und vieler SteyrArbeiter auf eine Verhandlungslösung :z:ur Abwehr der drohenden K'"ündigungen haben sich in Luft aufgelast. Nachdem Bundeskanzler Slnowah: sich das Problem bei der Regierungsklausur durch einen Aufschub der Geseräche vom Hals geschafft hat, ergab bereits die erste Verhandlungsrunde am Montag, daß das Vertrauen von Betriebsratsobmann Leithenmayr in die Regierungspolitiker der SP sich nicht gelohnt hat. Kündigungen - wenn auch in reduziertem Umfang - bleiben weiter auf der Tagesordnun~. Zusätzlich bekommt das Steyr-Management Subventionen aus den Mitteln der Arbeitsmarktverwaltung und durch verstärkte Bundesaufträge. · Diese „prinzipielle Einigung" soll in seinen Einzelheiten im Laufe der Woche von Vorstand und Betriebsr.itsführung weiter beraten werden. Endgültige Aufschltlsse über die konkreten Maßnahmen und die Zahl der beabsichtigten Kündigungen sollen am kommenden Montag beschlossen werden, wenn unter anderen Sozialminister Dallinger wieder dabei sein wird. Für alle jene, die in Bundeskanzler Sinowatz und seiner .Anwesenheit in Steyr eine Art Rettungsengel gegen die angedrohten 895 Kündigungen gesehen haben, zeigt sich nun, daß die passive Haltung der SP-Betriebsratsmehr,heit und ihr Vertrauen in eine Lösung von oben dazu geführt hat, daß die Interessen enr Arbeiter und Arbeiterinnen im Steyr-Werk auf der Strecke zu bleiben drohen. Steyr: Grenzen der Partnerschaft Wie der H err, so das Gscherr. Behauptet Bundeskanzler Sinowatz, daß die Regierungssubventionen auch für die Arbeiter etwas bringen. sagt Betriebsratsobmann Leithenm.ayr, daß sei,ie Geheimverhandlungen mit dem Steyr-Management die Arbeitsplätze sichern. Haben höclvst allgemeine Aussagen auf Regierungsebene den Vorteil, daß sie sich konkret nicht leicht überprüfen lassen, Trotz des 35-Stunden-Moders, das nur für Steyr gelten soll und eine Druteltellung der Kosten durch Konzern, Bund und Belegschaft vorsieht, Ist noch immer die Kündigung von 300 bis 400 „Miitarbeitern" die Rede. Aus dieser Zahl sind überdies rund 100 Beschäftigte ausgeklammert, die angeblich vom BMWWerk übernommen werden. Unausgesprochen blieb bisher dabei, daß die BMW-Manager natürlich nach Gutdünken auswihlen und- auf Jüngere Facba>meilter aus sind. Diese massive Enttäuschung der · Erwartungen, die in Steyr von Dun~ deskanzler Sinowatz und den SPRegierungmitgliedern geweckt wurden, un.terstrelcht, daß die Haltung von GLB-Betriebsr-ait Anselm Hinterreithner richtig war. Er fordert schon lange, daß der Betriebsrat nicht ohne Konzept in die Verbandso hat der Betriebsratschef und Jungabgeordnete :von Steyr schon · mehr Pech. Spätestens se1.t das ZwischenP.rgebnts der Verhandlungsrunde Androsch, Malzacher, Daltinger und Co. bekannt ist, fällt es wie Schuppen von den Augen, daß die Wirklichkeit mit diesen Behauptungen nicht überei nstimmt. Der Hund in Leithenmayrs Strategie liegt darin begraben, daß er durch sein Gottvertrauen in die Oberen von Konzern, Gewerkschaft und Regierung die Steyr- Kolleginnen und -Kollegen kampfunfähig macht. Dem Vorstand kann es indessen nur recht sein, wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter die Suppe auslöffeln müssen, die er eingebrockt hat. Solange kein klares Fordelungen um dlie Sicherung der Arbeitsplätze gehen daa-f. Das wird vom GLB auch als Voraussetzung betrachtet, am die Belegschaft für den Kampf um klare Ziel8'flllangen zusammenzufassen. Wie die , Dinge liegen, können die Arbeiterinnen und Arbeiter des Steyr-Werkes ihre Interessen und die langfristige Sicherung ihrtt Existenz nur verteidigen, ·wenn sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Jeder gegenwäl"tig znr Diskussion gestellte Kompromiß bringt eine Verlängerung der Angst mU sich. Beispielsweise ist schon jetzt davon die Rede, daß die 35-Stunden-Woche mit Lohnverlust .maximal ein Jaihr laufen soll. Und was dann? Diese Frage wird 11111ch von der Absichtserklärung von Bundeskanzler Sinowatz nicht beantwortet, am Donnerstag mit der oberösterrelchlschen Landesregierung ein Zusatzal>konUneii- zum Staatsvertrag zwischen dem Bund und dem Bundesland abzuschließen. Es soll ein Strukturprogramm· filr die Region SteYr bringen. Ob und wie rasch es greift, steht ebenso in den Sternen, wie das auf die Versprechen der SP-Betriebsratsmehrheit zur Arbeitsplatzsicherheit zutrifft, · solange sie sich 'V'On der Sozialpartner-Pakkel,ei nicht lösen kann. rungskonzept tm Interesse de.r Werktätigen vorliegt, wi.e es GLBBetrieb,srat Hinterreithner fordert, künnen die Steyr-Werker nur hoffen statt kämpfen. Und solange der Betriebsrat als Körperschaft seiner Aufgabe nicht gerech,t wird, die Arbeiter bei der Durchsetzung ihrer Interessen anzuleiten, können die SteyrBosse sich die Hände reiben. Aufgezeigt wird in der alten Eisenstadt gegenwärtig, wo die Grenzen der Sozialpartnerschaft liegen. Die Zusammenarbeit mit dem Kapital bringt, wenn es utn die Wurst geht, den Arbeitern keine Lösung ihrer Probleme. Sie sollen dte Opfer tragen, während die unfähigen Manager ungeschoren davonkommen, d ie das Dtlemma verursacht haben.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2