Vorwärts Nr. 4, 14. Jahrgang, Juli 1981

Reallohnerhöhung ist notvvendig ! Linksblock fordert 850 Schilling für alle plus 3 Prozent Die Lohn- und Gehaltsrunde rückt näher und wie die Beispiele aus anderen Berei - chen zeigen, wird diesmal der Druck der Arbeiter und Angestellten von größter Bedeutung für das Ergebnis sein. Während nämlich die Inflationsrate die 7-Prozent -Marke überschritten hat und gleichzeitig ein neuer Teuerungsschub ins Haus steht I Behei zungskosten, Benzin etc . ), fordern die Sozialpartner bereits wieder einen Einkommensverzicht. Trauriger W eise stoßen führende ÖGB -Funktionäre , allen voran Präs ident Benya, ins gleiche Horn . W as sind nun die Hauptargumente für den ge forderten Einkommensverzicht? Das sind vor ci llem zw ei Schlagworte, die ins Treffen geführt werden . Das eine ist die Sicherung der Arbeitsplätze, das andere die Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten . Beide »Argumente« hinken: Die Sicherung der Arbeitspl ätze hängt aufs Engste mit dem Grad der Massenkaufkraft zusammen. Sinkt diese ab , so hat dies in direkter und indirekter Weise ein Absinken der Produktion zur Folge. Selbst das Wirtschaftsforschungsinstitut konstatiert diese Erscheinung an Hand der jüngsten Reallohnverluste . Lohnkosten: Österreich weit hinten Und was die Konkurrenzfähigkeit im Internati onalen Maßstab betrifft , so muß gesehen w erden, daß in Österreich die Lohnkost en, entgegen den Unternehmerphrasen , nicht das Haupthindernis einer besseren Präsen z auf internationalen Märkten sind. Wie nämlich die Lohnkostenvergleiche zei - gen, stiegen bei uns im Vorjahr die Arbeitskosten je Produktionseinheit um lediglich 3 Prozent, während sie in der BRD um 4 Prozent und in Italien sogar um 7, 1 Prozent stiegen. Die gewogene Durchschnittsstei - gerung der Lohnkosten bei unseren Han - delspartnern betrug 5 Prozent. Wenn also die Sozialpartner behaupten, <faR ;mgP.hlir.h 711 hohe Lohnkosten schuld an der mangelnden Konkurrenzfähigkeit tragen, so ist dies rundweg erlogen 1 1980 gab es fühlbaren Reallohnverlust Was ÖGB -Präsident Benya zuletzt am Gewerkschaftstag Druck und Papier an an - geblichem Reallohnzuwachs im vergangenen Jahr auftischte, stimmt nicht . Vielmehr mußten die unselbständig Erwerbstätigen , insgesamt und die Arbeiter im besonderen einen fühlbaren Rückgang ihres Realein - kommens hinnehmen. Das bestätigt die Lohnstufenstatistik der Sozialversiche rung. Diese Statistik umfaßt alle zur Pension ver - sicherungspflichtigen Bruttoeinkommen. Ihr Durchschnitt (Männer, Frauen, Arbei - ter, Angestellte und Beamte) wird für Jänner 1981 mit 10.464 Schilling ausgewiesen. Im Jänner 1980 lag er bei 9859 Schilling. Der Zuwachs beträgt demnach 605 Schilling oder 6, 1 Prozent . Darin sind auch alle Vorrückungen enthalten . Da der Verbraucherpreisindex im Jahresschnitt 1980 eine Teuerung von mehr als 6,4 Prozent auswies, steht fest, daß die Lohnabhängigen insgesamt im Vorjahr einen realen Lohnverlust von 0,3 Prozent zu verzeichnen hatten. In Wirklichkeit sogar einen noch größeren, da es sich hier um Bruttolöhne und -gehälter handelt, von Netto auf Netto die Steigerung noch gerin - ger war. Am schlechtesten schnitt dieser offiziellen Statistik zufolge die Gruppe der Arbeiter ab. Hier stieg das Durchschnittseinkommen von 8775 auf 9205 Schilling, also bloß um 4,9 Prozent! Die Arbeiter haben damit im Vorjahr einen Re-allohnverlust von 1,5 Prozent erlitten. GLB für aktive Einkommenspolitik Unsere Fraktion hat bei der Erstellung eines Vorschlages für die nächsten Lohn - und Gehaltsrunden die verschiedensten Aspek - te berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gekommen , daß gegenwärtig nur eine akti - ve Einkommenspolitik im Sinne einer Umverteilung sinnvoll sein kann. Der Gewerkschaftliche Linksblock fordert die Abgeltung der Teuerung in Form eines Fixbetrages von 850. - Schilling für alle gl eich, da ja auch die Teuerung alle gleich trifft. Wir gehen dabei von einem monatli - chen Bruttodurchschnittsverdienst eines lndustriebeschäftigten von 12.374. - Schil - ling (AK-Statistik) aus , das einen Nettover - dienst von 9.268. - Schilling ergibt . Rech - net man mit einer Inflationsrate von jährlich 7 Prozent, so betrug der Nettoverlust 649 . - Schilling . Daraus ergäbe sich eine notwendige Bruttoteuerungsabgeltung von 866. - Schilling. Ein Fixbetrag von 850. - Schilling würde also erst die Teuerung abgelten, das heißt den alten Lohn wieder herstellen. Darüber hinaus hat ein Fixbetrag die soziale Wirkung, daß sich die Einkommensschere nicht weiter vergrößert. Zur Abgeltung der Produktivität fordern wir zusätzlich 3 Prozent, was eine Reallohnerhöhung bedeuten würde. In den vergangenen Jahren sind die Gewinne ungleich schneller gewachsen, als die Massene inkommen. Wir fordern alle Kolleginnen und Kollegen auf, unsere gerechte Forderung nach einem Fixbetrag von 850. - Schilling zur Teuerungsabgeltung zuzüglich 3 Prozent zur Abgeltung der Produktivität zu unterstützen. Si,ev1 e,rzichten ,,großzügig" Haben Sie gewußt, was „direkte Demokratie" ist? Die Linzer Familienzeitu11Q mit Namen „Korrekt", ein von Untern,ehmerkreisen finanziertes WischiwaschiJournal, sagt es Ihnen: Man braucht nur einen Stimmzettel auszufüllen und mit Ja oder Nein zu antwortein. Dieses „Leser-Parlament", so meint die Zeituno, sei das „Forum für die direkte Demokratie". Um gleich zu beweisen, wie das Volk denkt, berichtet "Korrekt" über das Ergebnis der Leserumfrage des Monats Mai, die da lautete: ,,Wollen Sie dem Staat sparen helfen, indem Sie auf Ihre 30 Schilling Wohnunosbeihilfe verzichten?" Die verblüffende Antwo11t: Mehr als zwei Drittel stimmten freudir:, mit J-a, wollen also auf die 30 Schilling Wohnungsbeihilfe pro Monat verzichten. Die Zeitung „Korrekt" veröffentlichte gleichzeitig etni<,e Namen von Leuten, die da großzügig die 30 Schilling Wohnungsbeihilfe auf den Müllhaufen werfen. Etner davon heißt Josef Ratzenböck, ÖVP-Landeshauptmann, der andere heißt Ruper,t Hartl, SPO-I..andeshauptmiannstellvertreter von OberöBterreich. Wes halb sollten RatzenMck und Hartl nicht auf die läppischen 30 Schilling verzichten, wo sie doch seit 1. Jänner 1981 sogar auf ihre mo"natliche Politiker-Wohnungsbethilfe von rund 10.000 Schrilling verzichtet haben? Freilich war dieser „Verzicht" nicht besonders bedrilckend, denn ·sie bekamen statt dessen monatlich gleich um rund 40.000 Schilling als „Ersatz" auf ihre ohnehin horrenden Gehälter draufgeschlagen, so daß sie jetzt netto mehr erhalten als vorher mit der Wohnungsbethilfe. Glauben Sie nicht auch, daß man bei einem Bruttogehalt von derzei,t monatlich 154.043 Schilling (Ratzenböck) und 138.639 Schilling (Hartl) auf 30 lumpige Schilling verzichten kann? Herunter mit der Lohnsteuer

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